2014 hatte das Bundesverfassungsgericht die Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzgebung für verfassungswidrig erklärt. Das hat dazu geführt, dass die Regelungen, dass entweder 85 Prozent oder 100 Prozent des Vermögens erbschaftsteuerfrei übertragbar waren, je nachdem, ob eine fünf- oder siebenjährige Haltefrist am Unternehmen seitens des Erben oder des Beschenkten wahrgenommen wurde, nur noch unterhalb der Grenze von 26 Millionen Euro pro Erb- beziehungsweise Schenkungsvorgang gelten.

Anzeige

Das bedeutet: Seit der Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann es schneller zu einer steuerlichen Belastung kommen als in der Vergangenheit. Und das betrifft nicht nur Topunternehmen. Durch die eigentliche Unternehmenssubstanz, aber auch durch Grundstücks- und Immobilienbesitz und andere nicht begünstigte Vermögenswerte (wie Oldtimer, Kunst etc.) können auch im Mittelstand schnell hohe Unternehmenswerte entstehen, die dann wiederum zu Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer führen. Versicherungsvermittler und Honorarberater stehen somit vor der Herausforderung, sich sowohl um die eigene Unternehmensnachfolge eingehende Gedanken zu machen als auch für Mandanten bei dieser Frage als Trusted Advisor (im Rahmen ihrer Kompetenz und rechtlichen Möglichkeiten) zu fungieren. Sie sollten sich daher fragen: Was ist wichtig, um auch bei höheren Vermögenswerten eine steuerschonende Übergabe sicherzustellen?

Wert eines Unternehmens sehr genau und vor allem frühzeitig berechnen

Das folgt einem mehrstufigen Prozess. Zuerst muss der Wert eines Unternehmens sehr genau und vor allem frühzeitig berechnet werden. Wer zuerst alle Anteile überträgt und sich dann über eine hohe Steuerlast wundert, hat keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr. Es sollte ein tragfähiges Verfahren zur Unternehmensbewertung genutzt werden, um zu einem adäquaten Ergebnis zu kommen, das einer Bewertung durch die Finanzbehörden standhält und aufzeigt, wie hoch die Steuerlast tatsächlich ausfallen kann.

Anzeige

Der große Vorteil: Es existieren gesetzliche Erleichterungen für größere Unternehmen, um die Steuerlast zu senken. Der Gesetzgeber ist zahlreichen Forderungen nachgekommen und hat die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG eingeführt, wodurch die auf den begünstigten Unternehmenserwerb entfallende Erbschaftsteuer erlassen werden kann. Das bedeutet: Überschreitet der Erwerb von begünstigtem Vermögen die Grenze von 26 Millionen Euro, ist die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer auf Antrag des Erwerbers zu erlassen, soweit er nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen.

Nicht begünstigte Vermögenswerte beachten

Als „verfügbares Vermögen“ gelten 50 Prozent des mit der Vermögensübertragung erworbenen und des zum Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits dem Erwerber gehörenden nicht begünstigten Vermögens. Zum nicht begünstigten Vermögen gehören beispielsweise GmbH-Beteiligungen von weniger als 25 Prozent, an Fremde (also auch an Mitarbeiter) vermietete Immobilien, Oldtimer, Kunst und zahlreiche andere Vermögenswerte. Wird diese Schwelle überschritten, kann keine Verschonung in Anspruch genommen werden. Dann gilt der Erwerber als finanzstark genug, die Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer zu entrichten. Fraglich ist hierbei, wie der Erwerber den Nachweis führen kann. Nachweismittel können beispielsweise Kontoauszüge oder Bewertungsgutachten sein.

Achtung: Die Einführung der Verschonungsbedarfsprüfung kann auf der anderen Seite erhebliche steuerliche Belastungen für Erben von größeren und großen Unternehmen zur Folge haben. Sie werden gegebenenfalls mit ihrem Privatvermögen für die Zahlung der Schenkung- beziehungsweise Erbschaftsteuer herangezogen.

Anzeige

Steuerliche Freibeträge in Anspruch nehmen

Daher sollten Vermögende generell eine tragfähige Nachfolgestrategie für steuerliche Vorteile entwickeln, ob mit oder ohne Ausnutzung der Verschonungsbedarfsregelungen. Die Verschonungsbedarfsprüfung kann helfen, Härtefälle zu vermeiden, aber die Strategie der Unternehmensnachfolge sollte nicht nach dem Motto verlaufen: Der Verschonungsbedarf wird’s schon irgendwie richten. Denn es existieren smartere Konzepte für die Gestaltung! An der Einbindung eines spezialisierten steuerrechtlichen Beraters führt in der Regel kein Weg vorbei, um keine teuren Fehler zu begehen.

Ein Fokus liegt dabei auf vor allem auf der Zehn-Jahres-Regelung. Diese besagt, dass bei Übertragungen alle zehn Jahre steuerliche Freibeträge in Anspruch genommen werden können. Die Grenze für die steuerfreie Übertragung unter Einhaltung der einschlägigen Lohnsummen liegt bei 26 Millionen Euro pro Erwerb. Das bedeutet, dass es denkbar ist, ein Unternehmen mit einem Wert von beispielsweise 50 Millionen Euro in zwei Tranchen vollständig steuerbegünstigt an einen Nachfolger zu übertragen. Ein Unternehmen im Wert von 100 Millionen Euro kann also an zwei Nachfolger binnen 20 Jahren – nach heutigem Stand und unter Einhaltung aller weiteren Voraussetzungen – ohne steuerliche Belastung übertragen werden. Und auch bei kleineren Unternehmenswerten kann sich die sukzessive Übertragung durchaus lohnen, um die Nachfolgergenerationen in mehreren Schritten in die Verantwortung zu bringen. Auch hier gilt: Die Regelung ist sehr komplex und muss mitunter über mehrere Jahre beachtet werden, daher ist es unablässig einen versierten Berater einzubinden.

Seite 1/2/

Anzeige