Hintergrund: Die private Krankenversicherung bewegt sich in einem anspruchsvollen Umfeld: Eine alternde Bevölkerung erhöht die Inanspruchnahme, moderne Therapien verteuern die Versorgung, zudem kämpft die Krankheitskostenvollversicherung seit Jahren mit einer stagnierenden Nachfrage. Belastungsanzeichen zeigen sich unter anderem darin, dass die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote 2024 auf 7,3 Prozent sank (nach 9,0 Prozent 2023) und die RfB-Quote als Pufferindikator von 34,23 Prozent auf 30,65 Prozent fiel – mit großer Spannweite zwischen den Unternehmen. In der Summe steigen zudem die Leistungsausgaben konstant an (Versicherungsbote berichtete).

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Es gibt jedoch auch stabilisierende Signale: Die Kapitalanlagen stiegen gegenüber dem Vorjahr um 3,5 % auf 371,9 Mrd. €, und die Alterungsrückstellungen nahmen von 327,9 auf 341,7 Mrd. € zu – ein Plus von rund 4,2 %. Zudem erhöhte sich die Nettorendite von 2,64 % auf 2,70 %, also um 0,06 Prozentpunkte.

Vor diesem Hintergrund liefert das aktuelle Bilanzrating des MAP-Reports die Gesamtschau: Es vergleicht zentrale Bilanzkennzahlen der Unternehmen über den Zeitraum 2020 bis 2024 und leitet daraus eine Bewertung ab. Nachdem Versicherungsbote bereits die Sieger gezeigt hatte, stellt diese Bildstrecke nun die hinteren Platzierungen mit den Noten „befriedigend“ und „ausreichend“ vor – und macht sichtbar, wo im Fünfjahresvergleich Verbesserungsbedarf besteht. Zugleich versuchen wir, die Ergebnisse einzuordnen.

Was wurde gemacht?

Der MAP-Report 940 bewertet die Bilanzen privater Krankenversicherer für den Zeitraum von 2020 bis 2024. Längere Zeiträume sind wichtig, weil sie kurzfristige Effekte – etwa außergewöhnlich hohe Kapitalerträge oder Verluste – glätten. Auf diese Weise wird sichtbar, wie stabil ein Unternehmen tatsächlich wirtschaftet. Für das Gesamtrating wurden folgende zehn zentrale Bilanzkennzahlen analysiert:

  • Nettorendite: misst den Erfolg der Kapitalanlagepolitik. Für private Krankenversicherer ist sie von entscheidender Bedeutung, da Kapitalerträge neben den Beiträgen die wichtigste Einnahmequelle darstellen.
  • Bewertungsreservequote: stellt den Saldo aus stillen Reserven und stillen Lasten (Differenz zwischen Markt- und Buchwert der Kapitalanlagen) ins Verhältnis zur Kapitalanlagesumme. Zeigt die Höhe der nicht realisierten Puffer in der Kapitalanlage und die Zins-/Marktwertsensitivität der Bilanz
  • RfB-Zuführungsquote: zeigt, wie viel der verdienten Bruttobeiträge in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung fließt.
  • RfB-Quote: stellt den Bestand dieser Rückstellung ins Verhältnis zu den verdienten Beiträgen und macht sichtbar, wie gut ein Versicherer für künftige Anpassungen vorsorgt.
  • Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote: spiegelt wider, ob die kalkulierten Prämien ausreichen, um Schäden und Kosten zu decken.
  • Überschussverwendungsquote: misst, in welchem Umfang der Gesamterfolg an die Versicherten zurückgegeben wird.
  • Vorsorgequote: zeigt, welcher Anteil der Bruttobeiträge für die Vorsorge im Alter zurückgelegt wird.
  • Abschlusskostenquote: bewertet, wie viel ein Versicherer für den Neuabschluss von Verträgen ausgibt.
  • Verwaltungskostenquote: zeigt die Effizienz der internen Strukturen.
  • Solvabilitätsquote (SCR-Quote): misst die Risikotragfähigkeit und gibt an, ob ein Versicherer auch in Krisenzeiten über ausreichend Eigenmittel verfügt.

Neu hinzugekommen sind im aktuellen MAP-Report zwei zusätzliche Wachstumsgrößen:

  • die Entwicklung der Beitragseinnahmen
  • sowie die Veränderung der Zahl der Vollversicherten.

Ihr Gewicht bleibt mit zusammen weniger als 3,5 Prozent zwar gering, sie ergänzen aber das Bild, wie dynamisch ein Versicherer im Markt agiert.

Wie wurde gewertet?

Die Bewertung der privaten Krankenversicherer im MAP-Report 940 basiert auf einem Punktesystem. Für jede der zehn Kernkennzahlen konnten Punkte vergeben werden, insgesamt bis zu 300. Besonders wichtige Größen – wie die Nettorendite oder die Solvabilitätsquote – wurden dabei stärker gewichtet, da sie am unmittelbarsten Auskunft über die langfristige Stabilität und Krisenfestigkeit eines Unternehmens geben. Weniger ausschlaggebende Kennzahlen wie die Abschluss- oder Verwaltungskostenquote flossen zwar in die Bewertung ein, hatten aber geringeren Einfluss auf das Gesamtergebnis.

