Zahlungsstörungen in der Assekuranz: Ursachen, Lösungen und Einsparpotenziale
Mahnungen sind für Unternehmen sowie auch für Kunden ärgerlich. Oft kommen diese per Brief und verursachen lange Reaktionszeiten. Dabei sind Zahlungsstörungen oft hausgemacht, meint Christoph Ruoff. Wie digitale Mahn- und Rechnungsprozesse Millionen sparen und den Service spürbar verbessern können, skizziert der Geschäftsführer der atriga GmbH in einem Gastbeitrag.

Irene Müller ist unangenehm überrascht, als das Mahnschreiben ihrer Versicherung im Briefkasten landet. Bisher hat ihre Hausratversicherung die Prämie jedes Jahr per SEPA-Lastschrift abgebucht. Diesmal aber leider nicht, wie die Rücklastschrift auf dem Kontoauszug ihrer Bank zeigt. Das Konto war überzogen, weil die Reparatur des Familienautos mehr gekostet hatte als erwartet. Daher also das recht freundliche, aber nicht minder ärgerliche Mahnschreiben. Als treue Kundin vermisst Irene Müller darin den Hinweis auf alternative Zahlungsoptionen. Auch der Gedanke, dass frisches Geld bereits unterwegs ist und im kommenden Monat alles beglichen werden kann, beruhigt sie nicht. Also bleibt wohl nur der Anruf bei der Versicherung, um Aufschub zu erbitten.
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Ein Erlebnis, das viele Menschen kennen. Und es steht exemplarisch für eine strukturelle Herausforderung der Branche: Laut einer Studie von ibi research sind kurzfristige finanzielle Engpässe für rund 43 Prozent aller Zahlungsstörungen verantwortlich, weitere 17 Prozent entstehen schlicht durch Vergesslichkeit. Trotzdem setzen viele Versicherer noch immer auf analoge Abläufe, versenden Mahnungen per Brief und verzichten auf digitale Kontaktkanäle. Das bremst nicht nur interne Prozesse, sondern verhindert auch einen zeitgemäßen Kundenservice.
Die Krise: Fehlende digitale Kommunikationskanäle
Solange Mahnungen per Post statt über digitale Kanäle kommen, bleiben Reaktionsgeschwindigkeit, Verarbeitbarkeit und Dialogfähigkeit deutlich eingeschränkt. Warum verharren viele Versicherer bei Zahlungsstörungen dennoch in alten Prozessen? Häufig schlicht, weil sie nicht über die E-Mail-Adressen oder Mobilnummern ihrer Kunden verfügen – bisher war das oft kein Muss. Doch inzwischen sind Schnelligkeit und Personalisierung entscheidend für die Kundenzufriedenheit. Wer hier nicht nachzieht, läuft Gefahr, die Erwartungen seiner Versicherten zu verfehlen. Digitale Kommunikationswege, wie sie in anderen Branchen längst Standard sind, können Abläufe beschleunigen und Kosten im Handling spürbar senken.
Fehlende Kundenorientierung
Technologie allein macht jedoch noch keinen Unterschied. Die EPAM-Studie „Versicherung: Das Paradoxon der Digitalisierung“ zeigt deutlich: Der Erfolg digitaler Transformation hängt vor allem von der Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kunden ab. Wer Prozesse zwar digitalisiert, aber nicht kundenfreundlich gestaltet, verliert an Relevanz. Versicherungsnehmer erwarten schnelle und einfache Abläufe, aber viele Anbieter hinken hier noch hinterher. Automatisierte Prozesse und Self-Service Angebote können die Lücke schließen: Laut Bain & Company sind damit Effizienzgewinne von bis zu 30 Prozent möglich.
Millionenbeträge durch digitale Rechnungs- und Mahnprozesse einsparen
Ein Blick auf die manuelle Bearbeitung von Rücklastschriften oder unbezahlten Rechnungen verdeutlicht das Potenzial: Versicherungen mit hohem Kommunikationsvolumen verschenken jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge, wenn sie weiterhin auf papierbasierte Rechnungen, Policen und Mahnungen setzen.
