Die Märkte sind volatil, die Zinsen niedrig, Sparten wie Riester oder die Lebensversicherung sehen sich einem Dauerfeuer durch die Medien ausgesetzt. Provokativ gefragt: Sind das eigentlich gute oder schlechte Zeiten für Finanzberater und Anlagestrategen, wenn die Kunden verunsichert sind?

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Kai Friedrich: In der aktuellen Zeit suchen die Kunden aufgrund der sich vielfach und in unterschiedlichen Lebensbereichen vollziehenden Veränderungen eine neue Orientierung und Sicherheit. Insbesondere beim Thema Geldanlage. Auch das nun schon lange andauernde Niedrigzinsumfeld hat bei zahlreichen Kunden zu einem Umdenken geführt. Klassisch beliebte Produkte, wie das Sparbuch, haben an Attraktivität eingebüßt, hingegen nimmt die Bereitschaft zu Kapitalmarktanlagen deutlich zu. In diesem Umfeld bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, den Kunden auf dem Weg zur optimalen Kapitalanlage zu unterstützen und zu beraten.

Kapitalanlage: Viele Kunden sind auf der Suche nach einer guten BeratungKapitalanlage: Viele Kunden sind auf der Suche nach einer guten BeratungKai Friedrich ist Sprecher der Geschäftsführung der ebaseebase

Geld und Börse sind in den Köpfen der Mehrheit der Deutschen keine soliden Partner füreinander. Nur ein kleiner Teil der Bürger investiert in Aktien und Fonds, das Image ist schlecht. Ich nehme an, aus Ihrer Sicht ist das ein Missverständnis? Was kann gegen das schlechte Image getan werden?

Zum einen ist hier erfreulicherweise ein Wandel zu beobachten, der mehr und mehr Deutsche von Sparern zu Investoren macht. Zum anderen ist es aber weniger eine Frage des Images. Vielmehr ist am Ende die Risikobereitschaft bzw. Risikowahrnehmung eine treibende Kraft, die dazu führt, dass Anlagen am Kapitalmarkt einfach nicht in Erwägung gezogen werden. Um diese Hürde zu nehmen, ist gute Aufklärungsarbeit wichtig. Denn auf lange Sicht ist eine gut diversifizierte Kapitalanlage an der Börse nicht risikoreich. Sicherlich kommt es immer wieder zu Schwankungen, auf lange Sicht fallen diese aber nicht ins Gewicht. Gerade für langfristige Anlagen ist der Zusammenhang folglich also eigentlich genau umgekehrt: wer nicht an der Börse anlegt, geht das große Risiko einer nur geringen oder sogar negativen Verzinsung ein.

In vielen Medien-Beiträgen wird oft Bild der Börse als Casino gepflegt, das Investment in Börsen als Glücksspiel. Auch das ist ein Grund, weshalb die Deutschen ein Engagement an Börsen scheuen, sie gelten als sehr sicherheitsorientiert. Wie planbar ist der Erfolg an den Finanzmärkten?

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Auf lange Sicht ist der Erfolg an den Finanzmärkten absolut planbar. Als Anleger ist man mit einem gut diversifizierten Portfolio auf der sicheren Seite. Sicherlich sind dabei zwischenzeitliche Schwankungen inbegriffen, diese fallen aber wie gesagt auf lange Sicht nicht ins Gewicht. Wer beispielsweise seit etwa 50 Jahren in ein weltweites Aktienportfolio investiert hat, konnte im Schnitt über 7 Prozent Rendite pro Jahr erziehen – der MSCI World bestehend aus rund 1.600 Unternehmen weltweit ist hier eine gute Orientierung.

Der Trend zum Investieren

Medienmacher wie Finanzanlagenvermittler müssen auch Krisenmanager und -erklärer sein. Wie bringt man einen Anleger nahe, wenn sich die Geldanlage mal doch nicht so entwickelt wie gewünscht? Haben Sie Tipps?

