Zweistufiger GKV-Stabilitätspakt vorgeschlagen
Zur Lösung der Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Krankenversicherung fordert der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit eine „Zeitenwende für Gesundheit und Pflege“ und schlägt einen zweistufigen GKV-Stabilitätspakt vor. „Die jahrelange Unterfinanzierung der GKV muss endlich beendet werden“, fordert Storm. So müssten den Kassen zum Beispiel die ihnen zustehenden Ausgaben für die Versicherung von Bürgergeldempfängern und -empfängerinnen in Höhe von aktuell 9,2 Milliarden Euro jährlich vom Bund erstattet werden. Ferner müsse der Bundeszuschuss für die GKV dynamisiert und jährlich angepasst werden. „Beide Forderungen stehen im Koalitionsvertrag der Ampel, wurden aber nicht umgesetzt“, kritisiert der DAK-Chef. Allein durch ein Ende der Unterfinanzierung könne der drohende Beitragssatzanstieg in der GKV langfristig um 0,6 Prozentpunkte reduziert werden.
- Explodierende Sozialbeiträge: Droht eine massive Kostenlawine bis 2035?
- Zweistufiger GKV-Stabilitätspakt vorgeschlagen
Beitragsbelastung könnte bis 2035 von 19,3 auf 16,5 Prozent sinken
Neben dem Ende der Unterfinanzierung schlägt Storm vor, die Ausgabendynamik der gesetzlichen Krankenkassen strukturell zu begrenzen. „Die Ausgaben der GKV sollten sich künftig an der durchschnittlichen Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen orientieren“, erklärt der DAK-Chef. Durch eine solche „dynamische Ausgabendeckelung“ könne der Beitragsanstieg bis 2035 um gut zwei Beitragspunkte reduziert werden. „Das ist sehr ambitioniert. Aber die Begrenzung der Ausgabendynamik ist machbar.“ Eine einnahmeorientierte Ausgabenpolitik setzt zum Beispiel voraus, dass die gesetzlichen Krankenkassen nicht – wie von der Ampel geplant – mit jährlich 2,5 Milliarden Euro zur Finanzierung des Transformationsfonds bei der Krankenhausreform herangezogen werden. Auch die Einführung von vertraulichen Erstattungspreisen für Arzneimittel, die ein enormes Ausgabenpotenzial haben, wäre mit einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik nicht vereinbar, so der DAK-Chef. Durch den vorgeschlagenen zweistufigen GKV-Stabilitätspakt könne der drohende Beitragssatzanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung bis 2035 vermieden und auf 16,5 Prozent begrenzt werden.
Anzeige
Pflege: „Bund ist seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen“
Laut IGES-Projektion wird der Beitragssatz in der Sozialen Pflegeversicherung 2025 auf 3,6 Prozent steigen und damit um 0,2 Prozentpunkte über dem regulären Beitragssatz in diesem Jahr liegen. Bis zum Jahr 2030 ist nach Berechnungen im Basisszenario mit einem weiteren Anstieg um 0,5 Prozentpunkte auf 4,1 Prozent zu rechnen. Dieses Niveau werde bis 2035 stabil bleiben. „Die aktuellen Finanzierungsprobleme der Pflegeversicherung sind dadurch begründet, dass der Bund seinen im Koalitionsvertrag formulierten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist“, erklärt DAK-Chef Andreas Storm. Eine Entlastung um vier Milliarden Euro könnte dadurch erreicht werden, wenn etwa die Rentenversicherungsbeiträge von Pflegepersonen getragen und die Heimbewohner und -bewohnerinnen um die Ausbildungskosten entlastet würden. So könnten die Beiträge in der sozialen Pflegeversicherung bis 2035 von 4,1 auf 3,7 Prozent sinken. „Aktuell veröffentlichte Horrorszenarien für die Beitragsentwicklung in der Pflegeversicherung sind völlig unrealistisch und machen den Menschen unnötig Angst“, so Storm. „Die vorliegenden Berechnungen zeigen vielmehr, dass eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung nicht am erforderlichen Finanzbedarf scheitern muss.“
In der Arbeitslosenversicherung (ALV) geht laut IGES-Projektion der Beitragssatz zunächst von aktuell 2,6 Prozent bis 2027 auf 2,5 Prozent zurück. Bis 2035 ist dann mit einem Anstieg auf 3,0 Prozent zu rechnen. In der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ist gemäß mittelfristiger Finanzplanung und dem geplanten „Rentenpaket II“ mit einem Beitragsanstieg von derzeit 18,6 Prozent auf 20,6 Prozent im Jahr 2030 zu rechnen. Bis 2035 wird ein weiterer Anstieg der Rentenbeiträge auf 22,3 Prozent erwartet.
Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den IGES-Projektionen für die Beitragsentwicklung in der Sozialversicherung sind aus Sicht der DAK-Gesundheit für die Vorbereitung notwendiger Sozialreformen nach der nächsten Bundestagswahl eine wichtige Grundlage. Abschließend fordert Vorstandschef Andreas Storm: „Die Bundesregierung sollte jährlich einen Sozialversicherungsbericht vorlegen, der eine Projektion der voraussichtlichen Beitragsentwicklung für einen Zehnjahreszeitraum unter Betrachtung verschiedener Szenarien enthält.“
Anzeige
Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, das DAK-Chef Storm vor massiven Beitragssteigerungen warnt. Erst im April diesen Jahres prognostizierte er wachsende Kosten im Gesundheitsbereich (Versicherungsbote berichtete). Auch der GKV-Spitzenverband meldete kürzlich alarmierende Zahlen zur Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (Versicherungsbote berichtete).
- Explodierende Sozialbeiträge: Droht eine massive Kostenlawine bis 2035?
- Zweistufiger GKV-Stabilitätspakt vorgeschlagen