Wie groß diese Summe ausfallen kann, zeigt ein einfaches Kalkulationsbeispiel: Ein Versicherer mit circa zehn Millionen Kundinnen und Kunden versendet jährlich etwa zwanzig Millionen Briefe. Durchschnittliche Kosten pro Sendung im Idealfall (Konsolidierungseffekte bereits berücksichtigt): rund ein Euro, inklusive Porto, Druck, Papier und Organisation. Das ergibt etwa zwanzig Millionen Euro pro Jahr. Wird der Anteil postalischer Zustellungen um fünfzig bis sechzig Prozent reduziert, sinken allein diese Kosten sofort um zehn bis zwölf Millionen Euro jährlich!
Digitalisierung lohnt sich bereits ab Vertragsabschluss
Dieses Einsparpotenzial endet nicht beim Mahnwesen, denn auch der Versand umfangreicher Vertragsunterlagen im Neugeschäft verursacht hohe Kosten. Den größten Nutzen entfaltet ein von Anfang an digital geführter Prozess jedoch in der Folgebearbeitung: Liegen alle Daten strukturiert vor, lassen sich deutlich mehr Prozessschritte vollständig automatisieren bzw. ein Teil der Abwicklung kann in strukturierte Self-Service Angebote überführt werden, die ohne zusätzlichen Aufwand für das Unternehmen funktionieren. So entstehen erhebliche Einsparungen im Personalbereich, während Mitarbeitende sich auf komplexere Aufgaben konzentrieren können. Für Kundinnen und Kunden bedeutet dies mehr Flexibilität, Transparenz und Geschwindigkeit – ähnlich wie bei Selbstscanner-Kassen im Handel, die als komfortabel gelten, obwohl ein Teil der Arbeit durch den Kunden selbst übernommen wird.
E-Mail-gestütztes Mahnwesen: Kosteneffizient, schnell und imagefördernd
Die Mahnung per E-Mail ist nicht nur günstiger als der Briefversand, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten: Interaktive Elemente wie Links zu Kundenportalen oder individuellen Zahlungsseiten beschleunigen den Zahlungseingang und verbessern das Kundenerlebnis.
Dass sich dieser Ansatz auszahlt, zeigen Beispiele aus anderen Branchen:
- Deutsche Telekom: Seit 2002 werden monatlich über 15 Millionen Rechnungen per E-Mail statt per Post versendet, die Einsparungen liegen pro Monat im zweistelligen Millionenbereich.
- Swisscom: Durch Umstellung auf eBill und PDF sinken jährliche Kosten für Papierrechnungen deutlich, die zuvor im zweistelligen Millionenbereich lagen.
- Österreichische Bundesverwaltung: Die verpflichtende e-Rechnung spart jährlich rund 7 Mio. Euro.
- Freie Hansestadt Bremen: Durchgängige elektronische Rechnungen reduzieren die Kosten um bis zu 2,7 Mio. Euro pro Jahr.
- Billentis-Benchmark: Einsparungen durch automatisierte e-Rechnungen liegen bei 60 bis 80 Prozent der bisherigen Prozesskosten, mit einem ROI von sechs bis achtzehn Monaten.
Technologie, die Vertrauen schafft
Die Zahlen lassen keinen Zweifel: Digitale Kommunikation und automatisierte Abläufe bringen Millionen an Einsparungen, schnellere Zahlungsflüsse, entlastete Mitarbeitende und einen Service, der zur Marke passt. Wer an Papierprozessen festhält, trägt vermeidbare Kosten.
Für Kunden wie Irene Müller bedeutet die digitale Transformation des In- und Exkasso-Prozesses aber weit mehr als Bequemlichkeit. Sie zeigt, dass ihre Versicherung individuell auf ihre persönliche Situation eingeht und passende Lösungen anbietet.
Wie lässt sich das konkret schnell und einfach umsetzen?
Damit Versicherer diesen Anspruch nicht nur erfüllen, sondern messbar umsetzen können, braucht es ebenso fortschrittliche wie praxisbewährte Werkzeuge. Forderungsmanager wie atriga erreichen hier für Ihre Kunden eine schnelle und marktorientierte Lösung durch die Kombination von SaaS-gestützten Mahnprozessen, einem innovativen White Label Online-Kundenportal und auf generativer KI basierenden Chat- und Voicebots, die beispielsweise auch vollständige Ratenzahlungsvereinbarungen fallabschließend bearbeiten, alles im Markenauftritt des Kunden.