Aus der Gesamtpunktzahl wurde anschließend eine fünfstufige Notenskala gebildet. Ab 85 Prozent der möglichen Punkte vergaben die Analysten die Bestnote „hervorragend“ (mmm+). Mit 75 bis 84 Prozent erreichten die Versicherer die Bewertung „sehr gut“ (mmm). Für 65 bis 74 Prozent gab es die Note „gut“ (mm). Unternehmen mit 55 bis 64 Prozent wurden als „befriedigend“ (m) eingestuft. Alles darunter fiel in die niedrigste Kategorie „ausreichend“ (m-).

Versicherungsbote stellt PKV-Unternehmen auf den hinteren Plätzen vor

Im Folgenden zeigt Versicherungsbote die elf Unternehmen mit den Noten „befriedigend“ oder „ausreichend“ – die hinteren Platzierungen im aktuellen Bilanzrating. Diese Einstufungen entstehen aus der Summe gewichteter Kennzahlen: Viele Häuser weisen in einzelnen Feldern stabile oder gute Werte auf, liegen jedoch in anderen Bereichen unter dem Branchenschnitt. Ausschlaggebend ist die Gesamtbalance – sie macht sichtbar, wo vorrangig Verbesserungsbedarf besteht. Für die Einordnung sind folgende Aspekte wichtig:

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  • Alle Anbieter – auch auf den hinteren Rängen – erfüllen die Anforderungen von Solvency II souverän und erhalten bei der Solvabilität die volle Punktzahl. Niedrigere Gesamtnoten sind daher kein Hinweis auf mangelnde Zahlungsfähigkeit, sondern Ausdruck der Gesamtbalance anderer Kennzahlen.
  • Durch die Zinswende entstehen in vielen Portfolios stille Lasten: Steigende Zinsen drücken die Marktwerte älterer, niedrig verzinster Anleihen, die Bewertungsreservequote sinkt. Für die PKV ist das zwar materiell, jedoch nicht per se alarmierend – bei stabilen Cashflows und Halt-bis-Fälligkeit bleiben die Zahlungsströme intakt. Mit der Reinvestition zu höheren Kupons steigt die laufende Verzinsung, die Nettorendite gewinnt schrittweise an Boden, und stille Lasten bauen sich über die Zeit ab. Kurzfristig dämpft dieser Effekt Reserven (und teils die Nettorendite), ohne die – hier durchweg starke Solvabilität – infrage zu stellen.
  • Bei der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) handelt es sich um kollektive Überschussmittel, die den Versicherten zugutekommen. Sie werden vor allem zur Dämpfung von Beitragsanpassungen in Tarifen und zur Stärkung weiterer Rückstellungen eingesetzt; teilweise fließen sie als erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung an leistungsfreie Versicherte zurück. Zuführungen und Verwendungen schwanken mit Schadenverlauf und Jahrgangseffekten. Eine niedrige RfB-Quote kann daher auch eine aktuell hohe Verwendung widerspiegeln. Das Fünfjahresfenster des Ratings glättet diese Bewegungen, eliminiert aber nicht jeden Ausschlag – kleinere Häuser wirken folglich volatiler.
  • Erhöhte Verwaltungs- oder Abschlusskosten zeigen nicht zwangsläufig Ineffizienz. Häufig markieren sie Investitionen in IT, Prozessmodernisierung oder Vertriebsumbau; die Ertrags- und Effizienzgewinne kommen typischerweise zeitversetzt.
  • Bestandsmix zählt: Altersstruktur, Beihilfeanteil, geschlossene Alt-Tarife und insbesondere der Anteil von Zusatzversicherungen prägen das Bild. Zusatzpolicen erhöhen Stückzahlen und Kostenrelationen je Beitrag, bauen aber weniger Puffer pro Beitragseinheit auf – RfB- und Reservequoten können dadurch optisch niedriger wirken, ohne zwingend auf schwächere Steuerung hinzuweisen.

In der Summe sollte bedacht werden: Die hinteren Platzierungen stehen nicht für durchweg schwache Bilanzen, sondern für eine derzeit ungünstigere Gesamtbalance aus Stärken und Schwächen im Mehrjahresvergleich. Sichtbar wird vor allem, wo vorrangig Verbesserungsbedarf besteht. Grundlage der Analyse ist der aktuelle MAP-Report 940 aus dem Hause Franke und Bornberg – das neue Bilanzrating für private Krankenversicherer. Er wertet zentrale Kennzahlen der Jahre 2020 bis 2024 aus und liefert damit einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der Branche. Wie gewohnt kann die Studie kostenpflichtig über die Webseite der Analyse-Experten bestellt werden.