Weil es durch anhaltend niedrige Zinsen für Lebensversicherer immer schwieriger wurde, Garantieverpflichtungen in der Handelsbilanz zu finanzieren, unterlag die Produktlandschaft in den letzten Jahren einem weitreichenden Wandel. Dies wird besonders anschaulich am Bedeutungsverlust der Kapitalbildenden Lebensversicherungen (KLV). Zwar ist der KLV-Bestand auch 2021 immer noch beachtlich: 14.941.711 Policen halten die Versicherer branchenweit. Im Neugeschäft aber spielt die KLV seit Jahren keine Rolle mehr.

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So wurde beim Neugeschäft 2021 auch ein neuer Tiefstand erreicht: Der Anteil der KLV am gesamten Neugeschäft sank von kargen 6,5 Prozent auf noch kargere 6,3 Prozent. Rund 302.000 Verträge wurden in 2021 an die Frau oder den Mann gebracht – weniger als in allen anderen Produktkategorien der Lebensversicherung. Das hat auch Auswirkungen auf den Bestand.

KLV-Bestand schrumpft schnell

Denn der KLV-Bestand schrumpft mit hohem Tempo. Das zeigt der Vergleich mit dem Neugeschäft anderer Produktsegmente:

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  • "Sonstige Versicherungen" mit den wichtigen Fondsprodukten legen in 2021 kräftig zu – um 1.099.446 Verträge (auf branchenweit 17.037.446 Stück).
  • Auch die Kollektivversicherungen können ihren Bestand ausbauen – um 966.381 Verträge in 2021 (auf 15.534.651 Stück).
  • Hingegen müssen zwar auch Berufsunfähigkeits- oder Invaliditäts- Zusatzversicherungen einen Bestandsschwund hinnehmen (um 261.701 Verträge auf 11.145.922 Stück) und ebenfalls Risikolebensversicherungen (um 80.494 Verträge auf 9.582.974 Stück); ebenso die Rentenversicherungen (um 207.226 Versicherungen auf 24.534.365 Stück).
  • Einzig die Kapitalbildende Lebensversicherung aber verliert Verträge im sechsstelligen Bereich: Ein Bestand an 14.941.711 Versicherungen in 2021 bedeutet einen Verlust von 1.066.431 Policen gegenüber 2020.

So rutscht die KLV auch bei der Bestandsgröße erstmals in den Rängen ab. In 2020 war der KLV-Bestand branchenweit noch der zweitgrößte Leben-Bestand (mit 19,8 Prozent Marktanteil). Allerdings waren Sonstige Lebensversicherungen (Marktanteil von 19,7 Prozent in 2020) und Kollektivversicherungen (18,0 Prozent Marktanteil) der immer unbeliebter werdenden KLV schon dicht auf den Fersen. In 2021 nun musste die Kapitalbildende Lebensversicherung erstmals jenen zweiten Rang räumen, den sie viele Jahre inne hatte:

  • Den größten Leben-Bestand bilden Rentenversicherungen mit branchenweit 30,05 Prozent Marktanteil. Jedoch muss bedacht werden: Auch selbstständige BU-Produkte werden in den Bilanzen unter der "Rentenversicherung" gelistet.
  • Den zweitgrößten Bestand haben sich mittlerweile die – im Neugeschäft führenden – Sonstigen Lebensversicherungen erobert. Diese haben in 2021 einen Marktanteil von 20,87 Prozent.
  • Sogar auf Rang drei findet man die KLV in 2021 noch nicht: auch Kollektivversicherungen haben die KLV überholt. Kollektivversicherungen haben in 2021 einen Marktanteil von 19,03 Prozent.
  • Demnach ist die KLV um zwei Ränge auf den vierten Platz abgerutscht – der Bestand umfasst nur noch 18,30 Prozent Marktanteil.
  • Hinter der KLV befinden sich nun noch die Berufsunfähigkeits- oder Invaliditäts-Zusatzversicherungen (mit einem Marktanteil von 13,65 Prozent) sowie die Risikolebensversicherung (RLV) mit einem Marktanteil von 11,47 Prozent.

Lebensversicherer mit nennenswertem KLV-Neugeschäft

Solche Tendenzen werfen die Frage auf, welche Versicherer überhaupt noch auf Kapitalbildende Lebensversicherungen im Neugeschäft setzen. Oder genauer: Wo findet überhaupt noch ein nennenswertes Neugeschäft mit Kapitalbildenden Lebensversicherungen in absoluten Zahlen statt? Eine Antwort auf diese Frage liefert der aktuelle MAP-Report mit der Nummer 926.