Ansatzpunkte für ein fortschrittliches Forderungsmanagement in der Versicherungswirtschaft
Software-as-a-Service (SaaS): IT-Kosten senken, Agilität steigern
Durch den Einsatz von Software-as-a-Service (SaaS) lassen sich spezifische IT-Kosten um bis zu 60 Prozent senken, weil keine eigenen Investitionen in IT und Software notwendig sind. Gleichzeitig lassen sich Time-to-Market und Prozessgeschwindigkeit deutlich verbessern. Das Forderungsmanagement wird agiler, flexibler und leistungsfähiger. Durch die Automatisierung von Routinetätigkeiten werden Mitarbeitende spürbar entlastet.
Business Process Outsourcing (BPO): Mehr Effizienz durch komplette Auslagerung
Auf der Basis von SaaS wird ein weiterer, zusätzlicher strategischer Schritt möglich: Business Process Outsourcing (BPO). Dabei wird der komplette Prozess oder Teile davon ab dem Moment des Eintritts der Zahlungsstörung an einen Dienstleister ausgelagert. Dadurch können sich Versicherer ganz auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, während der Mahnprozess von Beginn an durch die Nutzung innovativer SaaS-Systeme kundenorientiert und kostenoptimiert verläuft. Das Ergebnis: zusätzlich zu den massiven Einsparungen im IT-Bereich durch SaaS bis zu 30 Prozent Effizienzgewinn, 15 Prozent geringere Kosten, verkürzte Days Sales Outstanding und eine höhere Rückführungsquote.
Online-Kundenportal: Digitale Schaltzentrale für den Kundendialog
Diese technischen und organisatorischen Vorteile entfalten ihr volles Potenzial im Zusammenspiel mit einer Kommunikationsinfrastruktur, die den Erwartungen der Kundinnen und Kunden entspricht. Ein White Label Online-Kundenportal fungiert in diesem Kontext als zentrale Plattform für Kommunikation und Zahlung und bildet das Herzstück einer zeitgemäßen Customer Communication Journey. Solche Systeme sind rund um die Uhr verfügbar und reagieren in Echtzeit auf das individuelle Verhalten jedes säumigen Kunden und über alle Kanäle hinweg, von Brief und E-Mail bis zu Messenger, SMS, Chat, Telefon und Bankkonto. Die Kommunikation erfolgt systemisch gesteuert, aber auf Einzelfallebene, mit dynamischer Anpassung und maximal personalisierten Inhalten. Das Ergebnis sind höhere Akzeptanz, geringere Kosten und bessere Rückführungsquoten.
Generative KI: Automatisierte Kommunikation, personalisiert und rund um die Uhr
Eine Schlüsseltechnologie für diese Entwicklung ist der Einsatz generativer KI: Chat- und Voicebots unterstützen die Kundenkommunikation vollständig automatisiert, hochpersonalisiert und fallabschließend, rund um die Uhr und in fast allen bekannten Sprachen. Rückfragen werden direkt beantwortet, Zahlungsvereinbarungen inklusive Ratenzahlungen ohne Mitwirkung von Mitarbeitern abgeschlossen. Das entlastet interne Ressourcen, senkt operative Kosten und steigert die Beitreibungsquote. Die Dialoge sind menschenähnlich, effizient und markenkonform. Vorausgesetzt, die Systeme sind auf die speziellen Anforderungen im Forderungsmanagement trainiert und keine generischen Standardlösungen.
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White Label: Mahnprozesse im eigenen Markenauftritt abbilden
Die konsequente Markenführung in allen Kundenkontaktpunkten ist dabei kein Detail, sondern Teil des strategischen Gesamtbildes: White Label-fähige Lösungen ermöglichen es, das gesamte Forderungsmanagement trotz (Teil-)Auslagerung vollständig im eigenen Markenauftritt zu gestalten. Optimal ist, wenn sämtliche Module darauf abgestimmt sind, von SaaS über BPO und das Online-Kundenportal bis hin zu Chat- und Voicebots. So profitieren die Unternehmen von schlankeren Prozessen, einer durchgängigen Customer Experience und einer konsistenten Kommunikation auf allen Kanälen.
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