Das Kölner Analysehaus infinma hat erneut die Marktstandards für die Berufsunfähigkeitsversicherung ermittelt. Dazu wurden wichtige Qualitätsmerkmale aus den Versicherungsbedingungen ausgewertet. Insgesamt wurden 442 BU-Tarife von 73 Gesellschaften unter die Lupe genommen. Die Auswertung der BU-Tarife sieht infinma ausdrücklich nicht als Rating. Schließlich ließen sich die einzelnen Bedingungsbestandteile nicht gegeneinander „aufrechnen“ und seien daher nur bedingt vergleichbar. "Aus genau diesem Grund nehmen wir auch keine Bewertung in Form von Punkten vor, sondern stellen für die einzelnen Kriterien lediglich dar, ob der Versicherer eine Regelung getroffen hat, die besser oder schlechter als der Marktstandard ist.", heißt es in der Auswertung.

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Wenn der Tarif alle Marktstandards erfüllt oder überbietet, können die Versicherer für die besagten Angebote ein kostenloses infinma-Zertifikat erhalten. Die Marktstandards sollen sowohl Vermittlern und Maklern, aber auch Versicherern wichtige Informationen über die am Markt üblichen und verbreiteten Regelungen in den BU-Bedingungen geben, teilen die Kölner Analysten mit. Zur Erinnerung: Die Standards allein erlauben keinen Aufschluss, ob der jeweilige Tarif für die einzelne Kundin bzw. den Kunden geeignet ist: Das hängt unter anderem vom jeweiligen Beruf, der individuellen Einkommens- und Lebenssituation sowie dem daraus resultierendem Absicherungsbedarf ab.

Die Standards passt das Analysehaus hierbei regelmäßig an. „Veränderungen im Kreis der zertifizierten Gesellschaften zeigen deutlich, dass unser Verfahren funktioniert und auf grundlegende Marktveränderungen zeitnah reagiert. Anders als bei anderen Analysen oder Bewertungsverfahren haben wir dabei selber keinen Einfluss auf die Ergebnisse und die zertifizierten Produkte“, erklärt Schulz.

„Auch zukünftig werden die Marktstandards in Bewegung bleiben. Immer mehr Produkte haben bspw. bereits eine Verlängerungsoption. Auch die Regelungen zur Teilzeit werden weiter angepasst; zudem bekommen Zusatzleistungen, wie bspw. Einmalzahlungen bei Krebs, noch größere Bedeutung.“, ergänzte Glissmann.

Immer mehr Nachversicherungsoptionen

„Nach wie vor ist der Markt in der BU in Bewegung. Möglicherweise sorgt das wachsende (Konkurrenz-) Angebot von immer mehr Grundfähigkeitsversicherungen für neuen Konkurrenzdruck. Dabei konnten wir beobachten, dass derzeit vor allem das Thema Nachversicherungsoptionen eine große Rolle spielt. So hat sich bspw. der Marktstandard bei der ereignisunabhängigen Nachversicherungsmöglichkeit geändert. Es ist jetzt marktüblicher Standard geworden, den Kunden eine Erhöhungsmöglichkeit für ihren BU-Schutz ohne erneute Gesundheitsprüfung anzubieten, ohne dass dazu ein bestimmter, vorab festgelegter Anlass vorliegen muss.“ kommentierte Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer bei infinma, die aktuellen Ergebnisse.

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„Obwohl sich der Marktstandard bei der Nachversicherungsmöglichkeit ohne Anlass verbessert hat, ist die Anzahl der zertifizierten Tarife in Relation zur Gesamtzahl der untersuchten Tarife angestiegen. Wir sehen also, dass sich die BU auf ohnehin schon hohem Niveau dennoch kontinuierlich weiterentwickelt. Produkteigenschaften, die noch vor wenigen Jahren ein absolutes Highlight waren, gehören inzwischen zu den Must-Haves.“ ergänzte Geschäftsführer-Kollege Marc Glissmann. „Die immer wieder geäußerte Kritik an der Qualität der Versicherungsbedingungen können wir nur sehr bedingt nachvollziehen.“

Diese Versicherer erfüllen die BU-Marktstandards

Die BU-Tarife wurden in diesem Jahr in insgesamt 18 Leistungspunkten überprüft. Zu den untersuchten Kriterien zählten unter anderem der Verzicht auf eine abstrakte Verweisung, sodass der Versicherer den Betroffenen nicht auf einen anderen Beruf verweisen kann, auch wenn hierbei Ausbildung und Beruf zumindest berücksichtigt werden. Oder eine vorübergehende Leistung bereits bei Arbeitsunfähigkeit, die in mehr als der Hälfte der Tarife nicht oder nur optional vorgesehen ist. Hier erhält der Versicherte bereits eine Zahlung nach sechs Monaten ununterbrochener Krankschreibung - auch wenn die aufwendige Prüfung der Berufsunfähigkeit noch nicht abgeschlossen ist.