So sind es in 2021 nur noch sieben Versicherer, die mehr als 10.000 Versicherungsscheine der Kapitalbildenden Versicherung an die Frau oder den Mann brachten (von 54 Versicherern, die in der KLV überhaupt noch Neugeschäft betreiben):

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  1. Ergo Vorsorge: 62.743 eingelöste Versicherungsscheine
  2. Targo: 44.744 eingelöste Versicherungsscheine
  3. Allianz: 30.349 eingelöste Versicherungsscheine
  4. Ideal: 15.862 eingelöste Versicherungsscheine
  5. Hannoversche: 15.251 eingelöste Versicherungsscheine
  6. R+V: 12.000 eingelöste Versicherungsscheine
  7. Generali: 10.499 eingelöste Versicherungsscheine

Einen Sonderfall in 2021 stellt die Direkte Leben dar. Denn diese setzt zwar nur 2.769 KLV-Policen ab – jedoch bedeutet diese Zahl insgesamt 89,26 Prozent des Neugeschäfts. Ansonsten ist der KLV-Anteil noch bei der Itzehoer bedeutend mit 30,45 Prozent (allerdings bedeutet dies hier nur 889 abgesetzte Policen) und ist ebenso bei der ÖSA relevant mit 20,80 Prozent (aufgrund von 4.931 abgesetzten KLV-Policen).

Bei nur fünf Versicherern wächst der KLV-Bestand

Noch fataler sieht die Entwicklung der Kapitalbildenden Lebensversicherung aus, wenn man auf die Entwicklung der Bestände schaut. Dies trifft – mit einer Ausnahme – sogar auf jene Versicherer zu, die 2021 noch im fünfstelligen Bereich Verträge im Neugeschäft zeichnen:

  • Die Ergo Vorsorge verliert im Bestand 2.406 KLV-Verträge (und hält dadurch noch 714.406 Verträge).
  • Die Targo verliert 6.548 Verträge (und hält dadurch noch 373.331 Verträge).
  • Die Allianz verliert 99.761 Verträge (und hält dadurch noch 1.594.181 Verträge).
  • Die Ideal verliert 9.772 Verträge (und hält dadurch noch 443.670 Verträge).
  • Die R+V verliert 34.786 Verträge (und hält dadurch noch 555.479 Verträge).
  • Die Generali verliert 59.174 Verträge (und hält dadurch noch 461.466 Verträge).

Letztendlich sind es nur fünf von 72 Versicherern mit KLV-Bestand, die in 2021 bei der Vertragszahl wachsen können:

  • Am stärksten wächst der Bestand der myLife. Dies stellt einen Sonderfall dar: Hatte man 2020 noch 536 Policen im Bestand, gewinnt man in 2021 insgesamt 3.703 Policen dazu und hält demzufolge 4.239 Policen.
  • Das zweithöchste KLV-Wachstum in absoluten Zahlen hat die Hannoversche – ein Plus von 3.011 Verträgen lässt den Bestand auf 143.887 Verträge wachsen.
  • Das dritthöchste Wachstum – erreicht durch die ÖSA – bringt es auf einen bescheidenen Anstieg um 444 Verträge (auf 78.012 Verträge).
  • Das vierhöchste Bestandswachstum erreicht die BL die Bayerische durch einen Zuwachs um 386 Verträge (auf 9.585 Verträge).
  • Den fünfthöchsten Bestandswachstum hat die Heidelberger – der Run-Off-Versicherer freilich betreibt kein Neugeschäft, dennoch steigt der Bestand von null auf 332 Kapitalversicherungen. Ursache könnten Vertragsumwandlungen aus dem eigenen Bestand sein.

Die KLV-Marktführer (nach Vertragszahlen)

Folgende Unternehmen halten die meisten KLV-Verträge in 2021:

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  1. Allianz: 1.594.181
  2. Debeka: 1.068.623
  3. Ergo: 772.897
  4. Proxalto: 771.751
  5. Ergo Vorsorge: 714.406
  6. Axa: 559.511
  7. R+V: 555.479
  8. Württembergische: 465.785
  9. Generali: 461.466
  10. Bayern-Versicherung: 448.436

Hintergrund: Alle Zahlen sind dem MAP-Report mit der Nummer 926 entnommen – dem aktuellen Bilanzrating deutscher Lebensversicherer. Zusammen mit weiteren Ausgaben des Traditionsratings kann dieser MAP-Report auf der Webseite von Franke und Bornberg bestellt werden.

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