Wer eine Firma gründet, könnte spätestens dann mit dem Thema "betriebliche Altersversorgung" (bAV) konfrontiert werden, wenn der erste Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter bzw. einer Mitarbeiterin geschlossen wird und diese(-r) sich nach einer solchen erkundigt. Denn jede abhängig beschäftigte Person hat nach den Bestimmungen des § 1a BetrAVG (Betriebsrentengesetz) einen Anspruch auf die Einrichtung einer bAV durch Entgeltumwandlung. Wird dieser Anspruch geltend gemacht, ist bei der Firma in einem geeigneten Durchführungsweg (Direktzusage, Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungskasse) eine Versorgungszusage einzurichten und über die Versorgungsmodalitäten sowie Art und Umfang der Versorgung zu entscheiden. Neben der gesetzlichen Pflicht können aber auch aus Firmensicht verschiedene weitere Gründe für die Einrichtung einer bAV sprechen. Ein Ziel kann die Mitarbeitergewinnung sein. Denn das Angebot einer attraktiven bAV ist heutzutage in diversen Branchen Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen von Bewerbern als künftiger Arbeitgeber überhaupt in Betracht gezogen wird.

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Michael Gerhard ist Aktuar (DAV) und bei der Longial GmbH im ERGO-Versorgungsträgermanagement tätig.

Doch wie sieht es mit dem Firmengründer selbst aus? Gerade für Gesellschafter bzw. Geschäftsführer besteht oftmals ein besonders hoher Versorgungsbedarf, weil diese Personengruppe in der Regel keine oder nur geringe Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Wer jedoch als Mit-Inhaber einer Firma für sich selbst eine betriebliche Altersversorgung einrichten will, stößt auf vielerlei Hemmnisse. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - was in aller Regel das Ziel sein dürfte - der Aufwand, den das Unternehmen für die betriebliche Altersversorgung treibt, steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden soll. Solche Einschränkungen gibt es bis heute grundsätzlich bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften deutet sich hin-gegen aus der jüngeren Rechtsprechung ein teilweiser Abbau der entsprechenden Hemmnisse an. Grundsätzlich gilt in diesem Zusammenhang Folgendes:

Für Einzelunternehmer und Personengesellschafter gibt es keine sinnvolle Lösung...

Für den Einzelunternehmer gibt es infolge seiner Personalunion mit der Firma keine Möglichkeit, vertragliche Vereinbarungen mit dieser zu schließen. Die Einrichtung einer bAV ist also nicht als Direktzusage, sondern allenfalls über einen externen Versorgungsträger denkbar. Wird dabei eine Direktversicherung abgeschlossen, stellt diese aus steuerlicher Sicht aber stets Privatvermögen dar; Beitragszahlungen sind mithin als Privat-Entnahmen einzuordnen. Der Aufwand für eine bAV – auch über andere externe Versorgungsträger - kann steuerlich für die Einzelfirma daher nicht geltend gemacht werden. Die Einrichtung einer solchen ist damit im Allgemeinen nicht sinnvoll.

Bei Personengesellschaftern im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG mindert der Aufwand für eine dem Mitunternehmer zugesagten bAV zwar den handels- und steuerbilanziellen Gewinn der Gesellschaft. Er wird dem begünstigten Gesellschafter jedoch als Sondervergütung in dessen Sonderbilanz wieder hinzugerechnet. Dort zählt er im Allgemeinen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und als Gewerbeertrag im Sinne des § 7 S. 1 GewStG. Die Summe der steuerlichen Gewinne der Gesellschafter wird insoweit durch die Einrichtung der bAV nicht gemindert. Die Einrichtung einer bAV für Personengesellschafter ist damit letztlich nicht attraktiv.

...während bei Kapitalgesellschaften eine bAV mit steuerlicher Wirkung möglich ist...

Bei Kapitalgesellschaften kann die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung für den Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) mit steuerlicher Wirkung hingegen grundsätzlich möglich und sogar attraktiv sein. Voraussetzung für eine steuerlich begünstigte Versorgungzusage an den GGF ist, dass diese betrieblich (und nicht gesellschaftsrechtlich) veranlasst ist. Hierfür sind bestimmte - von der Rechtsprechung entwickelte - Kriterien einzuhalten. Zu den Kriterien für eine betriebliche (und nicht gesellschaftsrechtliche) Veranlassung zählen u. a. die Ernsthaftigkeit, Finanzierbarkeit, Erdienbarkeit und Angemessenheit der jeweiligen Versorgungszusage.