Grundsätzlich muss die Anlage immer zur individuellen finanziellen Situation und den Zielen passen. Gerade ein gutes Verständnis über die tatsächliche Bereitschaft, auch Wertschwankungen tolerieren zu können, ist dabei ein wesentlicher Punkt. Wenn es dann zwischenzeitlich wirklich zu Schwankungen kommt, muss sich die ursprüngliche Zielsetzung und der Entscheidungsgrund für diese Anlage nochmal ins Gedächtnis gerufen werden. Ein zwischenzeitlicher Kursrückgang ist gerade bei langfristigen Anlagen kein Problem. Zudem sollten in einem diversifizierten Portfolio entsprechende Einzelentwicklungen nicht zu sehr ins Gewicht fallen.

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Hand aufs Herz: Haben Sie selbst schon einmal mit einem Anlage-Tipp richtig daneben gelegen? Und wie haben Sie darauf reagiert?

Ich muss gestehen, dass ich keine „Anlage-Tipps“ in dem Sinne gebe. Ich selbst setze auf eine breit diversifizierte Kapitalanlage und kann das auch nur jedem empfehlen. Versuche mit gezielten Spekulationen auf einzelne Titel eine herausragende Rendite zu erzielen, gehen bekanntermaßen meistens nicht wirklich auf. Zu meiner eigenen Risikobereitschaft bei der Kapitalanlage würden dies nicht passen.

Wird es künftig verstärkt darum gehen, Verbraucher für die Geldanlage abzuholen, die ob dieser Situation verunsichert sind oder gar Vorbehalte haben?

Die Bereitschaft zu Kapitalanlagen an der Börse hat in letzter Zeit zugenommen, der Grundbedarf der Kunden hat sich dadurch jedoch nicht wesentlich geändert. Nur wenige Kunden kennen sich beim Thema Kapitalanlage sehr gut aus und brauchen (oder wollen) keine Unterstützung. Die Übrigen sind auf der Suche nach einer guten Beratung, um aus der Vielzahl der Möglichkeiten die Richtigen auszuwählen. Dabei geht es nicht mehr nur um die klassische persönliche Beratung, sondern auch um hybride sowie rein digitale Angebote. Wem es hier gelingt, ein attraktives Angebot und dem Kunden damit die nötige Orientierung zu liefern, kann einen echten Mehrwert für alle Beteiligten schaffen.

Viele Vermittler scheuen das Thema Investment und konzentrieren sich auf die Versicherungsvermittlung. Warum sollten sich Vermittler Ihrer Meinung nach mit dem Thema Geldanlage beschäftigen und auch als Finanzberater tätig werden?

Auch der Versicherungsmarkt befindet sich ja bekanntermaßen im Wandel. Während die klassische Lebensversicherung früher eines der absoluten Standardprodukte war, gewinnen fondsgebundene Versicherungen heute mehr und mehr an Bedeutung. Dadurch kommen die Vermittler bereits heute automatisch zunehmend mit dem Thema Investment in Berührung. Zudem sehen wir – auch wenn Versicherungen in Deutschland nach wie vor eine extrem große Bedeutung haben – einen Trend zum Investieren. Vor diesem Hintergrund sollten sich Vermittler definitiv mehr mit dem Thema beschäftigen, um sich optimal für die Zukunft aufzustellen.

In der Vergangenheit wurden viele Vermittler belächelt, die sich mühselig einen Sachbestand aufgebaut haben und nicht (nur) den Fokus auf das Neugeschäft im Bereich Leben gelegt haben. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Ist der Vertrieb von Fondsprodukten die neue Chance auf eine große Bestandssumme und damit regelmäßige Einkünfte?

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Versicherungen und das Investmentgeschäft mit Fonds können sich sehr gut ergänzen und bieten eine gute Möglichkeit, die Kundenbeziehungen auszubauen sowie auch den eigenen Bestand zu vergrößern.

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