Hintergrund: Die rechtliche Grundlage für Kooperationstarife wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz von 2004 geschaffen. Seither dürfen gesetzliche Krankenkassen gemäß Paragraf 194 Abs. 1a Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) in ihrer Satzung festlegen, dass sie private Zusatzversicherungen vermitteln dürfen, deren Leistungen den gesetzlichen Schutz ergänzen. Dazu zählen insbesondere Wahlleistungen im Krankenhaus, Ein- oder Zweibettzuschläge oder Auslandsreisekrankenversicherungen. Die Verträge kommen nicht mit der Krankenkasse selbst, sondern direkt zwischen Versicherten und privatem Krankenversicherungsunternehmen zustande.

Anzeige

Die Grenzen dieser Vermittlung sind klar gezogen. Ein Rundschreiben des damaligen Bundesversicherungsamts (BVA) vom 8. März 2004 legt fest, dass die Tätigkeit der Kassen ausschließlich der Anbahnung von Verträgen dient – also der Information, Antragsaufnahme und Weiterleitung. Eine Beratung oder Empfehlung bestimmter Tarife ist unzulässig, ebenso die Entgegennahme von Provisionen oder erfolgsabhängigen Zahlungen. Sozialdaten dürfen ohne ausdrückliche Einwilligung nicht an die PKV weitergegeben werden; datenschutzrechtlich bleibt die Trennung zwischen Sozial- und Privatversicherung strikt.

Wenige Akteure prägen den Markt

Der Markt für Kooperationstarife ist stark konzentriert und wird von wenigen Anbietern getragen. Mehrere große PKV-Gesellschaften sind in diesem Segment gar nicht aktiv, sieben weitere veröffentlichen keine Zahlen. Abgesehen von den Marktführern beteiligen sich nur wenige Versicherer mit sehr kleinen Beständen – etwa die Concordia mit 508 Versicherten sowie Provinzial, Württembergische, Inter und R+V mit jeweils vierstelligen Zahlen. Nach Angaben der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) wuchs das Kooperationsgeschäft 2024 dennoch um 10,8 Prozent, nachdem es zuvor als weitgehend gesättigt galt. Einige Versicherer konnten ihre Bestände deutlich ausbauen, während andere stagnierten oder sich aus dem Markt zurückzogen. Insgesamt bleibt das Geschäft ein Nischenfeld mit strategischer Bedeutung: stabil in den Beständen, aber mit begrenzter Dynamik.

Bedeutung für die private Krankenversicherung

Für die private Krankenversicherung ist dieses Segment kein Massenmarkt, aber ein zunehmend wichtiger strategischer Zugangskanal. Vor allem spezialisierte Anbieter nutzen die Kooperation mit großen Krankenkassen, um über deren Mitgliederstrukturen gezielt neue Kundengruppen zu erreichen und private Zusatzversicherungen ergänzend zum gesetzlichen Schutz zu positionieren. Versicherte profitieren dabei von Beitragsvorteilen von bis zu fünf Prozent gegenüber einem Direktabschluss und von abgestimmten Abläufen, da Tarife und Prozesse auf die Strukturen der jeweiligen Krankenkasse zugeschnitten sind – allerdings bei weiterhin strikt getrennter Datenverarbeitung zwischen GKV und PKV.

Vor- und Nachteile der Tarife

Kooperationstarife zeichnen sich durch standardisierte Leistungsinhalte und vereinfachte Antragsprozesse aus. Viele Policen verzichten auf umfangreiche Gesundheitsprüfungen oder bieten verkürzte Wartezeiten, was insbesondere für ältere oder vorerkrankte Versicherte attraktiv ist. Zudem sorgt die enge Abstimmung zwischen GKV und PKV häufig für eine reibungslose Leistungsabrechnung, etwa bei Krankenhausaufenthalten oder Zahnersatz.

Dem stehen jedoch klare Grenzen gegenüber: Wer die Krankenkasse wechselt, verliert die Sonderkonditionen der Kooperation, und der Vertrag wird zu normalen Bedingungen fortgeführt. Auch die Auswahl an Tarifen ist eingeschränkt, da jede Krankenkasse meist nur mit einem Partnerunternehmen kooperiert. Für Versicherte bedeutet das: bessere Konditionen, aber weniger Vergleichsmöglichkeiten.

Kontroverse um Vermittlerkonkurrenz

Seit ihrer Einführung sind die Kooperationstarife Gegenstand einer anhaltenden Debatte zwischen Vermittlerverbänden, Aufsichtsbehörden und Versicherern. Kritiker aus dem Maklerlager bemängeln, dass Krankenkassen durch ihren direkten Zugang zu Millionen Mitgliedern einen unfairen Wettbewerbsvorteil im Vertrieb hätten. Sie können Zusatzpolicen über Mitgliederportale, Servicecenter oder Beitragsbescheide bewerben – Wege, die unabhängigen Vermittlern verschlossen bleiben.

Das Bundesversicherungsamt stellte bereits 2004 klar, dass Kassen nicht beraten und keine Provisionen erhalten dürfen. Dennoch bleibt die Abgrenzung zwischen neutraler Information und faktischer Empfehlung in der Praxis schwierig. Hinzu kommt ein strukturelles Ungleichgewicht: Während Makler nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) zu umfassender Beratung, Dokumentation und Haftung verpflichtet sind, gelten diese Pflichten für Krankenkassen nicht.

Die Kassen argumentieren, sie handelten nicht gewinnorientiert, sondern erfüllten einen Versorgungsauftrag, indem sie ihren Mitgliedern Zugang zu zusätzlichem Schutz ermöglichen. Für Vermittler bleibt die Konstruktion dennoch ein Wettbewerbsfaktor mit ungleichen Voraussetzungen. Damit steht das Modell bis heute im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz, Datenschutz und Marktneutralität.

Versicherungsbote stellt Marktführer bei Kooperationstarifen in einer Bildstrecke vor

Welche privaten Krankenversicherer in diesem besonderen Segment die größten Bestände aufweisen, zeigt die folgende Bildstrecke. Sie stellt die Marktführer nach der Zahl der versicherten Personen vor und beleuchtet, wie sich ihre Bestände im Jahr 2024 entwickelt haben. Grundlage sind die aktuellsten verfügbaren Daten zu Kooperationstarifen in der privaten Krankenversicherung.

Ein Hinweis zur Datenlage: Für Allianz und Axa liegen keine aktuellen Zahlen vor. Beide zählen zwar zu den größten Anbietern im PKV-Markt und könnten auch im Kooperationsgeschäft eine bedeutende Rolle spielen, werden in der Auswertung der Zeitschrift für Versicherungswesen (aufgrund fehlender Angaben) jedoch nicht geführt.

Anzeige

Die zugrunde liegenden Kennzahlen stammen aus der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV). Dort finden sich neben den Zahlen zu Kooperationstarifen weitere Kennzahlen zur privaten Krankenversicherung – etwa zur Beitragsentwicklung, zu den Leistungsaufwendungen und zu Bestandsveränderungen in anderen Sparten. Die vollständige Analyse ist kostenpflichtig auf der Webseite der ZfV abrufbar (Heft 10/2025).