Versicherungsbote: Die Beitragseinnahmen sind erneut gestiegen. Inwieweit resultiert dieses Wachstum aus tatsächlichem Neugeschäft bzw. welchen Anteil haben Beitragserhöhungen daran?​

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Tobias von Mäßenhausen: Unser Wachstum ist im Wesentlichen auf ein sehr erfolgreiches Neugeschäft über dem Marktniveau zurückzuführen. Beitragsanpassungen haben zu einem geringen Anteil beigetragen.

Ihr Jahresüberschuss wuchs auf 37,5 Millionen Euro. Worauf führen Sie die guten Zahlen zurück?​

Vor allem das versicherungstechnische Ergebnis hat zum erfolgreichen Geschäftsjahr 2024 geführt. Zu den Erfolgsfaktoren gehören ein konsequentes und diszipliniertes Underwriting und ein intelligentes Schadenmanagement, das den Kundenbedarf in den Mittelpunkt stellt. Hierdurch konnten wir eine sehr gute Ertragskraft entwickeln. Hinzu kommt das Ergebnis aus Kapitalanlagen, welches ebenfalls einen maßgeblichen Beitrag geleistet hat.

Die Anzahl der gemeldeten Leistungsfälle stieg leicht auf 432.931, während die Leistungen an Kunden auf 269,5 Millionen Euro zunahmen. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Schaden-Kosten-Quote stabil zu halten?​

In den Verwaltungskosten setzen wir unseren Kurs der Disziplin fort. Bei den Schadenaufwänden setzen wir weiterhin auf die Weiterentwicklung außergerichtlicher Konfliktlösungsangebote. Diese führen häufig zu schnelleren und für die Kund:innen zufriedenstellenden Ergebnissen. Gleichzeitig führen diese Lösungen zu geringeren Schadenaufwänden und sind deswegen auch aus Unternehmenssicht interessant.

Die Verwaltungskosten stiegen leicht auf 43,9 Millionen Euro. Welche Faktoren haben zu diesem Anstieg geführt und wie sollen die Verwaltungskosten zukünftig wieder verbessert werden?

Insbesondere haben wir in 2024 Personal im operativen Kunden- und Vermittlerservice aufgebaut, um den gestiegenen Serviceanforderungen wie auch unserem erfolgreichen Stückwachstum gerecht zu werden. Neben dem Personalaufbau haben wir die Gehälter unserer Belegschaft angehoben. Das spiegelt sich natürlich in den leicht gestiegenen Verwaltungskosten wider. Die Kostenquote ist im vergangenen Jahr erneut gesunken und stellt auch künftig ein wesentliche Steuerungsgröße für uns dar.

Wie entwickelt sich das Verhältnis von gerichtlichen zu außergerichtlichen Streitfällen bei Ihnen, und wie wirkt sich das auf Ihre langfristige Kostenstruktur aus?

Unser strategisches Ziel ist es, gerichtliche Auseinandersetzungen durch Konfliktvorbeugung und außergerichtliche Konfliktbeilegung zu verringern. Dies stützt sich auf unsere Beobachtung, dass in den meisten Fällen eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht der kundenfreundlichste Weg der Konfliktlösung ist. Selbstverständlich sind wir vollumfänglich für unsere Kund:innen da und begleiten sie auch weiterhin bei der gerichtlichen Konfliktlösung. In 2024 haben wir rund die Hälfte der gemeldeten Konflikte außergerichtlich gelöst.

In welchen Bereichen sehen Sie aktuell den größten Bedarf für Innovation in der Rechtsschutzversicherung?

Wir setzen uns für ein besseres Miteinander ein und sehen hier eine Vielzahl von Möglichkeiten, die unseren Kund:innen helfen: Vor allem bei Services, die langwierige und belastende Gerichtsverfahren vermeiden, sehe ich Innovationsbedarf. Dadurch werden dann auch All Risk Lösungen rund um das Thema Konflikte vorstellbar.

Auch neue rechtliche Rahmenbedingungen bieten immer eine Chance für Produktentwicklung. Besonders die Herausforderungen aus der Digitalisierung und die Anforderungen, die sich aus dem Datenschutz ergeben, bieten Raum für bedarfsgerechte Innovationen für Privat- und Gewerbekunden.

Welche Herausforderungen ergeben sich durch steigende Komplexität im Rechtssystem für Ihre Produkte und die Schadenbearbeitung?

Die Möglichkeit, Schäden über Marketingmaßnahmen anzuwerben, sprich „Claims Fishing“, belasten die Rechtsschutzversicherer und die Versicherten. Die Versicherer, weil hier unnötig Kosten produziert werden, und die Versicherten, weil Erwartungen entstehen, die in der Regel nicht ansatzweise realistisch sind. Gleichzeitig liegt es natürlich in unserer DNA als Rechtsschutzversicherer, dass wir uns auf neue rechtliche Rahmenbedingungen einstellen.

Wie bewerten Sie das Risiko zunehmender Rechtsstreitigkeiten in Bereichen wie Datenschutz oder Mietrecht – und wie reagieren Sie produktseitig darauf?

Insbesondere im Bereich Mietrecht und Datenschutz sind wir produktseitig umfangreich aufgestellt und bieten unseren Kunden nachhaltige Konfliktunterstützungsangebote an. Auch das bereits erwähnte Claims Fishing lässt das Risiko für zunehmende Rechtsstreitigkeiten ansteigen.

Aufgrund dieser Rahmenbedingungen wird es immer wichtiger, dass sich Kund:innen zuerst an ihren Versicherer wenden – nur dort erhalten sie adäquate und servicestarke Lösungen. Dann kommt es in neuen Bereichen erst gar nicht zu ausufernden Rechtsstreiten, die in der Sache häufig weder volkswirtschaftlich und gesellschaftlich förderlich sind noch im Sinne der Kund:innen zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Tarifangebot wettbewerbsfähig bleibt, ohne übermäßige Risiken ins Portfolio aufzunehmen?

Wir nehmen neue Bereiche behutsam ins Portfolio auf und suchen nach innovativen, aber kontrollierbaren Lösungen. Mit wachsender Erfahrung erweitern wir dann diese Lösungen. So ist es uns zum Beispiel gelungen, den Firmenvertragsrechtsschutz wieder breit anbieten zu können. Darüber hinaus stellen wir unseren Kund:innen mit unseren Konfliktlösungsangeboten auch für nicht versicherte Risiken ein Angebot an die Seite.

Wie entwickeln sich die Vertriebskanäle, insbesondere das Maklergeschäft, und wie wollen Sie Ihre Partner noch stärker unterstützen?

Wir wachsen in allen Vertriebskanälen, aktuell am stärksten im Digitalvertrieb und im Maklervertrieb. Wir haben gerade massiv in Betreuungskapazitäten für Maklerinnen und Makler investiert und werden wieder sehr viel stärker vor Ort präsent sein. Daneben sorgen wir für reibungslose digitale Prozesse – in dem wir verstärkt in BiPRO investieren. So begegnen wir unseren Partner:innen überall da, wo sie unterwegs sind - bei Pools, auf Vergleichsplattformen, in Verbünden oder ganz individuell.

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