Die deutsche Gesellschaft altert: Das belastet nicht nur die Renten- und Sozialversicherung, sondern droht auch, den ohnehin bestehenden Fachkräftemangel in Deutschland zukünftig deutlich zu verschärfen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes werden in den kommenden 15 Jahren mehr als 13 Millionen Menschen dem Arbeitsmarkt verloren gehen und in den Ruhestand wechseln. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will dem Problem nun entgegenwirken, indem er mehr Seniorinnen und Senioren dazu motivieren will, auch jenseits des regulären Renteneintrittsalters weiter im Unternehmen zu bleiben.

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Das „Handelsblatt“ berichtet derzeit vorab über den neuen Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, der unter der Federführung von Habecks Ressort erstellt wird. Darin wird empfohlen, künftig zusätzliche Anreize für Beschäftigte im Rentenalter zu schaffen. Habeck schlägt vor, die Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze nur noch von den Arbeitgebern gezahlt werden, direkt an die Beschäftigten im Rentenalter auszahlen zu lassen. Das könne ein zusätzliches Einkommen von mehreren hundert Euro im Monat bedeuten.

Hintergrund ist, dass Arbeitgeber bisher weiterhin Beiträge in die Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzahlen müssen, wenn ihre Angestellten das Rentenalter schon erreicht haben. Die Beschäftigten selbst sind allerdings davon befreit, ihren Anteil abzuführen. Mit Habecks Vorschlag würde der Arbeitgeberanteil nicht mehr in die Sozialversicherung fließen und stattdessen direkt an die arbeitenden Seniorinnen und Senioren ausgezahlt. Der Clou: Den Arbeitgebern entstehen gegenüber dem Status Quo keine Mehrkosten. Alternativ dazu sei auch ein steuerlicher Freibetrag für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte oberhalb der Regelaltersgrenze denkbar.

Das Papier schlägt weitere Anreize vor, die dazu beitragen sollen, mehr Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen. Bei Geringverdienern will Habeck zum Beispiel „negative Erwerbsanreize“ verringern, indem „Transferentzugsraten“ gesenkt werden, berichtet das „Handelsblatt“. Hinter diesen technischen Begriffen steckt, dass Menschen mit kleinen Einkommen oft finanziell schlechtergestellt werden, wenn sie mehr und länger arbeiten: etwa, weil sie dann höhere Steuern zahlen müssen oder sie ihr Anrecht auf Sozial- und Transferleistungen verlieren. Hier sollen Leistungen wie Bürgergeld, das Wohngeld oder der Kinderzuschlag besser aufeinander abgestimmt werden. Die Empfehlungen gehen auf eine Studie des ifo-Institutes und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zurück.

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Zudem sollen Flüchtlinge weniger bürokratische Hürden überwinden müssen, wenn sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit ergreifen wollen. Aktuell sehen sie sich noch mehreren Hindernissen ausgesetzt: unter anderem prüft die Bundesagentur für Arbeit (BA) mehrfach, ob die Beschäftigten gegenüber deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schlechter gestellt werden. Auch ist die Anerkennung bestehender Berufsabschlüsse unflexibel und arbeitsintensiv: Viele Flüchtlinge arbeiten laut einer Mercator-Studie nur in Hilfstätigkeiten, obwohl sie aus ihrem Heimatland einen qualifizierteren Abschluss mitbringen. Hier sollen zumindest tarifgebundene Unternehmen Erleichterungen erfahren, wenn sie Menschen aus dem Ausland neu einstellen wollen.

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