Jens Göhner: Das Interesse und der Informationsbedarf in der Maklerschaft ist sehr groß. Im Juni haben rund 750 Makler und andere Vertriebspartner an unserer 3-teiligen Online-Weiterbildung zum „Nachhaltigkeits-Berater (Altersvorsorge)“ mit Zertifizierung durch das Institut für nachhaltiges, ethisches Finanzwesen e.V. (INAF) teilgenommen. Deshalb werden wir dieses Angebot im Oktober wiederholen, um die Nachhaltigkeit noch breiter bei den Vermittlern zu verankern.

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Die TVO-Verordnung verpflichtet Vermittler, ihre Kundinnen und Kunden aktiv zu Nachhaltigkeitsrisiken anzusprechen, wenn sie zu Finanzanlage- und/oder Versicherungsanlageprodukten beraten. Unsere Erfahrung: Hier herrscht noch viel Unsicherheit. Haben Sie Tipps für die Maklerschaft, was sie berücksichtigen sollte, damit sie nicht in die Haftungsfalle tappt?

„Informieren und adaptieren“ sollte das Motto sein. Das heißt: Die Vermittler sollten sich mit den regulatorischen Anforderungen beschäftigen und sich überlegen, wie sie diese am besten für sich umsetzen können. Hilfestellungen geben dabei insbesondere die Vermittlerverbände.

„Die EU schafft eine grüne Blase“, titelte vor Kurzem die Tageszeitung WELT. Je mehr in sogenannte ESG-Strategien investiert werde, desto mehr wachse auch die Gefahr für Marktverwerfungen. Aus Ihrer Sicht realistische Ängste?

Aktuell gibt es noch ausreichend Anlagemöglichkeiten. Nimmt jedoch das Neugeschäft und das Angebot nachhaltiger Policen weiter deutlich zu, könnte das Angebot geeigneter Investments knapp werden. Deshalb sollte die Politik neben der Transparenzverordnung und anderen Regularien, die die Aufmerksamkeit der Kunden auf nachhaltige Produkte richten, auch das Angebot an nachhaltigen Anlagen stärker fördern.

Sie haben angekündigt, das Neugeschäft mit staatlich geförderten Riester-Renten zum August 2021 einzustellen. Wieso haben Sie sich dazu entschlossen? Sehen Sie aktuell noch eine Zukunft für die Riester-Rente?

Verlässlichkeit ist einer unserer zentralen Werte, der sich auch in unserer Produktpolitik spiegelt. Und deshalb haben wir die politische Diskussion und die Diskussion um die Attraktivität von Riester-Angeboten schon im letzten Jahr sorgfältig beobachtet. Riester-Produkte mit der zurzeit gesetzlich vorgeschriebenen 100-Prozent-Beitragsgarantie sind sowohl für die Kunden als auch für uns als Unternehmen im aktuellen Zinsumfeld unattraktiv. Die 100-Prozent-Beitragsgarantie schränkt den Spielraum für eine attraktive Kapitalanlage und damit für eine attraktive Rendite ein. Da notwendige Reformen in der ausgehenden Legislaturperiode ausblieben, haben wir unser Riester-Neugeschäft eingestellt.

Am Wochenende wird ein neuer Bundestag gewählt. Stellen Sie sich vor, Sie könnten als Gesetzgeber wichtige Reformen in Sachen Rente und Altersvorsorge anstoßen. Was würden Sie umsetzen?

Aus meiner Sicht sind die wichtigsten Reformen die Versicherungspflicht für Selbstständige sowie die Abschaffung der 100-Prozent-Beitragsgarantie bei der Riester-Rente – beziehungsweise einem möglichen Nachfolgeprodukt – und bei der Beitragszusage mit Mindestleistung.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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