Eine kapitalgedeckte Säule wie in Schweden, wo die Beschäftigten 2,5 Prozent des Einkommens verpflichtend in Aktien und Fonds anlegen: mit dieser Idee ist die FDP in den Wahlkampf gestartet. "Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm organisiert werden kann", hieß es hierzu im FDP-Wahlprogramm zur Bundestagswahl. Das Umlagesystem der gesetzlichen Rente, wo immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentnern gegenüber stehen, sollte dabei mit einer kapitalgedeckten Säule ergänzt werden: und den Beschäftigten erlauben, selbst mitzuentscheiden, wo sie ihr Geld anlegen.

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Aus "Aktienrente" wird "Generationenkapital"

Vergangene Woche hat Bundesfinanzminister Christian Lindner die aktuellen Reformpläne vor Start-ups und Finanzexperten in Berlin vorgestellt, wie aktuell die ZEIT berichtet. Doch dabei wurde auch deutlich, dass von den ursprünglichen Plänen nicht viel übrig geblieben ist. Auch, weil die Koalitionspartner in der Regierung ihre eigenen Wünsche hatten.

Von der ursprünglichen Idee, dass die Bürgerinnen und Bürger einen eigenen, aktienbasierten Kapitalstock als Teil der gesetzlichen Rente aufbauen, ist nun nicht mehr viel übrig. Folglich ist das Vorhaben auch nicht mehr mit „Aktienrente“ überschrieben, sondern stattdessen mit „Generationenkapital“. Und da sind die Bürgerinnen und Bürger weitestgehend außen vor, wenn es um das Ansparen eines Kapitalstocks geht.

Die konkreten Pläne: Christian Lindner befürwortet, dass der Bund über einen Zeitraum von 15 Jahren jährlich zehn Milliarden Euro aus dem Staatshaushalt in einen Fonds leitet. Sicher ist diese Summe jedoch noch nicht. Dieser Fonds soll von einer unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Stiftung professionell verwaltet werden. Der angesparte Kapitalstock wird dann ab Mitte der 2030er Jahre verwendet, um die Rentenbeiträge zugunsten der Beschäftigten zu stabilisieren und weniger Bundeszuschuss in die Rentenkasse einzahlen zu müssen. Die ersten Erträge sollen ab 2037 in die Rentenkasse fließen, um die Beitragszahler zu entlasten.

“Generationenkapital“ weit weg von den Vorbildern

Das jetzige Vorhaben überrascht insofern, weil die Pläne mit den Vorbildern nicht mehr viel gemein haben. Tatsächlich kommen die Bürgerinnen und Bürger mit Fonds und Aktien gar nicht in Berührung, der Kapitalstock wird über ihre Köpfe hinweg angespart. Anders als in Schweden, das bei der Vorstellung des Modells von Lindner erneut als Vorbild genannt wurde. Die kapitalgedeckte Säule der Vorsorge ist dort mit „Prämienrente“ überschrieben: dabei können die Schweden entscheiden, ob sie ihr Geld dem Staatsfonds AP7 anvertrauen oder aus über 800 weiteren privaten Anlageprodukten wählen. Die Fondsanteile sind ihnen gesetzlich zugesichert, das heißt, der Staat hat keinen Zugriff darauf. Wo und wie die Schweden investieren, hat direkten Einfluss auf die Höhe ihrer Rente.

Der Widerstand der Koalitionäre gegen die ursprünglichen FDP-Pläne überrascht auch insofern, weil die Aktienrente keineswegs nur auf liberalen Ideen beruht. In Schweden wurde die kapitalgedeckte „Prämienrente“ 1998 unter der sozialdemokratischen Minderheitsregierung von Premierminister Göran Persson beschlossen: ihm standen auch die Linken und Grünen zur Seite. Sie hatten allerdings auch Unterstützung durch Oppositions-Parteien. Die "Prämienrente" ist Aktienbasiertes Anlegen unter erweiterter Aufsicht des Staates, der wesentlich mit entscheidet, welche Geldanlagen die Bedingungen hierfür erfüllen.

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Insofern verwundert es nicht, dass ein ähnliches Modell wie die „Aktienrente“ schon zeitiger vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) präsentiert wurde, dort unter dem Namen „Extrarente“. Nach Vorstellung der Verbraucherzentralen wäre ein Teil des Gehalts automatisch in einen Kapitalstock geflossen, wobei die Beschäftigten per „Opt-out“ hätten widersprechen können. Anders als im jetzigen Modell der Bundesregierung hätte dies auch die Bürgerinnen und Bürger an den Kapitalmarkt herangeführt und entsprechendes Know-how vermittelt. So wurde zum Beispiel in Schweden die Einführung der "Prämienrente" mit Kursen und Aufklärungs-Projekten zum Aktien-Investment begleitet. Hier entpuppt sich die deutsche Bevölkerung nach wie vor als muffelig: nur etwa zwölf Prozent der Bevölkerung investieren derzeit in Fonds und Aktien.