Herzstück der Vorschläge: eine Reform der sogenannten Auslösenden Faktoren. Ein privater Krankenversicherer darf die Prämien -stark vereinfacht- aktuell nur in zwei Fällen anheben: Wenn die Ausgaben die einkalkulierten Kosten um mindestens zehn Prozent übersteigen. Und wenn die Lebenserwartung der Versicherten stärker steigt als kalkuliert, weil dann im Schnitt auch die Gesundheitskosten sich verteuern. Weil laut Versicherungsaufsichtsgesetz hier bestimmte Schwellenwerte geknackt werden müssen, steigen die Prämien mitunter sprunghaft an, weil die Versicherer erst spät reagieren können.

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„Ein durchgängiger Schwellenwert von maximal fünf Prozent und die Einbeziehung des Rechnungszinses als Auslösender Faktor würden die Beitragsentwicklung deutlich verstetigen“, führt nun Wiltrud Pekarek aus, Vorständin der DAV. Daneben spricht sie sich dafür aus, den zehnprozentigen Zuschlag, den die Versicherten von Alter 21 bis 60 entrichten, zu erhöhen und/oder länger zu erheben. Dies würde zu einer erheblichen Beitragsentlastung im Alter führen, wie die DAV-Prognosen zeigen.

Darüber hinaus fordert der Aktuarverband eine Ausweitung des Standardtarifs. Er bietet seit 30 Jahren bezahlbaren Schutz auf dem Niveau der Krankenkassen, wenn privat Krankenversicherte Probleme haben, die Beiträge in ihren Tarifen zu zahlen. Aber: Er steht aktuell nur den Versicherten zur Verfügung, die sich vor dem 1. Januar 2009 privat versichert haben. „Dies ist eine nicht nachvollziehbare Diskriminierung von großen Versicherungskollektiven. Denn jeder kann vorübergehend oder dauerhaft in Zahlungsschwierigkeiten geraten und einen preiswerteren Tarif benötigen“, kritisiert Pekarek.

Wer sich später privat Krankenversicherte, muss aktuell mit dem Basistarif Vorlieb nehmen. Doch dieser ist das ungeliebte Stiefkind der Branche. Seit dem 1. Januar 2009 sind die Versicherer gesetzlich verpflichtet, einen Tarif anzubieten, der -unabhängig von Vorerkrankungen und einer Risikoprüfung- allen Versicherten offen steht. Wiederholt aber warnten Ärzteverbände und Verbraucherschützer, dass in manchen dieser Tarife Ärztehonorare gezahlt werden, die unter jenen in der gesetzlichen Krankenversicherung liegen. Für die Betroffenen kann das bedeuten, dass sie bei bestimmten Fachärzten nicht behandelt werden. Zudem sind die Tarife recht teuer: Der maximale Beitrag ist auf den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenkassen gedeckelt, der allerdings nicht gering ausfällt. 2020 liegt er bei knapp 736 Euro.

Reformbedarf sehen die Aktuare auch in der gesetzlichen Krankenversicherung - ohne hier konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Gegen Ende des Jahrzehntes werde sich hier eine nie gekannte Finanzierungslücke auftun. „Mit dem dann beginnenden Renteneintritt der Babyboomer wird die Schere zwischen Beitragseinnahmen und -ausgaben weiter aufgehen“, prognostiziert Pekarek. In der Folge werde der Steuerzuschuss immer weiter steigen müssen, um den Beitragssatz einigermaßen stabil zu halten – obwohl sich der Steuerzuschuss bereits seit 2004 von einer Milliarde auf rund 28,5 Milliarden Euro in diesem Jahr vervielfacht hat. „Das strukturelle Defizit der GKV wird durch die leistungsausweitende Gesetzgebung der zurückliegenden Jahre und die demografische Entwicklung dramatisch anwachsen“, erläutert Pekarek.

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Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit warnt Pekarek zudem vor einer Verharmlosung beständig steigender Steuerzuschüsse: „Diese erwecken die Illusion eines sauber finanzierten Kassensystems, obwohl sie nur eine Vorfinanzierung zu Lasten künftiger Generationen darstellen.“ Tatsächlich arbeitet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gerade an einer Reform des Gesundheitssystems. Details des Vorhabens wurden aus einer Stellungnahme von AOK-Vorstandschefin Carola Reimann deutlich, wie der Versicherungsbote berichtete.

mit Pressematerial DAV

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