Hohe Inflation und steigende Schadenkosten sorgen derzeit für gedrückte Stimmung in den Vorstandsetagen der Versicherer. Das zeigt nicht nur der aktuelle Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts, bei dem die Werte für die aktuelle Geschäftslage und die erwarteten Leistungsausgaben tief im negativen Bereich liegen. Auch auf dem Handelsblatt Insurance Summit 2023, der am Dienstag und Mittwoch in Düsseldorf stattfand, war die Krisenstimmung greifbar.

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Klaus-Jürgen Heitmann, Chef von Deutschlands größtem Autoversicherer HUK-Coburg, betonte auf der Veranstaltung, dass die Kfz-Versicherer ihre Prämien deutlich anheben müssten: und dennoch im kommenden Jahr höchstwahrscheinlich Verluste schreiben würden. "Der Markt in Deutschland ist brachial", zitiert ihn das Handelsblatt. Demnach rechnet Heitmann in der Kfz-Versicherung in diesem Jahr mit einer Schaden-Kosten-Quote von 110 bis 115 Prozent. Das heißt: Jedem eingenommenen Euro stehen 1,15 Euro Ausgaben für Schäden und Verwaltung gegenüber.

Die Versicherer befinden sich dabei in einer schwierigen Situation: Inflation und steigende Kosten belasten auch die Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich auch bei den Ausgaben für Versicherungen zurückhalten und möglichst sparen wollen. Das führt zu einem teilweise verbittert geführten Preiskampf, der verhindert, dass die Prämien im ausreichenden Maße angepasst werden. In der Folge werden die Autoversicherer auch im kommenden Jahr rote Zahlen schreiben, prognostiziert Heitmann. „Da auch die Schadenkosten sicherlich weiter steigen werden, laufen die Versicherer der Entwicklung aber noch einige Zeit hinterher“, sagt der 55-jährige. Zudem haben die Rückversicherer ihre Prämien angehoben, mit denen die Versicherer selbst größere Schäden absichern.

Während in der Kfz-Versicherung eine Versicherungspflicht besteht, spüren die Versicherer die Zurückhaltung in anderen Sparten deutlich. In der Lebensversicherung ist das Neugeschäft bereits 2022 deutlich eingebrochen: auch weil die Sparerinnen und Sparer mit steigenden Zinsen am Kapitalmarkt wieder mehr Alternativen haben. Und weil die Versicherungspflichtgrenze 2024 ebenfalls deutlich steigt, von 66.600 Euro Jahreseinkommen auf 69.300 Euro im Jahr 2024, schrumpft der Kreis potenzieller Neukunden für die private Krankenvollversicherung. Arbeitnehmer müssen dann bereits ein monatliches Einkommen von 5.775 Euro haben, um von einer gesetzlichen Krankenkasse zu einem privaten Versicherer wechseln zu können.

Generali-Deutschland-Chef Liverani: Staatliche Unterstützung für Elementarschutz

Ein besonderes Augenmerk gilt auch der Wohngebäudeversicherung, wo die Versicherer ebenfalls auf steigende Preise blicken. Handwerker-Leistungen verteuern sich ebenso wie Baumaterialien, zudem erschwert der Fachkräftemangel die schnelle Regulierung von Schäden.

Vor allem der Elementarschutz steht hier im Fokus: Hausbesitzer sollen und wollen sich gegen Schäden aus Naturgefahren absichern. Die privaten Versicherer sehen sich damit konfrontiert, dass ihnen auch eine gesellschaftliche Funktion zugeschrieben wird: eben die Absicherung von Risiken, die auch existenzbedrohend sein können. Aus Sicht von Giovanni Liverani, Deutschland-Chef der Generali, können die Versicherer diese Aufgabe angesichts zunehmender Naturgefahren nicht mehr allein bewältigen. "Bei der Absicherung von Naturgefahren braucht es eine Kombination aus privatwirtschaftlichen Versicherungslösungen und einer staatlichen Unterstützung", zitiert ihn das "Handelsblatt". Höhere Prämien allein könnten das Problem aber nicht lösen, notwendig sei auch mehr Prävention.

Die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA hat die Elementarschäden auf ihre Agenda gesetzt: Und will beobachten, ob die Branche selbst dazu beiträgt, dass Hausbesitzer nicht ausreichend vorsorgen. Eiopa-Chefin Petra Hielkema kritisierte am Montag laut „Handelsblatt“, dass europaweit bislang nur 25 Prozent der Schäden aus Naturkatastrophen versichert seien. Bereits im April hatte sich ein Papier der Behörde mit dem Thema befasst, die EIOPA will die Entwicklung mit einem Dashboard evaluieren. Dass es ohne staatliche Unterstützung nicht geht, zeigt die Tatsache, dass die Frankfurter Behörde auch Kumulrisiken wie Dürreperioden berücksichtigt, die von der Privatwirtschaft nicht oder nur sehr begrenzt abgesichert werden.

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