Nachdem tagelanger Dauerregen über Weihnachten und Neujahr in vielen Bundesländern erneut hohe Hochwasserschäden verursacht hat, wurde in der Politik schnell wieder über eine Pflichtversicherung für Elementarschäden diskutiert. Im besonders betroffenen Bundesland Niedersachsen besitzen nur 35 Prozent der privaten Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung und können sich damit darauf verlassen, dass der Versicherer für die entstandenen Schäden aufkommt.

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Schnell wurden wieder Rufe nach staatlichen Hilfen von Bund und Ländern laut. Das wiederum rief den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auf den Plan. Er verwies darauf, dass in seinem Bundesland zwar 94 Prozent der Hausbesitzer versichert seien, die Soforthilfen aber so viel Geld bänden, dass Länder und Kommunen für andere Investitionen kaum noch handlungsfähig seien. „Ich finde, das geht einfach nicht. Dass jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht ist“, sagte Kretschmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und erinnerte Justizminister Marko Buschmann (FDP) daran, dass die Länder die Bundesregierung aufgefordert hätten, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Buschmann lehnt eine Versicherungspflicht jedoch ab.

190 Euro „Einheitsprämie“ für Elementarschadenpflichtversicherung

Doch was bringt eine solche Versicherungspflicht - und ist sie überhaupt erstrebenswert? Zwei Hoffnungen sind damit verbunden: Zum einen, dass nahezu jedes Haus in Deutschland gegen solche Risiken versichert ist und die Durchdringungsrate sich der 100-Prozent-Marke nähert. Dann müssten Bund und Länder weniger mit Steuergeldern einspringen, wenn ein Unwetter hohe Schäden verursacht. Und zum anderen, dass ein solcher Schutz für alle bezahlbar wird: auch für diejenigen, die ihre Immobilie in einem hochwassergefährdeten Gebiet haben. Wird das Risiko auf mehr Schultern verteilt, so der Gedanke, wird ein Elementarschutz auch für gefährdete Immobilien erschwinglich.

Das Aktuarhaus Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) hat nun berechnet, was es die Hausbesitzer kosten würde, wenn es eine Art Einheitsprämie für eine Elementarschaden-Pflichtversicherung geben würde. Die Ergebnisse stellte MSK-Beraterin Carina Götzen Mittwoch letzter Woche bei einem Pressegespräch vor, wie das Versicherungsjournal berichtet.

Müssten alle Gebäude in Deutschland gegen die finanziellen Folgen von Starkregen, Hochwasser und Rückstau versichert werden, würde demnach eine Einheitsprämie von 190 Euro pro Jahr ausreichen. „An der Kalkulation wird eine elementare Pflichtversicherung nicht scheitern“, wird Götzen zitiert. Ein Selbstbehalt könnte diese Prämie noch einmal drücken, wurde hierbei aber nicht eingerechnet.

Verlierer einer solchen Einheitsprämie wären jene Hauseigentümer, deren Immobilie sich an einem wenig gefährdeten Standort befindet: der Hochwassergefährdungsklasse 1 oder 2. Häuser mit geringem Risiko seien demnach schon für eine Jahresprämie zwischen 80 Euro und 120 Euro versicherbar. Für mindestens acht von zehn Hausbesitzern könnte sich die Versicherungsprämie für den Elementarschutz verteuern.

Doch die Berechnungen des Aktuarhauses zeigen auch, wie groß die Spannbreite bei den Prämien ist. So müssten Hausbesitzer in gefährdeten Risikozonen Zürs 3 und 4 zwischen 2.600 und 3.000 Euro Jahresprämie einkalkulieren, wenn sie Elementarschaden mitversichern wollen. Für viele ist das unerschwinglich. Sogar ein vereinbarter Selbstbehalt von 50.000 Euro würde hier die Prämie nur um 30 Prozent senken, ein Selbstbehalt von 100.000 Euro um 42 Prozent. Oft sei die Elementarversicherung auch nur unter Ausschluss des Hochwasserrisikos erhältlich.

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Ausgerechnet in diesen gefährdeten Risikozonen sei die Absicherung besonders gering, berichtete Carina Götzen laut „Versicherungsjournal“. Die Versicherungsquote für die Zürs-Klasse 3 liege bei rund 15 Prozent, für die Klasse 4 bei rund zehn Prozent. Hier ist allerdings an einen Einwand der Versicherungswirtschaft zu erinnern: Wenn alle Häuser problemlos versicherbar wären, würde womöglich mehr in hochwassergefährdeten Gebieten gebaut, hatte der Versicherungsverband GDV mehrfach zu bedenken gegeben. Und auf Änderungen in den Bauordnungen und auf mehr Vorsorge gedrängt. Denn sorgloses Bauen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten bedeutet im Zweifelsfall nicht nur ein Risiko für hohe Sachschäden - sondern auch für Menschenleben.

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