Hintergrund: Damit Versicherer ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden dauerhaft erfüllen können, schreibt das Solvency-Aufsichtsregime vor, auch für wirtschaftlich schwere Zeiten genügend Eigenmittel als Polster vorzuhalten. Zentral hierfür sind die Solvenzquoten (SCR-Quoten). Für diese Quoten ist nicht der „Normalbetrieb“ relevant, sondern die Simulation eines wirtschaftlichen Extrem-Ereignisses, das alle 200 Jahre auftritt. Erreicht ein Versicherer eine Quote von mindestens 100 Prozent, hat er genügend Eigenmittel, um eine solche Situation zu stemmen.

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Dokumentiert werden die Solvenzquoten in den Berichten zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR). Diese werden durch die Unternehmen jährlich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgelegt und müssen auch für die Verbraucher veröffentlicht werden. Der aktuelle MAP-Report aus dem Hause Franke und Bornberg mit der beeindruckenden Nummer 939 hat die neuesten Zahlen – für das Geschäftsjahr 2024 – ausgewertet.

Übergangshilfen nicht mehr so wirkungsvoll wie zuvor

Viele Lebensversicherer hatten ihre Solvenzquoten in den vergangenen Jahren mithilfe von Übergangsmaßnahmen deutlich aufgewertet. Besonders wirksam war dabei die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen gemäß § 352 VAG. Sie erlaubte es, Rückstellungen auf Basis der alten Rechnungsgrundlagen nur schrittweise an die strengeren Solvency-II-Vorgaben anzupassen – was in der Praxis häufig zu deutlich höheren Solvenzquoten führte.

Hinzu kamen die Volatilitätsanpassung gemäß § 82 VAG, mit der zeitweise gesunkene Marktwerte von Anleihen rechnerisch geglättet werden konnten, sowie die Übergangsmaßnahme für die Zinsstrukturkurve nach § 351 VAG, die ebenfalls eine abgemilderte Bewertung der Kapitalanforderungen ermöglichte. Zusammengenommen führten diese Hilfsmaßnahmen in den Vorjahren zu erheblichen Differenzen zwischen der tatsächlichen Kapitalausstattung und der nach außen gemeldeten Solvenzquote – nicht selten lagen mehrere hundert Prozentpunkte dazwischen (Versicherungsbote berichtete).

Doch damit ist es nun weitgehend vorbei: Die BaFin hat im Sommer 2024 eine verbindliche Neuberechnung des Rückstellungstransitionals angeordnet (Versicherungsbote berichtete). Der Grund: Die Maßnahme habe im aktuellen Zinsumfeld ihre Legitimation weitgehend verloren, so die Einschätzung der Aufsicht. Übergangshilfen, die einst hunderte Prozentpunkte Unterschied machten, haben nun deutlich an Wirkung eingebüßt – oder wurden von vielen Anbietern gleich ganz gestrichen.

Das zeigt sich auch an den Zahlen: Die aufsichtsrechtlich gemeldete SCR-Quote (mit Übergangshilfen und Volatilitätsanpassung) sinkt im Marktdurchschnitt von 663,5 Prozent (2023) auf 340,3 Prozent (2024) – ein Rückgang um mehr als die Hälfte. Die Basisquote, die auf rechnerische Hilfen vollständig verzichtet, bleibt hingegen vergleichsweise stabil: Sie fällt lediglich von 320,8 auf 308,6 Prozent. Die Spreizung zwischen den beiden Quoten ist damit deutlich geschrumpft – und das Gesamtbild realistischer geworden.

Versicherungsbote stellt Unternehmen mit den besten Basisquoten vor

Wer aber hat 2024 die besten Solvenzquoten unter den Lebensversicherern? Die 15 „Solvenzquoten-Champions“ werden mit ausgewählten Kennzahlen in dieser Bildstrecke vorgestellt. Wichtig dabei: Die Basisquote verzichtet auf Übergangshilfen und bildet die reale Kapitalausstattung ab – sie zeigt, wie viel Substanz wirklich da ist. Ihre Höhe hängt jedoch stark von strukturellen Faktoren ab: Lebensversicherer mit einem hohen Anteil an Risikopolicen oder Kollektivgeschäft, mit starkem Neugeschäft oder schlanker Tarifstruktur haben meist geringere Kapitalanforderungen. Auch ein geringer Altbestand oder der gezielte Verzicht auf langlaufende Garantien kann die Quote begünstigen. Gleichzeitig erzielen auch Anbieter mit breitem Produktportfolio, konservativer Kapitalsteuerung oder starker regionaler Vertriebsanbindung sehr gute Werte – etwa durch stabile Bestände, risikoarme Tarifstrategien und langfristige Rückdeckung. Die Unterschiede im Geschäftsmodell sollten bei der Einordnung der Ergebnisse stets mitgedacht werden.

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Die Aussagekraft der Solvenzquote ist deshalb immer im Licht des jeweiligen Geschäftsmodells zu betrachten – und nicht mit einer pauschalen Qualitätsbewertung zu verwechseln. Der zugrunde liegende MAP-Report 939 kann auf der Webseite von Franke und Bornberg (kostenpflichtig) bestellt werden.