Wer ein höheres Renteneintrittsalter befürwortet, stützt sich dabei gern auf Mathematik und Demografie. Ein rhetorischer Kniff, um der eigenen Argumentation die Wirksamkeit von Naturgesetzen zu verleihen. Zuletzt wandte der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel diesen ‚Trick‘ an: Mathematik und Demografie würden zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit „zwingen“ (Versicherungsbote berichtete).

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Am 12. Mai 2023 präsentierte Dr. Reinhold Thiede, Leiter des Geschäftsbereichs Forschung und Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung Bund, auf einem Presse-Seminar allerdings Zahlen, wonach die Rentenkasse durch die Alterung der Gesellschaft weniger stark belastet wird, als bisher angenommen.

Im Kern geht es um die Frage, wie sich das Verhältnis von Rentenempfängern und Menschen im Erwerbsalter in Zukunft entwickelt. Und diesbezüglich verwies Thiede auf die 15. Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, wonach sich dieses Verhältnis nicht so negativ entwickelt wie in den vergangenen Jahren befürchtet.

Verglichen mit den Vorausberechnungen von 2015, halbiere sich der Anstieg der demografischen Belastung bis 2060, so Thiede. Auf 100 Menschen im Erwerbsalter würden bis 2060 45 Menschen im Rentenalter kommen. Bislang gingen die Vorausberechnungen von 50 bis 55 Menschen im Rentenalter auf 100 Menschen im Erwerbsalter aus.

Die neuen Rechengrundlagen ergeben sich aus weniger optimistischen Prognosen zur Lebenserwartung der Deutschen. 2015 gingen Statistiker davon aus, dass die Lebenserwartung bei Männern von heute 78,5 Jahren auf 86,7 Jahre im Jahr 2060 ansteigen könnte. Mittlerweile geht man „nur noch“ von einem Anstieg auf etwa 84,5 Jahre aus.

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Zudem werde die „demografische Belastung“ auch durch den Renteneintritt mit 67 gedämpft, so Thiede. In seiner Präsentation machte er deutlich, dass der demografische Wandel die Rentenkasse zwar vor Herausforderungen stellt, doch die seien zu bewältigen. „Zwischen 2020 und 2040 kommt es zu einem deutlichen Anstieg der demografischen Belastung. Aber der Anstieg ist nicht stärker als z.B. zwischen den Jahren 1990 und 2010“, hieß es in der Präsentation.

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