Die deutschen Kfz-Versicherer werden in diesem Jahr voraussichtlich einen Verlust von mehr als 2,5 Milliarden Euro machen. Das zeigt eine aktuelle Hochrechnung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die Autofahrer zahlen in diesem Jahr für die Absicherung ihrer Fahrzeuge rund 30,2 Milliarden Euro – aber die Versicherer müssen über 32,8 Milliarden Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben. Unter dem Strich stehen jedem eingenommenen Euro Ausgaben von 1,09 Euro gegenüber“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

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Ein Grund sei die hohe Inflation. Der GDV rechnet damit, dass die Einnahmen der Kfz-Versicherer in diesem Jahr um 3,7 Prozent steigen, die Ausgaben jedoch sogar um zwölf Prozent zulegen, insbesondere wegen hoher Reparaturkosten. „Sowohl die Ersatzteile als auch die Arbeit in den Kfz-Werkstätten werden immer teurer“, so Asmussen. Dieser Trend zeige sich bereits seit Längerem. „Im vergangenen Jahr dürfte ein durchschnittlicher Sachschaden in der Kfz-Haftpflichtversicherung von Pkw mit rund 3.700 Euro zu Buche geschlagen haben – 2013 waren es noch 2.400 Euro“, berichtet der Verbandschef. Zudem sei die Zahl der Schäden wieder angestiegen, nachdem die Corona-Pandemie mit ihren Mobilitätseinschränkungen zunächst einen Rückgang bewirkt hatte.

Für die Kundinnen und Kunden bedeutet das nichts Gutes. Die Kfz-Versicherer seien gezwungen die Prämien anzupassen, wenn sie aus der Verlustzone kommen wollen. „Selbstverständlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Schäden und den Beiträgen für eine Kfz-Versicherung“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. Allerdings sei es die individuelle Entscheidung der Unternehmen, ob und wie sie die Prämien anpassen.

Harter Preiskampf zwischen Kfz-Versicherern

Hier war in den letzten Jahren zu beobachten, dass einige Versicherer sogar Verluste im versicherungstechnischen Ergebnis in Kauf nahmen, um sich im Wettbewerb um günstige Prämien behaupten zu können. Gerade in der Kfz-Versicherung sind Kundinnen und Kunden sehr preissensibel, was auch durch viel Werbung zur Wechselsaison und Vergleichsportale wie Check24 und Verivox geschürt wird. Speziell zwischen den Marktführern HUK-Coburg und Allianz tobt ein teils erbitterter Kampf um die Vorherrschaft auf dem Kfz-Versicherungsmarkt. Dabei setzt die HUK auf günstige Prämien. Unter Umständen können die Versicherer die Verluste im Versicherungsgeschäft durch die Erträge ihrer Geldanlagen abfedern.

Warum aber nehmen die Anbieter Verluste im Kfz-Bereich in Kauf? Hier muss man die Funktion der Kfz-Versicherung verstehen. Sie ist schon aufgrund der Versicherungspflicht ein Einstiegsprodukt, mit dem die Versicherer für ihre Marke werben und eine positive Bindung aufbauen können. Das erhöht die Chance, die Kundin bzw. den Kunden auch für andere Versicherungsarten zu gewinnen - wenn sie zufrieden sind. Es geht also um Prestige und Kundenbindung. Um die Kosten zu senken, reagieren Versicherer mit Maßnahmen wie Werkstatt-Kooperationen oder sogar dem Aufbau eigener Werkstatt-Netze. Auch Kooperationen mit Autoherstellern sind häufig zu beobachten: So kooperiert zum Beispiel die Allianz mit Volvo und Audi.

Die steigenden Schadenskosten haben aber weitere Ursachen. Wiederholt haben die Versicherer ein Quasi-Monopol der Autohersteller für sichtbare Ersatzteile beklagt. Das heißt, die Werkstätten dürfen nur Originalteile der Autobauer verarbeiten: und die Hersteller können die Preise für Ersatzteile eigener Modelle nahezu nach Belieben diktieren. Auch verteuert der technische Fortschritt die Reparaturen. Schon bei Bagatellschäden müssen oft große Teile ausgebaut werden, wenn Fahrassistenten, Kameras am Fahrzeug und andere digitale Helfer Schaden nahmen: Und diese sind nur teuer zu ersetzen. Ein weiterer Preistreiber sind Schäden aus Naturereignissen: Nehmen Wetterereignisse wie Hagel oder Überschwemmungen nach Starkregen zu, dann wird es für die Versicherer teurer.

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