Zugleich seien mit den hohen Preisen die Volumina der Wohnimmobilienkredite extrem angewachsen: bundesweit auf circa 1,6 Billionen Euro. Immer häufiger sei der Erwerb eines Hauses bzw. einer Wohnung nur mit Fremdkapital möglich. Können Schulden und Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden, etwa aufgrund einer schlechten Konjunktur, könnte das sowohl die Hausbauer und Banken, aber auch die Wohnungswirtschaft in Schwierigkeiten bringen, warnt die BaFin.

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Ähnlich gestaltet sich die Situation bei Gewerbeimmobilien. Der Nachfrage sei hoch, das Angebot knapp, Mieten und Preise hätten sich auseinanderentwickelt: Was bedeute, dass die Renditen, die aus Mieten erzielt werden können, auf historische Niedrigwerte reduziert. Zwar könnte die Covid-Pandemie zu einem Sinken der Nachfrage führen: aber auch hier seien die Preise für das Gewerbe während Corona weiter gestiegen. Die BaFin sieht die Gefahr einer Marktverwerfung, wovon auch die Versicherer direkt betroffen wären. „Deutsche Banken, Versicherer und Kapitalanlagegesellschaften sind an den deutschen und internationalen Gewerbeimmobilienmärkten in verschiedenen Rollen aktiv: als Kreditgeber und als Investoren in direkte oder indirekte Immobilienanlagen“, schreibt die BaFin. Immobilien würden mittlerweile einen signifikanten Anteil an den Vermögenswerten einiger Finanzunternehmen ausmachen. Klumpenrisiken und internationale Abhängigkeiten könnten hier die Gefahr bergen, dass der gesamte Finanzsektor von Preisabschwüngen betroffen sei.

3. Risiken aus signifikanten Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten

Auch das dritte identifizierte Risiko beträfe die Versicherer direkt: als Investoren ebenso wie die Rolle vieler Versicherer als Aktiengesellschaften. Stark vereinfacht fürchtet die BaFin Verwerfungen an den Finanzmärkten. „Die derzeitige Gemengelage an den internationalen Kapitalmärkten bietet das Potenzial für signifikante Korrekturen: Da wären einerseits die historisch niedrigen Zinsen und entsprechend günstige Refinanzierungsbedingungen und andererseits die wachsende Wahrscheinlichkeit von Zinserhöhungen“, schreibt sie. Ein Problem hierbei sei, dass viele Unternehmen hoch verschuldet seien. Steigende Zinsen, eine hohe Inflation sowie die unsichere geopolitische Lage aufgrund des Krieges in der Ukraine könnten hier zu Verwerfungen führen.

Zudem macht die BaFin darauf aufmerksam, dass viele institutionelle Anleger, aber auch private Akteure, weit mehr Risiko eingehen, um Rendite zu erzielen: auch deshalb, weil mit vermeintlich sicheren, zinsabhängigen Papieren wie Anleihen kaum noch Rendite erzielt werden kann. Insbesondere bei Schuldpapieren würden höhere Risiken in Kauf genommen, etwa in High-Yield-Anleihen investiert: stark vereinfacht sind das Kreditpapiere mit schlechter Bonität und hohem Ausfallrisiko. Auch wenn die BaFin das nicht direkt benennt, werden hier Parallelen zur Finanzkrise 2007/08 deutlich. Auch damals sah sich die Finanzbranche mit drastischen Zahlungsausfällen konfrontiert, weil schlechte Risiken gebündelt und weiterverkauft wurden.

Die mögliche Folge: Kursrückgänge und Ausfälle von Vermögenswerten an den internationalen Finanzmärkten, wovon auch die Versicherer als institutionelle Investoren direkt betroffen wären. „Sicherheiten, die im Rahmen von Kredit- und Derivatebeziehungen gestellt werden, verlören an Wert, es müssten Nachschüsse gefordert bzw. geleistet werden. Die Neubewertung von Risiken könnte auch in weiteren Assetklassen einen Verkaufsdruck auslösen“, schreibt die BaFin. Auch das Neugeschäft bei Finanzmarktprodukten dürfte leiden. Da sich die Kreditvergabe in letzter Zeit zudem weg von Banken bewege, verlagern sich die Risiken aus Krediten zudem auf einen Bereich, auf den die Finanzaufsicht keinen Zugriff habe.

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Weitere von der BaFin identifizierte Risiken:

  • Risiken aus dem Ausfall von Unternehmenskrediten: Auch dank der Corona-Pandemie rechnet die BaFin vermehrt mit Kreditausfällen, weil Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bezahlen können. Dies träfe vor allem die Kreditinstitute, die Kredite an Unternehmen aus Branchen vergeben haben, die sehr stark unter den Folgen der COVID-19-Pandemie leiden. Zwar sei eine Insolvenzwelle bisher ausgeblieben: aber Entwarnung will die BaFin nicht geben.
  • Cyberrisiken: Laut BaFin ist der Finanzsektor besonders stark von einer funktionierenden IT abhängig. Das mache ihn verwundbar: Die Unternehmen seien der Gefahr von externen und internen IT-Sicherheitsvorfällen ausgesetzt. Das Schadenpotential sei hoch und die Risiken könnten noch zunehmen.
  • Risiken aus unzureichender Geldwäscheprävention: Die Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019 der Bundesregierung habe die Bedrohung durch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für Deutschland als mittelhoch eingestuft, was der zweithöchsten Stufe der Bewertungsskala entspreche.

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