“Ich bin privat versi­chert. Kann ich mich als Künst­lerin oder als Künstler wieder gesetz­lich versi­chern?“ Solche und ähnliche Fragen finden sich vielfach im Netz. Wer künstlerisch tätig wird, hat bisher zwei Optionen: einerseits können die Kreativen versuchen, sich in der Künstlersozialkasse (KSK) krankenzuversichern. Auch als Selbstständige werden sie dann ähnlich behandelt wie Beschäftigte: Sie zahlen nur die Hälfte des Beitrages und die andere Hälfte übernimmt die KSK.

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Oder sie können sich von der Versicherungspflicht befreien lassen und privat krankenversichern. Doch das ist oft eine Entscheidung auf Lebenszeit. Nur innerhalb der ersten drei Jahre, nachdem die Tätigkeit aufgenommen wurde, können die Künstlerinnen und Künstler gegenüber der Künstlersozialkasse erklären, dass ihre Befreiung von der Versicherungspflicht enden soll. Und sich dann wieder gesetzlich krankenversichern. Danach ist eine Rückkehr oft nur möglich, wenn sie ihre Selbstständigkeit aufgeben und in ein Beschäftigungsverhältnis wechseln.

Dieses begrenzte Rückkehrrecht ist für viele Künstlerinnen und Künstler ein Problem. Sie haben oft ein schwankendes Einkommen, mitunter bricht es ganz weg, und ohnehin sind die Erträge im Branchenschnitt nicht hoch. Der jährliche Durchschnittsverdienst der in der Künstlersozialkasse versicherten Mitglieder beträgt nach Angaben der Rentenversicherung aktuell 14.500 Euro.

Wenn sich die Kreativen privat krankenversichern, ist ihr Beitrag zum Krankenschutz nicht an das Einkommen gebunden: anders als in der GKV. Steigen die Prämien oder bricht Einkommen weg, fühlen sich viele überfordert. Hier wollte die Bundesregierung tätig werden und den Kreativen auch nach Ablauf der drei Jahre eine Rückkehr in das GKV-System ermöglichen. In der entsprechenden Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) wird ausdrücklich mit dem „Schutzbedürfnis“ der Versicherten argumentiert.

“Wahlrecht konterkariert“

Konkret sieht die Reform nun vor, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht nun automatisch nach sechs Jahren endet. In der privaten Krankenversicherung dürfen die Künstlerinnen und Künstler nur dann bleiben, wenn sie drei Jahre in Folge die Jahresarbeitsentgeltgrenze toppen können. Diese wird im Jahr 2023 bei 66.600 Euro Bruttoeinkommen per annum liegen: oder 5.550 Euro pro Monat. Für viele Künstlerinnen und Künstler ist ein derart hohes Einkommen -dauerhaft erzielt- unrealistisch.

Folglich sieht der PKV-Verband einen Angriff auf die Wahlfreiheit der Künstlerinnen und Künstler. Die Bundesregierung greife „erheblich in den Systemwettbewerb von GKV und PKV ein. Den betroffenen Personengruppen wird dadurch der Weg in die PKV verbaut“, heißt es in einer Stellungnahme.

Aus Sicht des PKV-Verbandes werden die Künstlerinnen und Künstler durch das neue Gesetz zweifach benachteiligt. „Für selbständige Künstler und Publizisten soll – anders als bei allen anderen hauptberuflich Selbständigen – das bisherige Prinzip der einkommensunabhängigen Versicherungsfreiheit nicht mehr gelten. Sie sind zukünftig nicht mehr aufgrund ihrer Tätigkeit versicherungsfrei, sondern müssen zusätzlich ein Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze nachweisen. Diese Ungleichbehandlung missachtet die – auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigte – Einordnung des Personenkreises als hauptberuflich selbständig Erwerbstätige“, schreibt der Verband.

Hinzu komme, dass die Abhängigkeit der Versicherungsfreiheit vom Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze im Sozialgesetzbuch bislang nur für Angestellte vorgesehen ist. „Die Wahlfreiheit der Selbstständigen zur Absicherung in der Privaten Krankenversicherung wird damit erheblich eingeschränkt“, schreibt der Verband. Das gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass die Regeln hier strenger seien als bei Angestellten: Sie müssen kein dreijähriges Überschreiten der Entgeltgrenze nachweisen.

"Weg in die PKV praktisch verbaut"

„Die geplante Neuregelung des Künstlersozialversicherungsgesetzes ist nicht weniger als ein Tabubruch“, kritisiert PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther den Gesetzesentwurf. „Die Bundesregierung greift damit zu Lasten der Privaten Krankenversicherung in den Wettbewerb zwischen GKV und PKV ein. In der Konsequenz wird Künstlern und Publizisten der Weg in die PKV praktisch verbaut.“

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Ohnehin ist die hohe Jahresarbeitsentgeltgrenze dem Verband ein Dorn im Auge: auch mit Blick auf Angestellte. Im Oktober hatte der Verband gefordert, diese Grenze abzusenken. Denn sie steigt und steigt seit Jahren: immer weniger Beschäftigte verdienen genug, um in die PKV zu wechseln. Aus Ansicht des PKV-Verbandes dient die hohe Grenze nicht dazu, die Beschäftigten vor zu hohen Prämien zu schützen, sondern soll gut verdienende Angestellte an die gesetzliche Krankenversicherung binden, um hierdurch die Finanzgrundlage der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken.

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