Im Jahr 2022 haben die Deutschen wieder weniger für Versicherungen ausgegeben als im Jahr zuvor. Die sogenannte Versicherungsdichte sank von 2.714 Euro auf 2.647 Euro, so berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in seinem aktuellen Statistischen Taschenbuch. Die Versicherungsdichte gibt die gebuchten Bruttobeiträge der Erstversicherer in Relation zur Einwohnerzahl an. Auf die Daten macht am Montag das Versicherungsjournal aufmerksam.

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Im Jahr zuvor war allerdings auch ein Rekordstand erreicht worden, nachdem die Versicherungsdichte fünf Jahre in Folge stieg. Im Jahr 2012 lag die Versicherungsdichte beispielsweise bei 2.255 Euro: das war fast ein Sechstel bzw. 16,91 Prozent weniger.

Die Gründe für diese Entwicklung lassen sich aus den Zahlen nicht ableiten. Die Versicherungsdichte selbst lässt keine Rückschlüsse auf die Entwicklung des Neugeschäfts der Versicherer zu. Sie kann beispielsweise auch steigen, wenn Versicherer ihre Prämien im Bestand erhöhen, um steigende Schadenkosten an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Zum Jahreswechsel 2021/22 hatten die Versicherer ihre Prämien in einigen Segmenten zum Teil bereits deutlich angehoben: etwa in der Wohngebäudeversicherung, wo sich die Branche durch Naturkatastrophen wie das Hochwasser im Ahrtal mit Rekordschäden konfrontiert sah. Auch Beitragsanpassungen in der Krankenvollversicherung können dazu beitragen, dass sich die Versicherungsdichte erhöht.

Die Lebensversicherung schwächelt

Die Daten zeigen aber auch: eine Ursache für die niedrigere Versicherungsdichte ist die schwächelnde Lebensversicherung. In dieser Sparte sank die Versicherungsdichte deutlich, von 1.240 Euro pro Kopf auf 1.151 Euro im Jahr 2022. Das wirkt sich auf die gesamte Versicherungsdichte deutlich aus, da in den anderen Sparten deutlich weniger Bruttobeitrag pro Kopf ausgegeben wird. In der privaten Krankenversicherung stieg die Versicherungsdichte von 545 Euro auf 558 Euro. Auch im Schaden/Unfall-Segment legte sie zu: von 929 Euro auf 938 Euro.

Versicherungsdichte und -durchdringung nach Sparten.GDV

Tatsächlich war das Jahr 2022 für die Lebensversicherer ein sehr schwieriges. Die Lebensversicherungen, Pensionskassen und -fonds verzeichneten 2022 einen Rückgang der Beitragseinnahmen von 5,9 Prozent auf 97,1 Milliarden Euro, wie aus der GDV-Publikation „Lebensversicherung in Zahlen 2023“ hervorgeht. Das resultiert vor allem daraus, dass Lebensversicherungen gegen Einmalbeitrag weniger nachgefragt und auch angeboten wurden. Auch aufgrund der Zinsentwicklung verringerte sich der Einmalbeitrag um 17,7 Prozent auf 30,7 Milliarden Euro. Die laufenden Beiträge stiegen mit 66,5 Milliarden Euro eingesammeltem Beitrag hingegen leicht an.

Auch die PKV-Geschäft gestaltete sich durchwachsen. In der privaten Krankenvollversicherung haben die Versicherer im Geschäftsjahr 2022 unter dem Strich Krankenvollversicherte verloren und musste diesbezüglich bereits das elfte Mal in Folge Verluste hinnehmen. Demnach sank die Zahl der Versicherten um 0,16 Prozent, auch wenn wieder mehr Personen von der GKV in die PKV gewechselt sind. Positiv gestaltete sich hingegen das Geschäft mit Krankenzusatzversicherungen. So zählte die Branche zum Jahresende 2022 in Summe 29,1 Millionen Zusatzpolicen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Plus von 2,1 Prozent.

Für die Schwäche der Lebensversicherung werden an anderer Stelle verschiedene Gründe genannt. Der russische Angriffskrieg und die wirtschaftlichen Folgen führten dazu, dass die Deutschen durch eine Rekordinflation heimgesucht wurden: und sich ein Teil der Bürgerinnen und Bürger auch gezwungen sah, schnell frisches Geld zu beschaffen und Sparverträge aufzulösen. Hier gilt es zu relativieren: Die Stornoquote in der Lebensversicherung sank nach GDV-Zahlen sogar von 2,57 Prozent auf 2,51 Prozent.

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Aber speziell das Neugeschäft schwächte und brach um fast 60 Prozent ein. Infolge der gestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt haben die Bürgerinnen und Bürger wieder mehr Alternativen bei der Geldanlage. Ein weiterer möglicher Grund: die demografische Entwicklung. Auch wenn dies branchenintern selten thematisiert wird, so altern auch die Lebensversicherungs-Kunden bzw. wechseln in die Rentenphase. Ein Indiz dafür ist, dass die ausgezahlten Leistungen im Berichtsjahr deutlich gestiegen sind: um 5,4 Prozent auf 91,2 Milliarden Euro. Das Analysehaus GapGemini warnt in einer aktuellen Studie, die Lebensversicherer in den Industrienationen hätten ein 7,8 Billionen Dollar schweres Demografieproblem, da Versicherungsnehmer im Alter von über 65 Jahren bereits rund 40 Prozent des verwalteten Vermögens bei den Versicherern halten.

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