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Die Schäden durch Naturkatastrophen nehmen rasant zu. Gleichzeitig bleiben viele Gebäude unversichert. Der natürliche Reflex der Politik nach Elementarschäden ist der Ruf nach einer Pflichtversicherung. Doch kann diese die bestehenden Probleme tatsächlich lösen? Dieser Frage ist die Studie „Pflichtversicherung gegen Elementarschäden“ auf den Grund gegangen. Durchgeführt wurde die Studie vom Centrum für Europäische Politik im Auftrag der VHV.

Im Kern kommen die Studienmacher zu einem klaren Fazit: Eine Pflichtversicherung allein reicht nicht. Sie könne „allenfalls ein Baustein zur Problemlösung sein“, so Philipp Eckhardt, Finanzexperte des Centrum für Europäische Politik. Nötig sei ein Maßnahmenbündel. Dieses reiche von baulichen Vorgaben über Prävention bis hin zu europäischer Rückversicherung.

Warum eine Pflichtversicherung nicht ausreicht

Das cep argumentiert aus ordnungspolitischer und juristischer Sicht. Eine Pflichtversicherung könne zwar als „quasi alternativloser Ausweg“ aus dem sogenannten Samariter-Dilemma dienen, bei dem der Staat in Notsituationen trotz fehlender Versicherung einspringt. Doch die eigentlichen Ursachen für die wachsenden Versicherungslücken liegen nicht im Marktversagen, sondern im Staatsversagen.

Denn auch wenn eine Pflicht eingeführt werden würde, darf sie nicht dazu führen, dass Prävention und Eigenverantwortung untergraben werden. Genau davor warnen die Autoren. Ohne risikoadjustierte Prämien, Selbstbehalte, Deckungsgrenzen und strikte bauliche Anforderungen bestehe die Gefahr einer systemischen Fehlsteuerung.

Flankierende Maßnahmen sind zwingend erforderlich

Eine Pflichtversicherung könne nur dann funktionieren, wenn sie in ein komplexes Gesamtkonzept eingebettet ist. Dazu gehören:

  • Präventionsmaßnahmen (z.B. Hochwasserschutz, Frühwarnsysteme)
  • Strenge bauliche Standards für Neu- und Bestandsbauten
  • Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung
  • Risikobasierte Prämiengestaltung statt Einheitstarifen
  • Rückversicherungslösungen auf EU-Ebene
  • Einbindung nachhaltiger Finanzierungsinstrumente wie Katastrophenanleihen (CatBonds)

Ohne diese flankierenden Instrumente droht eine Ambiguitätsfalle. Weder Versicherer noch Versicherte können die tatsächlichen Risiken valide einschätzen, was zu Marktaustritten oder unleistbaren Prämien führen kann.

Die Studie zeigt auch, dass eine Pflichtversicherung grundsätzlich mit deutschem und EU-Recht vereinbar ist. Sie muss aber mit geltendem Verfassungsrecht, der Solvency-II-Richtlinie und weiteren Vorgaben in Einklang gebracht werden. Insbesondere darf die Pflichtversicherung nicht flächendeckend, sondern nur risikogerecht ausgestaltet sein, um einer verfassungsrechtlichen Prüfung standzuhalten.

Klimarisiken und Zukunft der Versicherbarkeit

Die cep-Studie warnt gleichzeitig vor dem fortschreitenden Klimawandel. Dieser könnte mittelfristig dafür sorgen, dass Teile Deutschlands faktisch unversicherbar werden. Das könne durch unbezahlbare Beiträge oder mangelndes Angebot geschehen. Beispiele aus den USA zeigten bereits heute Rückzüge großer Versicherer aus Risikogebieten wie Kalifornien oder Florida.

Auch in Deutschland wächst die Sorge, dass die Versicherbarkeit kollabiert, wenn es keine staatlich koordinierten Lösungen gibt. Dies könne etwa über Rückversicherungsfonds oder EU-weite Risikoausgleiche geregelt werden.

Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden kann ein Teil der Antwort auf zunehmende Klimarisiken sein, darf aber nicht als Selbstläufer verstanden werden. „Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ist kein Allheilmittel. Sie kann, wenn überhaupt, nur ein Baustein zur Problemlösung sein. In jedem Fall bedarf es eines Bündels an begleitenden Maßnahmen und strengen Voraussetzungen“, erklärt unser cep-Finanzexperte Philipp Eckhardt. Entscheidend sei ein durchdachtes Konzept mit verbindlichen Rahmenbedingungen.