Die Unfallversicherung erweist sich als äußerst auskömmlich: Bei geringen 45,40 Prozent liegt die durchschnittliche Schadenquote je Versicherer in 2020. Der Sechs-Jahres-Schnitt der Jahre 2015 bis 2020 liegt nur leicht darüber – bei 48,03 Prozent. Solche Schadenquoten lassen natürlich auch die Schaden-Kosten-Quoten glänzen.

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Denn wenn die Unfallversicherung in 2020 mit einer durchschnittlichen Combined Ratio (CR) in Höhe von 80,00 Prozent je Versicherer glänzen darf, ist dies der zweitbeste Durchschnittswert aller Kompositzweige. Einzig die Hausratversicherung kann sich mit einer besseren Schaden-Kosten-Quote in 2020 brüsten – mit unschlagbaren 68,42 Prozent. Auch bei der Combined Ratio der Jahre 2015 bis 2020 überzeugt die Unfallversicherung – der Schnitt liegt hier bei 83,25 Prozent.

Nur vier Versicherer rutschen über die kritischen 100 Prozent

So sind es auch nur vier Versicherer, die in 2020 eine Combined Ratio über 100 Prozent hinnehmen müssen – für diese Versicherer reichten Prämieneinnahmen nicht aus, um Schadenaufwendungen und weiter Kosten zu decken.

Und bildet man den Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020, sind sogar nur drei Unternehmen betroffen.

Unfallversicherer mit einer Combined Ratio über 100 Prozent

Das erste Unternehmen, das in 2020 eine CR über 100 Prozent in Kauf nehmen muss, ist die Rhion-Versicherung – die Rheinland-Tochter weist 103,03 Prozent aus. Drei Mal musste das Unternehmen seit 2015 eine unauskömmliche Schaden-Kosten-Quote hinnehmen: 103,73 Prozent in 2016; 107,66 Prozent in 2018 sowie die Quote für 2020. Der Durchschnittswert 2015 bis 2020 bleibt – mit 99,16 Prozent – aber dennoch im auskömmlichen Bereich.

Auch die SV Sachsen liegt in 2020 über 100 Prozent mit einer CR von 104,09 Prozent. Dieses Ergebnis des Sparkassenversicherers überrascht, wie ein Durchschnittswert der Jahre 2015 bis 2020 in Höhe von 79,92 Prozent beweist. Denn kein weiteres Mal musste das Unternehmen eine derart schlechte CR wie 2020 ausweisen. Zweimal kommt die SV Sachsen sogar unter 70 Prozent: in 2017 kann das Unternehmen mit 63,29 Prozent prahlen.

Unfallversicherer Nummer drei in der Riege der Schaden-Kosten-Verlierer: die Axa. Wenngleich die Franzosen schlechte Schaden-Kosten-Quoten in der Unfallversicherung gewöhnt sind – dies beweisen vier Werte über 100 Prozent in sechs Jahren –, ist der Wert für 2020 der schlechteste CR-Wert dieser Zeitspanne: 111,02 Prozent. Der Sechs-Jahres-Schnitt 2015-2020 liegt bei 103,75 Prozent.

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Unfallversicherer Nummer vier mit einer CR über 100 Prozent: Deutschlands Marktführer. Die Schaden-Kosten-Quote der Allianz ist ein Rätsel: Nicht ein einziges Mal seit 2015 kommen die Münchener unter 100 Prozent, müssen einen Schnitt der Jahre 2015 bis 2020 in Höhe von 108,57 Prozent hinnehmen. Aber was sagt dies aus?

Weitere Kennzahlen müssen unbedingt berücksichtigt werden

Das Beispiel der Allianz zeigt, dass man keineswegs nur eine Kennzahl zur Bewertung eines Geschäftsergebnisses heranziehen darf. Dies wird besonders anschaulich am versicherungstechnischen Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) als Saldo der versicherungstechnischen Erträge und Aufwendungen.

Allianz mit bestem Ergebnis der Branche

Denn die Allianz kann seit Jahren das beste Ergebnis der Branche ausweisen. Es liegt in 2020 bei 149,87 Mio. Euro, in 2018 sogar bei 184,32 Mio. Euro. Der Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020 liegt bei 165,93 Mio. Euro.

