Der Markt für klassische Fahrzeuge boomt. Doch mit steigenden Werten wachsen auch die Risiken. Viele Oldtimer-Fans investieren Zeit, Geld und Leidenschaft in ihre Fahrzeuge, vernachlässigen aber einen entscheidenden Aspekt: die professionelle Bewertung. Ob beim Kauf, Verkauf, Abschluss einer spezialisierten Oldtimer-Versicherung oder im Schadenfall – ein aktuelles Wertgutachten ist nicht nur sinnvoll, sondern oft essenziell.

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Ein solches Gutachten liefert mehr als nur eine Zahl. Es dokumentiert den Zustand, die Originalität und den realen Wert eines Fahrzeugs. Unabhängige Prüfer liefern das objektiv, nachvollziehbar und rechtssicher. Abgefasst wird es von qualifizierten Sachverständigen, etwa vom TÜV, der DEKRA, der GTÜ oder der KÜS. Alternativ stehen auch unabhängige, auf klassische Fahrzeuge spezialisierte Gutachter zur Verfügung. Je nach Anlass kann zwischen einem Kurzgutachten und einem ausführlichen Wertgutachten gewählt werden.

Ein Kurzgutachten eignet sich vor allem für den Kauf oder Verkauf sowie für Versicherungsabschlüsse bei Fahrzeugen im mittleren Wertbereich. Es enthält eine Sichtprüfung, eine Einstufung nach dem gängigen Notensystem (von 1 für makellos bis 5 für restaurierungsbedürftig) sowie die Ermittlung des Marktwerts. Die Kosten liegen dabei meist zwischen 90 und 200 Euro. Für wertvollere Fahrzeuge, bei Beantragung eines H-Kennzeichens oder bei komplexen Schadenfällen ist ein Vollgutachten empfehlenswert. Hier wird das Fahrzeug umfassend geprüft: Karosserie, Lackierung, Innenausstattung, Technik und Historie fließen ein. Der Preis dafür liegt in der Regel zwischen 300 und 500 Euro.

Beim H-Kennzeichen etwa, das für Fahrzeuge mit besonderem historischen Interesse vergeben wird, ist ein ausführliches Gutachten nach § 23 StVZO sogar Pflicht. Es bescheinigt nicht nur den Zustand, sondern auch die Originalität und kulturelle Bedeutung des Fahrzeugs. Damit verbunden sind steuerliche Vorteile, eine uneingeschränkte Nutzung ohne Kilometerbegrenzung und freier Zugang zu Umweltzonen.

Versicherungen verlangen je nach Anbieter und Fahrzeugwert entweder ein Kurzgutachten oder ein ausführliches Wertgutachten. Einige Spezialversicherer ermöglichen sogar die Absicherung des sogenannten Wiederherstellungswerts und damit des Betrags, der für eine originalgetreue Restaurierung notwendig wäre. Dieser kann deutlich über dem Marktwert liegen und ist gerade bei seltenen Modellen entscheidend.

Auch im Schadenfall ist ein aktuelles Gutachten Gold wert. Sei es nach einem Brand, Diebstahl oder Unfall. Denn der Versicherer kann nur das ersetzen, was dokumentiert ist. Liegt kein oder nur ein veraltetes Gutachten vor, droht eine Unterversicherung. Fachleute empfehlen daher, den Fahrzeugwert alle zwei bis drei Jahre neu ermitteln zu lassen. Das gilt insbesondere nach Restaurierungen oder wertsteigernden Maßnahmen.

Die Gültigkeit eines Gutachtens ist rechtlich nicht befristet, doch in der Praxis zählen Aktualität und Nachvollziehbarkeit. Nur ein regelmäßig aktualisiertes Gutachten schafft Sicherheit für Besitzer, Käufer, Verkäufer und Versicherer gleichermaßen. Besonders hilfreich ist es, wenn auch Fotodokumentationen sowie Restaurierungsnachweise beigelegt werden.

Im Rahmen des Gutachtens werden verschiedene Wertbegriffe unterschieden: Der Marktwert beschreibt den durchschnittlichen Preis, der bei einem Verkauf von privat zu privat zu erzielen wäre. Der Wiederbeschaffungswert beziffert den Betrag, der aufgebracht werden müsste, um kurzfristig ein gleichartiges Fahrzeug in vergleichbarem Zustand zu kaufen. Der Wiederherstellungswert schließlich berücksichtigt sämtliche Restaurierungskosten, die notwendig wären, um das Fahrzeug in seinen dokumentierten Zustand zurückzuversetzen und das auch dann, wenn dieser Betrag den Marktwert deutlich übersteigt.

Ob makelloser Zustand 1 oder restaurierungsbedürftiger Zustand 5: Ein Gutachten schafft Klarheit. Es schützt Eigentümer vor finanziellen Nachteilen und bildet die Grundlage für fundierte Entscheidungen. Und das nicht nur im Ernstfall, sondern auch beim nächsten Gespräch mit dem Versicherer oder potenziellen Käufern.

Gerade in einem Markt, der sich dynamisch entwickelt, ist Transparenz unerlässlich. Denn Preise für Oldtimer schwanken stark und sind stets auch abhängig von Trends, Modellverfügbarkeit und dem historischen Hintergrund eines Fahrzeugs. Wer hier ohne aktuelle Bewertung agiert, riskiert Fehleinschätzungen mit womöglich erheblichen finanziellen Folgen.