Die Lebensversicherung steht vor einem Paradigmenwechsel. Denn während ältere Generationen den klassischen Todesfallschutz schätzten, lehnt fast jeder zweite Deutsche unter 40 Jahren (45 Prozent) traditionelle Policen ab. Denn diese seien zu teuer, zu wenig relevant für die aktuelle Lebensphase, zu kompliziert. Stattdessen fordern Millennials und die Generation Z Leistungen, die im Hier und Jetzt wirken.

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Eine aktuelle Studie des Capgemini Research Institute und von LIMRA verdeutlicht die Erwartungen: Junge Verbraucher wünschen sich finanzielle Unterstützung in Notfällen, Prämien für gesundheitsbewusstes Verhalten oder Kostenübernahmen für Fruchtbarkeitsbehandlungen. „Die Branche kann sich nicht länger ausschließlich auf den klassischen Todesfallschutz verlassen oder eine politische Antwort auf die Altersvorsorge abwarten, um ihre Zukunft zu sichern. Versicherer müssen ihren Mehrwert vielmehr durch zu Lebzeiten abrufbare Leistungen unter Beweis stellen“, sagt Klaus Thummert, Senior Director bei Capgemini Invent.

Paradox sind daher folgende Zahlen. Denn 68 Prozent der unter 40-Jährigen halten eine Lebensversicherung für entscheidend, um ihre finanzielle Zukunft abzusichern. Trotzdem schließt nur eine Minderheit solche Policen ab. Dies geschieht in der Regel nicht, weil sie ihre finanziellen Prioritäten wie etwa Vermögensaufbau, flexible Absicherung und schnelle Benefits in den Angeboten nicht wiederfinden.

Ein weiteres Hindernis ist die komplexe Fachsprache und lange Antragsprozesse: Jeder vierte Befragte gab an, dass er deshalb auf eine Lebensversicherung verzichtet. „Unsere gemeinsame Studie verdeutlicht, dass falsche Preisvorstellungen sowie konkurrierende finanzielle Prioritäten Lebensversicherungen für junge Erwachsene unattraktiv machen“, ergänzt Bryan Hodgens, Senior Vice President bei LIMRA.

Neue Lebensmodelle erfordern neue Produkte

Ein zentrales Ergebnis sind die veränderten Lebensumstände im Vergleich zu älteren Generationen. Denn Lebensmeilensteine wie Heirat oder Elternschaft treten bei Millennials und Gen Z später ein. Teilweise treten sie auch gar nicht ein. 64 Prozent der deutschen Befragten haben keine Heiratspläne, 84 Prozent keinen aktuellen Kinderwunsch. Klassische Policen, die stark an diese Lebensphasen gebunden sind, laufen hier ins Leere.

Gleichzeitig steht eine enorme Vermögensübertragung durch Erbschaften bevor: Millennials und Gen Z erwarten im Schnitt 106.000 US-Dollar pro Person. 40 Prozent sehen Lebensversicherungen und Rentenprodukte als drittwichtigste Säule ihrer Investmentstrategie – direkt nach Aktien und Bargeld.

Um die Erwartungen jüngerer Zielgruppen zu erfüllen, empfehlen die Studienautoren drei Transformationssäulen:

  • Innovative Produkte: Leistungen zu Lebzeiten in den Mittelpunkt stellen, Risikoprüfung vereinfachen, Gamification-Ansätze für die Kundenbindung nutzen.
  • Berater stärken: Vermittler mit KI-gestützten Tools und hybriden Vergütungsmodellen ausstatten, um personalisierte Beratung für die nächste Generation zu ermöglichen.
  • Ökosystempartnerschaften: Kooperationen mit Banken, Gesundheitsanbietern und HR-Plattformen schaffen, um Lebensversicherungen nahtlos in den Alltag einzubinden.

Noch hinken die Versicherer jedoch hinterher: 59 Prozent der jungen Verbraucher wünschen sich digitale Interaktion, aber nur 31 Prozent der Anbieter haben entsprechende Plattformen. Noch deutlicher ist der Rückstand bei datenbasierten Empfehlungen: Erwartet von 77 Prozent, geliefert von lediglich 16 Prozent.

Die Botschaft ist klar: Nur wer „Living Benefits“ liefert, verständlich kommuniziert und digital überzeugt, wird die nächste Generation als Kunden gewinnen. „Versicherer brauchen eine neue Strategie, um Lebensversicherungen für jüngere Generationen erfolgreich zu vermarkten“, erklärt Bryan Hodgens, Senior Vice President und Leiter der LIMRA-Forschung. „Versicherer müssen deshalb nicht nur ihre Produkte als bezahlbar und leicht zugänglich positionieren, sondern so weiterentwickeln, dass sie sowohl die heutigen Bedürfnisse abbilden, als auch langfristig mit den finanziellen Zielen der Kunden mitwachsen.“