Versicherungsbranche im Ausnahmezustand: Verdi kündigt bundesweite Warnstreiks an
Die Gewerkschaft ver.di ruft die Angestellten in der privaten Versicherungsbranche zu einem flächendeckenden Streik auf. Damit sollen massive Reallohnverbesserungen und eine faire Teilhabe am Branchenwachstum durchgesetzt werden.

Die Tarifverhandlungen zwischen ver.di und dem Arbeitgeberverband der privaten Versicherungsunternehmen (AGV) stecken fest. Mit der dritten ergebnislosen Runde Ende Mai erreicht der Konflikt seinen bisherigen Höhepunkt. Nun mobilisiert die Gewerkschaft für den 26. Juni bundesweit zu Arbeitskampfmaßnahmen. Betroffen sind rund 180.000 Innendienst-Mitarbeiter der Branche, die ihre Arbeit in Städten wie Kiel, Hamburg, Berlin, Hannover, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München niederlegen sollen.
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Ver.di-Verhandlungsführerin Martina Grundler macht deutlich, dass die Streikmaßnahme gezielt eskaliert: "Wir werden den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, weil sich ansonsten nichts bewegt". In den vergangenen Wochen hatten bereits an allen großen Versicherungsstandorten Warnstreiks stattgefunden.
In der dritten Verhandlungsrunde hatten sich die Arbeitgebervertreter den Forderungen angenähert. So wurde unter anderem die Laufzeit von 35 Monaten auf 28 Monate verkürzt. Dafür soll es eine zunächst stärkere Einstiegserhöhung geben. Demnach würden die Tarifgehälter bereits zum 1. August 2025 um 4,8 Prozent steigen. Ursprünglich waren 3,6 Prozent ab September angeboten worden. Eine weitere Erhöhung um 3,3 Prozent ist zum 1. September 2026 vorgesehen. Dafür fiel die dritte Stufe der Anhebung weg. Dadurch stehen statt der bisher offerierten 8,63 Prozent nun in Summe 8,29 Prozent.
Für die Arbeitnehmerseite waren die Verbesserungen derweil nicht ausreichend. Resultierend daraus wurden die Verhandlungen nach vier Stunden abgebrochen. Zwar wurde ein geringfügig verbessertes Angebot des AGV gesehen. Dieses sei "aber nach wie vor unzureichendes", heißt es in einer Pressemitteilung. „In einer wirtschaftlich starken Branche mit Rekordgewinnen und steigenden Dividenden ist den Beschäftigten, die für diese Erfolge sorgen, erneut ein absolut inakzeptables Angebot präsentiert worden“, erklärte Grundler.
Die Gewerkschaft hatte zwölf Prozent mehr Gehalt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert sowie eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 250 Euro. „Es kann nicht sein, dass eine Branche regelrecht floriert – und die Beschäftigten an diesem Erfolg kaum beteiligt werden“, betonte die Gewerkschafterin.
Während die Versicherungswirtschaft weiter boomt, bleibt die Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg aus, so ver.di. Die Gewerkschaft kritisiert, es sei ein "Unding", dass Beschäftigte, die aktiv zum Wachstum beitragen, nicht angemessen profitieren. Das bislang letzte Angebot der Arbeitgeberseite bedeute konkret, dass die Realeinkommen der Beschäftigten selbst im Jahr 2027 immer noch rund vier Prozent unter dem Einkommensniveau von 2020 liegen würden, rechnet Grundler vor. „Das lassen wir nicht mit uns machen. Die Beschäftigten haben deutlich mehr verdient als dauerhafte Reallohnverluste.“