Pflichtversicherung gegen Elementarschäden: „Der beste Schaden ist der, der nicht eintritt“
Soll künftig jede Wohngebäudeversicherung automatisch auch Schutz gegen Naturgefahren enthalten? Die Bundesregierung plant genau das – doch in der Versicherungsbranche ist die Debatte um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden längst entfacht. Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) mahnt nun eindringlich zur Vorsicht: Eine Pflicht allein reiche nicht aus, um der wachsenden Bedrohung durch Naturkatastrophen wirksam zu begegnen.

Im Rahmen ihres digitalen Jahrespressegesprächs warnte die DAV davor, die geplante Pflichtversicherung als einfache Antwort auf Klimarisiken zu betrachten. Past President Dr. Maximilian Happacher betonte: „Eine Pflichtversicherung verhindert keine Schäden. Wenn risikogerechte Prämien und gezielte Prävention fehlen, kann sie sogar Fehlanreize schaffen.“
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Mehrkosten, Kontrollaufwand, Kritik an Umsetzung
Konkret sieht der Koalitionsvertrag vor, dass Neuverträge künftig verpflichtend einen Elementarschadenschutz enthalten sollen. Auch Bestandsverträge könnten zu einem Stichtag angepasst werden. Damit soll die massive Versicherungslücke geschlossen werden – derzeit ist nur etwa jedes zweite Gebäude in Deutschland gegen Elementargefahren abgesichert. Doch der Eigentümerverband Haus & Grund warnt vor zusätzlichen Belastungen für Hauseigentümer und einem Eingriff ins Eigentumsrecht.
Auch der bürokratische Aufwand und die Umsetzbarkeit werden kritisch gesehen. Denn ohne flächendeckende Risikomodelle und verlässliche Prämienkalkulation droht ein Flickenteppich unterschiedlicher Standards. Die DAV fordert daher ein strukturiertes Gesamtkonzept mit:
- risikobasierten Prämien,
- klarer Verantwortung der öffentlichen Hand in Bauleitplanung und Hochwasserschutz,
- einem staatlich gestützten Rückversicherungsmechanismus inklusive Stop-Loss-Garantie.
Was Frankreich anders macht
Bereits 2021 stellte Versicherungsanalyst Dr. Carsten Zielke das französische Modell vor und unterstrich seine Forderung vor knapp einem Jahr erneut. Vereinfacht gesagt, zeichnet sich dieses Modell dadurch aus, dass ein fester Prozentsatz für Elementarschäden in jede Wohngebäude- und Hausratpolice eingerechnet wird – ohne Pflicht, aber mit staatlicher Rückversicherung. In Frankreich sind so fast alle Haushalte gegen Elementargefahren versichert, der Verwaltungsaufwand ist gering, die Beiträge bezahlbar.
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DAV: Pflichtversicherung kein Selbstzweck
Die DAV sieht ebenfalls keinen Selbstzweck in einer Pflichtversicherung. Entscheidend sei das Zusammenspiel aus Prävention, risikogerechter Prämiengestaltung und einer gesicherten Rückversicherung. Dr. Happacher: „Der beste Schaden ist immer noch der, der gar nicht erst eintritt.“