Diese Marktstandards wurden für die aktuelle Studie berücksichtigt:

  • Prognose: Leistung, wenn mindestens 6 Monate Berufsunfähigkeit ärztlich prognostiziert
  • Leistung wird rückwirkend ausgezahlt, wenn späterer Leistungsbeginn
  • Verzicht auf abstrakte Verweisung
  • Verzicht auf Umorganisation bei Akademikern
  • Verzicht auf Umorganisation bei Kleinbetrieben
  • Kostenbegrenzung bei Umorganisation
  • Berufswechselprüfung: keine nachteilige Extra-Prüfung, wenn Versicherter vor Berufsunfähigkeit binnen einer bestimmten Frist Beruf gewechselt hatte.
  • Leistungsbeginn: Ab 1. des Monats nach Feststellung BU, keine nachteiligen Karenz- und Wartezeiten
  • Ausschluss Meldefristen: Beinhaltet ein Bedingungswerk eine Meldefrist (i.d.R. 3, 6, 12 oder 36 Monate), so beginnt die Leistungspflicht des Versicherers bei einer verspäteten Meldung erst mit dem Zeitpunkt der Meldung.
  • Erhöhungsoption ohne Anlass: Ermöglichen es dem Versicherten, ohne erneute Gesundheitsprüfung den Versicherungsschutz zu erhöhen.
  • Möglichkeit Beitragsstundung
  • Befristete Anerkenntnisse: Versicherer trifft laut Vertrag nach Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen möglichst zügig eine endgültige und rechtsverbindliche Entscheidung über die Leistungspflicht. Klauseln zur Befristung können sich hier nachteilig auswirken und Rechtsunsicherheit schaffen.
  • Meldepflicht Minderung BU: keine nachteiligen Klauseln, wenn sich Gesundheitszustand nach Anerkennung BU bessert.
  • Meldepflicht Aufnahme Tätigkeit
  • Nachprüfung BU: Versicherer sind grundsätzlich berechtigt, nach einer bestimmten Zeit (nach) zu prüfen, ob eine einmal eingetretene BU medizinisch weiter fortbesteht. Hierbei sollte auf nachteilige Klauseln verzichtet werden bzw. nur Verweis auf Beruf erlauben, welcher die vorherige Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung nicht unterschreitet.
  • Leistung bei Arbeitsunfähigkeit
  • Ausscheiden aus dem Beruf: Bei Ausscheiden aus dem Beruf wird unbegrenzt der zuletzt ausgeübte Beruf geprüft, keine abstrakte Prüfung.
  • Option auf selbständige Anschluss-Pflegerente: 67 Tarife beinhalten eine Pflege-Option ohne Gesundheitsprüfung, die zum Ende der Versicherungsdauer gezogen werden kann. So bietet sich Möglichkeit, nach dem BU-Risiko auch Pflegerisiko abzusichern. Marktstandard ist das noch nicht: 375 Tarife verzichten auf solch eine Option.

Konkret erreichten vorgegebene Mindestnorm nur 41 der 73 geprüften Versicherer. Von den untersuchten 231 Tarifen übersprangen jedoch nur 80 Tarife die 18 Hürden. Damit erfüllten 47,7 Prozent der geprüften Tarife den Marktstandard nicht. Folgende Unternehmen haben wenigstens einen Tarif der die infinma-Standards mindestens erfüllt oder übertroffen hat: Allianz, Alte Leipziger, Axa, Barmenia, Basler, BL die Bayerische, Canada Life, Condor, Continentale, Cosmos, Credit Life, DBV, Deutsche Ärzteversicherung, Dialog, Ergo, Europa, Gothaer, Hannoversche, HanseMerkur, HDI, Helvetia, Huk24, Huk-Coburg, IG BCE, Interrisk, Klinik Rente, LV1871, Metall Rente, Neue Leben, Nürnberger Leben, Provinzial Rheinland, Signal Iduna, Stuttgarter, Swiss Life, Universa, Versorgungswerk der Presse, Volkswohl Bund, VPV, VRK, Württembergische und Zurich. Eine Übersicht über die zertifizierten Tarife findet sich auf der Webseite von infinma. Alle 231 Tarife aufzulisten, würde hier den Rahmen sprengen.

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