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Im vergangenen Jahr hatte eine Projektion des Berliner IGES Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit die bedrohliche Lage der Sozialversicherung in Deutschland unter die Lupe genommen. Bis zum Jahr 2035 könnte der Gesamtbeitrag der Sozialversicherung um 7,5 Beitragspunkte auf 48,6 Prozent ansteigen. Allein in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit 73 Millionen Versicherten droht in den nächsten zehn Jahren ein Beitragssprung von 16,3 auf 19,3 Prozent.

Nun hat das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) eine Kurzanalyse mit dem Namen: „Handlungsdruck in der GKV – Wie ist die Ausgangslage für die „FinanzKommission Gesundheit“ ?“ vorgelegt. Im Ergebnis zeigt sich ein noch deutlicherer Beitragssprung. Wenn sich Ausgaben und Einnahmen wie in den letzten zehn Jahren entwickeln, würde sich GKV-Beitragssatz im Jahr 2035 auf bis zu 21,5 Prozent steigern. Im Jahr 2050 läge er bei 26,0 Prozent.

Laut der Analyse stieg der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2025 auf 2,9 Prozent und damit deutlich über der Prognose des GKV-Schätzerkreises. Dieser war vob 2,5 Prozent ausgegangen. Damit kletterte der Gesamtbeitragssatz auf 17,5 Prozent. Bereits seit 2019 verzeichnet die GKV (mit Ausnahme des Jahres 2022) jährliche Defizite. Die kurzfristigen Bundesdarlehen von jeweils 2,3 Milliarden Euro in den Jahren 2025 und 2026 können diese Entwicklung jedoch nur temporär abfedern, aber nicht nachhaltig lösen.

Die Gründe für das strukturelle Defizit sind vielschichtig:

  • Demografischer Wandel – mehr ältere Versicherte mit höherem Behandlungsbedarf
  • Gesetzlich beschlossene Leistungsausweitungen
  • Steigende Kosten durch medizinisch-technischen Fortschritt
  • Pandemiefolgen und geopolitische Einflüsse, etwa gestiegene Energiepreise und sinkende Beschäftigung

Das Ergebnis: Die Ausgaben wachsen seit Jahren schneller als die Einnahmen.

Projektion bis 2050: Beitragssatz könnte auf 26 Prozent steigen

Die Modellrechnungen der Studie verdeutlichen das Ausmaß des Problems. Ohne Stabilisierungsmaßnahmen müssten die Beitragssätze in den kommenden Jahrzehnten massiv steigen:

  • 2030: 18,8 Prozent (Basis) / 20,0 Prozent (Kostendruck)
  • 2035: 19,3 Prozent / 21,5 Prozent
  • 2040: 19,6 Prozent / 23,0 Prozent
  • 2050: 20,2 Prozent / 26,0 Prozent

Selbst bei moderaten Annahmen erreicht der Beitragssatz also langfristig über 20 Prozent, während unter Kostendruck-Szenarien eine Belastung von mehr als einem Viertel des Bruttolohns realistisch erscheint. „Unabhängig von Studie und Modellannahmen sind für die kommenden Jahrzehnte ein deutlicher Anstieg des GKV-Beitragssatzes erwartbar, sollten keine tiefgreifenden Maßnahmen und Strukturreformen zur Stabilisierung des Systems verabschiedet werden", schreibt Studienmacher Dr. Lewe Bahnsen.

Die WIP-Analyse unterstreicht, dass kurzfristige Finanzspritzen oder Beitragserhöhungen keine nachhaltige Lösung darstellen. Der von der Bundesregierung gewährte Kredit dämpft zwar das Defizit, führt aber ab 2029 zu einer Rückzahlungsverpflichtung, die die Kassen zusätzlich belasten wird.

Zudem steige die Ausgabendynamik aktuell mit rund acht Prozent pro Jahr, während die beitragspflichtigen Einnahmen nur um etwa drei Prozent wachsen. Damit öffnet sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter.

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