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Bei den anderen Schaden-Kosten-Verlierern entspricht das Ergebnis weit mehr den Erwartungen eines schlechten CR-Werts: Gerade noch im auskömmlichen Bereich liegt die SV Sachsen mit einem Plus von 1,74 Mio. Euro. Die anderen Schaden-Kosten-Verlierer weisen negative Ergebnisse aus: Die Rhion Versicherung minus 0,17 Mio. Euro und die Axa sogar minus 5,04 Mio. Euro.

Aber nicht nur das Geschäftsergebnis der Allianz widerspricht dem Eindruck, dass Unternehmen mit einer hohen Combined Ratio per se ein schlechtes Geschäftsjahr hatten. Bilanzposten der Passivseite lassen ebenfalls vermuten, dass die Dinge so eindeutig nicht sind.

Rhion Versicherung mit exorbitanter Rückversicherungsquote

So hat zum Beispiel die Rhion Versicherung 2019 und 2020 eine exorbitant hohe Rückversicherungsquote. Zuvor lag diese weit unter dem Schnitt der Branche – geringe 0,98 Prozent in 2017 zum Beispiel bei einem Branchenschnitt von 11,53 Prozent.

In 2019 aber schnellt die Rückversicherungsquote plötzlich in die Höhe: 80,26 Prozent weist der Versicherer aus Neuss aus. Und das bei einem Branchenschnitt von 13,46 Prozent. Auch 2020 ist die Quote exorbitant hoch: 80,81 Prozent.

Allianz und Axa mit hohen Rückstellungsquoten, ebenfalls die R+V

Ein anderer Posten der Passivseite ist die Rückstellungsquote – das Polster für ungewisse Verpflichtungen. Die Quote gibt die gesamten versicherungstechnischen Bruttorückstellungen (direkt) in Prozent der gebuchten Bruttoprämien an. Zwar werden sich diese Rückstellungen am Schadens-Szenario eines Versicherers ausrichten. Auffallend aber: Bei einem Branchenschnitt in Höhe von 244,35 Prozent in 2020 weist die Allianz 799,81 Prozent Bruttorückstellungen von den Bruttoprämien aus.

Hier ist außerdem die Axa auffällig – sie hat mit 534,63 Prozent die dritthöchste Rückstellungsquote der gesamten Branche. Und noch ein Versicherer fällt hier ebenfalls auf: Die R+V Allgemeine mit der branchenweit zweithöchsten Rückstellungsquote in Höhe von 611,58 Prozent.

R+V mit schlechtestem CR-Durchschnittswert

Die R+V Allgemeine gehört jedoch auch zu den Versicherern mit einer auffallend schlechten Schaden-Kosten-Quote in der Unfallversicherung. Zwar: In 2020 rettet sich das Unternehmen aus Köln durch eine CR von 99,88 Prozent gerade noch in den auskömmlichen Bereich. Jedoch: 2020 ist das einzige Jahr seit 2015, in dem die R+V in der Unfallversicherung keine roten Zahlen schreiben muss. Der CR-Schnitt der Jahre 2015 bis 2020 liegt bei 113,11 Prozent.

Damit gehört die R+V Allgemeine nicht nur zu jenen drei Versicherern, die überhaupt einen Sechs-Jahres-Schnitt über 100 Prozent hinnehmen müssen (neben der Axa und der Allianz). Zudem hat die R+V sogar den schlechtesten CR-Schnitt aller Unfallversicherer im Branchenmonitor. Jedoch ist eben auch für die R+V auffallend, dass überdurchschnittlich viele der gebuchten Bruttoprämien in die Passivposten fließen – was die Schaden-Kosten-Quote relativieren könnte.

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Hintergrund: Alle Daten sind dem „Branchenmonitor Unfallversicherung 2015-2020“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH entnommen. Hierfür wurden BaFin-Berichte der zurückliegenden Jahre sowie Zahlen des Statistischen Jahrbuchs des Branchenverbandes GDV ausgewertet, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 94 Prozent des Marktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.

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