„Versicherer suchen heute nach Wegen, wie sie ihre Dienstleistung in neue Mobilitätsökosysteme integrieren können. Versicherungen müssen in Zukunft verstärkt Konzepte für die komplette Bandbreite der Mobilität, also der Versicherung von Privatfahrzeugen, Car-Sharing oder Abo-Modellen anbieten – und das gleichzeitig und oft für ein und denselben Versicherungsnehmer“, so beschrieb Stephen Voss, Mitgründer und Vorstand Vertrieb und Marketing von Neodigital, im Februar 2021 die Lage für Kfz-Versicherer. Anlass für die ‚Problembeschreibung‘ war die damals neu vorgestellte Telematik-Lösung.

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Über die Tochtergesellschaft ‚we enable‘ soll Kfz-Versicherern eine Telematik-Komplett-Lösung inklusive App, Gerät zur Fahrdatenerfassung, API-Schnittstelle und Backend-Abwicklung angeboten werden. Preis: Ein Euro pro Monat und Kunde. Versicherer könnten so ihre digitalen Telematiktarife komplett outsourcen und Entwicklungskosten sparen.

Zudem steht das Konzept für einen Wechsel von ‚Pay as you drive‘, bei dem Merkmale von Fahrzeug und Halter die Tarifierung bestimmen, zu ‚Pay how you drive‘. Dabei wird die Prämie anhand des tatsächlichen Fahrverhaltens berechnet. „Vereinfacht gesagt, macht es unsere Technologie nun möglich, ein Automodell von negativen Erfahrungswerten aus der Vergangenheit, die zu einer hohen Risikoeinschätzung geführt haben, zu lösen. Traditionelle Versicherungsunternehmen arbeiten bisher bei der Berechnung eines Kfz-Versicherungstarifs mit Daten zur Häufigkeit und Schwere von Unfällen und Schäden, die von Fahrern eines bestimmten Fahrzeugtyps gemacht wurden. Diese Übertragung von negativen Erfahrungen mit völlig fremden Personen und damit einer hohen Risikoeinschätzung auf einen individuellen Fahrer sind nun vorbei. Wer ein sportliches Coupé mit hoher PS-Zahl besitzt, aber rücksichtsvoll und vorausschauend fährt, bezahlt mitunter weniger als der Fahrer eines Minivans, der eine risikoreiche Fahrweise an den Tag legt“, erklärte Voss das Prinzip des neuen Produktes.

Diese Technologie soll es nun sein, die den jungen Versicherer interessant für die etablierten Branchengrößen macht. So berichten übereinstimmend Süddeutsche Zeitung und Versicherungsmonitor darüber, dass sich HUK-Coburg an Neodigital beteiligen will. Nach SZ-Informationen sollen die Franken bereit sein, „deutlich über 20 Millionen Euro“ für die Beteiligung zu zahlen. Neodigital-Mitgründer Stephan Voss äußerte sich laut SZ nicht zu dem Vorgang. HUK-Coburg wird bei der Süddeutschen so zitiert: „Wir kommentieren keine Marktgerüchte, sehen uns im Markt aber immer um.“

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Ein Dementi ist das nicht. Gespannt darf man sein, wie das die anderen Investoren bei Neodigital sehen. Erst vor knapp einem Jahr beteiligte sich beispielsweise Paypal-Gründer Peter Thiel über den Risikokapital-Fonds Elevat3 Capital am digitalen Versicherer.

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