17 bis 23 Milliarden Euro: so groß ist das Finanzloch der gesetzlichen Krankenversicherer im kommenden Jahr, wenn man Schätzungen glaubt. Die Bundesregierung beziffert den Fehlbetrag auf 17 Milliarden - Wirtschaftsforschungsinstitute sind pessimistischer, weil sie davon ausgehen, das eine mögliche Rezession die Krise verschärfen wird. Doch was kann getan werden, um Kosten einzusparen? Ralf Hermes, Chef der IKK Innovationskasse, hat da eine Idee: durch Wettbewerb, den viele Anbieter nicht überleben werden.

Anzeige

“Die Menge braucht kein Mensch“

„Deutschland hat fast 100 Krankenkassen, diese Menge braucht kein Mensch“, sagt Hermes der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Montag). „Es ist schwer zu sagen, wie viele Kassen überlebensfähig sind, aber ich schätze, die Hälfte reicht aus.“ Viel Geld ließe sich dadurch sparen, dass man „Unmengen an Personal und Strukturen“ reduziere, positioniert sich der Betriebswirt.

Hierfür müsste die Politik aber echte Konkurrenz unter den Krankenkassen zulassen und weniger eingreifen, fordert Hermes weiter. Dass hierbei auch Kassenanbieter pleite gehen könnten, ist gewollt. „Die Kassen, die es nicht schaffen, müssen dann halt fusionieren oder gehen notfalls insolvent“, sagt der IKK-Chef. Rund 50 deutsche Krankenkassen hätten weniger als 100.000 Versicherte.

Gegen eine Einheitskasse

Allerdings lehnt Ralf Hermes es ab, die Zahl der Anbieter auf eine einzige Krankenkasse zu reduzieren. Hierfür sei das Gesundheitssystem zu komplex - behördenartige Monopole würden zulasten aller Akteure gehen. Aber die aktuelle Kassenzahl sei auch aufgrund identischer Leistungen in der Regelversorgung zu hoch. Nahezu 90 Prozent aller Kassenleistungen sind vom Gesetzgeber vorgeschrieben.

Im Jahr 2020 bezifferten sich die Netto-Verwaltungskosten im GKV-System auf 11,8 Milliarden Euro, wie Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums zeigen. Doch dies ist nur ein kleiner Ausgabenblock gemessen an den insgesamt 248,9 Milliarden Euro, die im Kassensystem im selben Jahr ausgegeben wurden. Die Verwaltungskosten bezifferten sich auf 4,47 Prozent der Gesamtausgaben. Größter Ausgabenblock waren mit 81,5 Milliarden Euro Krankenhaus-Behandlungen, weshalb die Bundesregierung gerade eine Klinikreform vorbereitet. Ob und wann sie kommt - ungewiss.

Anzeige

Doch die Frage ist auch, wie viel Wettbewerb im Kassensystem möglich ist, ohne die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gefährden. Der weitestgehend starre Leistungskatalog hat auch die Funktion, den gesetzlich Versicherten eine Mindestversorgung zu gewährleisten - und zu verhindern, dass zum Beispiel älteren oder chronisch kranken Menschen bestimmte Behandlungen verwehrt bleiben. Auch sollen keine Krankenkassen benachteiligt werden, die viele ältere und kranke Menschen versichern: auch hier greift der Staat mit dem sogenannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) ein und zahlt einen Ausgleich.

Anzeige