Aus Sicht von Unternehmensgründern dürfte aber einem Kriterium eine besondere Bedeutung zu-kommen - der Probezeit. Denn nach Auffassung der Finanzverwaltung muss zwischen Firmengründung bzw. Diensteintritt und Zusageerteilung in der Regel ein Zeitraum von fünf bzw. drei Jahren liegen (firmenbezogene Probezeit bzw. personenbezogenen Probezeit) (vgl. BMF-Schreiben vom
14.12.2012 (IV C 2 - S 2742/10 /10001)). Doch ob dieses Kriterium bei jeder Form der betrieblichen Altersversorgung zu beachten ist, steht derzeit auf dem Prüfstand.

...zumindest dann, wenn die Versorgung auf einer Entgeltumwandlung beruht

Hoffnung für Unternehmensgründer erwächst aus dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 16.11.2021 (6 K 2196/17). In dem zu entscheidenden Fall war dem GGF einer GmbH im Wege der Direktzusage eine betriebliche Altersversorgung unmittelbar nach Gründung der Firma erteilt worden. Die Finanzierung erfolgte per Entgeltumwandlung. In diesem Falle waren weder die personenbezogene noch die firmenbezogene Probezeit erfüllt, welche die Finanzverwaltung zur Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Versorgungszusagen machen will. Doch hielt das Gericht dieses Kriterium bei einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusage nicht für einschlägig. Die GmbH trage bei einer solchen - durch Entgeltumwandlung finanzierten - Gestaltung die wirtschaftlichen Folgen der Versorgungszusage nämlich im Wesentlichen nicht selbst. Der GGF disponiere vielmehr lediglich über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Dabei kommt es aus Sicht des Finanzgerichts mithin nicht darauf an, ob dieser seine Eignung für die Tätigkeit bei der GmbH bereits nachgewiesen habe bzw. die GmbH ihre künftige Ertragslage schon sicher abschätzen könne. Die GmbH selbst werde durch eine solche Versorgungszusage letztlich wirtschaftlich nicht belastet. Dies gelte jedenfalls dann, wenn es sich um eine "echte" Entgeltumwandlung handele, also kein überhöhtes Gehalt vereinbart wurde, allein um es im Rahmen der Entgeltumwandlung wieder zu reduzieren.

Die Meinung des Finanzgerichts überzeugt. Schon der Bundesfinanzhof (BFH) - als höchstes deutsches Steuergericht - hatte bereits vor ein paar Jahren geurteilt, dass die für GGF im Rahmen der steuerlichen Anerkennung einer Zusage aufgestellten Kriterien im Fall einer Entgeltumwandlung nicht vollumfänglich eingehalten werden müssen. So war mit dem Urteil des BFH vom 07.03.2018 (IR 89/15) entschieden worden, dass bei einer Entgeltumwandlung die Einhaltung einer zehnjährigen Mindestzusagedauer (als wesentliches Merkmal der Erdienbarkeit einer Zusage) in aller Regel nicht erforderlich ist. Das Finanzgericht hat die bisherige Rechtsprechung des BFH auf das Kriterium der Probezeit schlüssig übertragen. Jedenfalls ist nicht erkennbar, welche Gründe gegen die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung sprechen sollten, wenn kein besonderer Ausnahmetatbestand vorliegt. Ein solcher kann nach dem Urteil des BFH vom 07.03.2018 allenfalls dann gegeben sein, wenn der bAV eine Schein-Entgeltumwandlung zugrunde liegt, durch die Entgeltumwandlung der benötigte finanzielle Rahmen für den laufenden Lebensunterhalt zu sehr eingeschränkt wird oder unübliche Risiko- und Kostensteigerungen für die GmbH entstehen.

Fazit:

Die Erteilung einer Versorgungszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar nach Gründung der Firma - mit steuerlicher Wirkung - scheint nicht länger ausgeschlossen, wenn es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt und die bAV auf einer Entgeltumwandlung beruht. Dies sollten Unternehmensgründer, welche die sofortige Einrichtung einer bAV nach Gründung der Firma wünschen, beachten. In solchen Fällen ist also gegebenenfalls die Rechtsform der UG oder der GmbH anderen Rechtsformen (GbR, KG o. ä.) vorzuziehen. Eine endgültige Entscheidung in dieser Sache wird allerdings der Bundesfinanzhof treffen. Zwar war sich das Finanzgericht seiner Sache sicher und wollte eine Revision nicht zulassen - doch die von der Finanzverwaltung angestrengte Nichtzulassungsbeschwerde hatte Erfolg. Wie man der Homepage des BFH seit März entnehmen kann, ist das Verfahren dort nunmehr in Revision anhängig (AZ.: I R 50/22).


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