Die privat Krankenversicherten hatten im Jahr 2020 mehr Anlass als im Jahr zuvor, sich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über ihren Versicherer zu beschweren. Das zeigt die aktuelle Beschwerdestatistik der Behörde. Zählte sie im Jahr zuvor noch 902 Eingaben, so stieg die Zahl nun auf 1.008: ein Plus von 11,7 Prozent. Auf die Zahlen macht am Dienstag das Versicherungsjournal aufmerksam.

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Damit bleibt die Beschwerdequote dennoch auf niedrigem Niveau. Die Beschwerden betreffen sowohl die private Krankenvoll- und Pflegeversicherung als auch für Zusatzpolicen, die von Privatversicherern angeboten werden: etwa Brillen- uns Zahnzusatzversicherungen. Sie entfallen somit auf rund 36 Millionen Versicherte. Hierbei gilt es zu bedenken, dass es eine weitere Anlaufstelle für Beschwerden gibt: den PKV-Ombudsmann, den im Vorjahr 5.900 Eingaben erreichten. Macht in Summe beider Stellen eine Beschwerdequote von 19 Beschwerden je 100.000 Versicherte.

AXA erhielt -anteilig zu Versicherten- die meisten Beschwerden

Die Beschwerdestatistik der BaFin listet auch die Zahl der Beschwerden für einzelne Unternehmen auf. Dabei gibt es auch Versicherer, die keine einzige Beschwerde erhielten: darunter die DEVK Kranken und die Mecklenburgische. Die BaFin-Statistik listet insgesamt 37 Versicherer auf, über die es Grund zur Beschwerde gab. Laut PKV-Verband sind aktuell 42 Privatversicherer in Deutschland tätig, von denen 36 die Krankenvollversicherung anbieten.

Die höchste Beschwerdequote hat demnach die Axa mit 8,63 Beschwerden auf 100.000 Versicherte, wie das „Versicherungsjournal“ ausgerechnet hat. Es folgen die Hallesche (5,15 Beschwerden je 100.000 Versicherte), Inter (4,32), die Gothaer (4,31) sowie die Allianz (4,09). Diese Versicherer liegen deutlich über dem Branchenschnitt mit einer Beschwerdequote von 2,8.

Die großen Versicherer mit den wenigsten Beschwerden

Besonders niedrige Beschwerdequoten hat hingegen die HanseMerkur Speziale: Wobei der Anbieter auf Zusatzversicherungen spezialisiert ist. Hier trafen 0,07 Beschwerden je 100.000 Versicherte ein. Wenig Grund, sich zu beschwerden, hatten auch die Versicherten der Signal Iduna (1,54), der Ergo (1,87) sowie der Marktführerin Debeka (1,95). Auch bei der Ergo-Tochter DKV, Marktführerin bei Firmengruppen- und Krankenzusatzversicherungen, konnte mit einer Beschwerdequote von 2,32 der Branchenschnitt deutlich unterschritten werden.

Die BaFin weist jedoch darauf hin, dass die Statistik allein keine Aussagekraft über die Qualität der Versicherer hat: auch, weil wachstumsstarke Versicherer benachteiligt werden, da sich die Neuverträge im Jahr noch nicht in der Statistik wiederfinden, sondern der Vertragsbestand zum Ende des Vorjahres gezählt wird.

Viele Versicherte wählen Rechtsweg

Der Berliner Verbraucheranwalt Knut Pilz weist darüber hinaus darauf hin, dass die BaFin-Beschwerdestatistik sowie die Ombudsmann-Beschwerden nicht allein Anlaufstelle für unzufriedene PKV-Versicherte ist. Das betreffe speziell Rechtsstreite, bei denen die Versicherten ungerechtfertigte Prämienanpassungen vermuten:

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"Prämienanpassungen sind nach unserer Einschätzung ein absolutes Dauerthema, gerade wenn sie weit oberhalb der normalen Preisentwicklung liegen. Allein wir führen aktuelle ca. 2.000 derartige Verfahren. Die -tatsächlich geringe- Zahl der Ombudsmannbeschwerden dürfte eher damit zusammenhängen, dass der Ombudsmann beim Thema “Prämienanpassung” ohnehin regelmäßig nicht weiterhelfen kann und nur eine gerichtliche Überprüfung Aussichten auf Erfolg hat", sagte Pilz im Interview mit dem Versicherungsboten. Wie viele Rechtsstreite gegen private Krankenversicherer geführt werden, darüber gibt es aktuell keine genauen Daten.

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