Deutschland debattiert über ein höheres Renteneintrittsalter - doch schon heute verstirbt etwa jeder Siebte, bevor er überhaupt seinen Ruhestand genießen kann. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, auf die aktuell das Versicherungsjournal aufmerksam macht. Demnach sind im Jahr 2021 rund 1,24 Millionen Menschen verstorben. Genau 144.340 schieden aus dem Leben, bevor sie ihren 65. Geburtstag begehen konnten. Die Regelaltersgrenze wird derzeit schrittweise angehoben: aktuell können Ruheständler mit 65 Jahren und sechs Monaten abschlagsfrei in den Altersruhestand wechseln, sofern sie nicht von Sonderregeln wie der „Rente mit 63“ Gebrauch machen können. Zu bedenken ist hierbei, dass nicht alle vorzeitig Verstorbenen Beiträge in die Rentenversicherung einzahlten.

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Die Zahlen zeigen zudem, dass tendenziell eher Männer vorzeitig aus dem Leben scheiden. War knapp jede zehnte verstorbene Frau (9,8 Prozent) am Todestag jünger als 65 Jahre, so traf dies sogar auf 18,3 Prozent der Männer zu. Frauen haben grundsätzlich statistisch eine höhere Wahrscheinlichkeit, ein hohes Lebensalter zu erreichen. In Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt neugeborene Jungen heute eine durchschnittliche Lebenserwartung von 78,6 Jahren, während Mädchen damit rechnen können, 83,4 Jahre alt zu werden.

Gerechtigkeitsdebatte: Schwere Arbeit geht mit höherem Sterberisiko einher

Dass viele Menschen vor Erreichen des Rentenalters sterben, hat eine Gerechtigkeitsdebatte ausgelöst. “Wer in seinem Arbeitsleben hohen Belastungen ausgesetzt war, stirbt früher als andere“, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bereits 2019. "Damit wäre gerade für diejenigen, die in ihrem Arbeitsleben eine hohe Belastung zu verkraften hatten, ein höheres Rentenalter nichts anderes als ein Rentenkürzungsprogramm".

Der DGB verweist auf eine Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen von 2019 (IAQ-Report 2019-06), wonach sich auch die Berufswahl auf die Lebenserwartung auswirkt. Eine besonders niedrige Lebenserwartung haben demnach zum Beispiel männliche Arbeiter im Bergbau und in der Landwirtschaft. Die höchste Lebenserwartung haben Beamte im höheren Dienst. Allerdings betrifft die Auswertung Geburtsjahrgänge von 1919 bis 1950, was die Ergebnisse verzerren könnte - in diesen Generationen war der Anteil schwerer körperlicher Arbeit höher als heutzutage.

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Laut der Studie haben die heute über 65-jährigen Männer, die lange in schlecht entlohnten Berufen mit einer starken Belastung gearbeitet haben, eine deutlich geringere Lebenserwartung von im Schnitt 75 Jahren. Dagegen werden heutige Rentner, die geringeren Belastungen ausgesetzt waren und gut verdient haben, sogar über 80 Jahre alt.

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