Noch nie waren so viele Rentner erwerbstätig wie heute. Rund 1,445 Millionen Menschen gingen 2018 einer Erwerbsarbeit nach, obwohl sie bereits eine Altersrente bezogen. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Dienstag und beruft sich auf Zahlen des Bundesarbeitsministeriums.

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Damit ist die Zahl der Rentner mit Erwerbsarbeit in den letzten Jahren stark angestiegen. Zwar bedeuten die Daten, dass „nur“ acht Prozent der Altersruheständler einen Job haben. Doch zur Jahrtausendwende verdienten sich erst circa 530.000 Ruheständler etwas dazu: ein Plus um fast 174 Prozent in absoluten Zahlen.

Der Großteil der Rentner ist geringfügig beschäftigt, arbeitet also auf 450-Euro-Basis: Das trifft auf fast die Hälfte der Seniorinnen und Senioren zu. Aktuell würden die Rentner sogar die größte Gruppe unter den Minijobbern stellen, so berichtet dpa mit Berufung auf die „Bundesagentur für Arbeit“. Weitere 25 Prozent haben zudem eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, ein weiteres Viertel ist selbstständig tätig.

Es ist nicht nur das Geld

Warum aber arbeiten die Menschen auch nach dem Erreichen des Ruhestandsalters? Aufschluss über diese Frage gibt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit. Dass viele Menschen auch weiterhin auf einen Job angewiesen sind, lässt sich dabei nicht leugnen. Und das trifft vor allem auf Frauen zu:

Insgesamt geben 70 Prozent der arbeitenden Rentnerinnen, jedoch nur 53 Prozent der Männer an, dass sie trotz Rente auf das Geld aus der Erwerbsarbeit angewiesen sind („trifft völlig zu“/ „trifft eher zu“). Dabei konnte das IAB aber nicht abschließend klären, ob diese Personen tatsächlich von einem Einkommen unterhalb des Existenzminimums bedroht sind — oder das Geld schlicht brauchen, um ihren bisherigen Lebensstandard zu sichern. Die Wissenschaftler werteten Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) aus — eine wiederkehrende Haushaltsbefragung zu Bildungs- und Erwerbsverläufen von Personen bis 69 Jahren.

Darüber hinaus sind es aber auch soziale Motive, die die Menschen im Job halten. 92 Prozent der erwerbstätigen oder erwerbswilligen Rentenbezieher, die finanzielle Gründe angeben, sagen auch, sie bräuchten den Kontakt zu anderen Menschen. Aus dieser Gruppe stimmen ebenfalls 92 Prozent der Aussage zu, „Ich habe Spaß an der Arbeit“. Das zeigt, dass das Gros der Betroffenen die weitere Erwerbsarbeit durchaus wertschätzt und nicht unbedingt als Last empfindet.

Dennoch sollten die finanziellen Gründe nicht unterschätzt werden. Nicht einmal 640 Euro Brutto-Monatsrente erhielten 2018 Ruheständler im Schnitt, wenn sie eine Regelaltersrente bezogen: Das geht aus Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund hervor. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenkasse einzahlte, musste auch mit durchschnittlich 1.311 Euro Vorlieb nehmen. Jeder zweite Ruheständler erhält weniger als 900 Euro im Monat ausgezahlt.

Flexirenten-Gesetz: Länger arbeiten lohnt sich mehr

Mit dem Arbeitgeber kann man bereits seit 2014 ganz einfach vereinbaren, dass man später in Rente gehen will: auch mit einer festgelegten Frist, die sich nach Wunsch und Bedarf verlängern lässt.

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Die Bundesregierung hat mit dem 2017 in Kraft getretenen Flexirenten-Gesetz einige Verbesserungen eingeführt, damit gesetzlich Rentenversicherte den Übergang ins Rentenalter selbstbestimmter gestalten können. Wer länger arbeitet, kann dabei auch bei der gesetzlichen Rente profitieren. Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze haben seitdem die Wahl, ob sie in ihrem Job versicherungsfrei bleiben wollen oder aber weiter eigene Beiträge zur Rentenversicherung zahlen, um die Rente aufzubessern.

  • Wer über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet und noch keine Rente ausgezahlt bekommt, erhöht die Rente um sechs Prozent für jedes Jahr ohne Rentenbezug, so rechnet die Bundesregierung vor. Bei einem Durchschnittsverdiener über 40 Jahre bedeutet ein einziges Jahr längere Arbeit schon 107 Euro Monatsrente (brutto) mehr. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen dann auch. Zusätzlich erhöht sich der Rentenanspruch durch die laufenden Beitragszahlungen.
  • Wer seine Rente bereits erhält und die Regelaltersgrenze geknackt hat, kann seit Inkrafttreten des Flexirentengesetzes ebenfalls seine Altersbezüge auffrischen. Dafür ist es notwendig, freiwillig auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten und dies gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären. Folglich müssen auch Arbeitgeber und -nehmer weiter Rentenbeiträge zahlen, um zusätzliche Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto zu sammeln. Das kann sich nach Ansicht der Deutschen Rentenversicherung (DRV) selbst für Minijobber lohnen: Wenn ein gering beschäftigter Rentner in den alten Bundesländern 2019 genau 450 Euro im Monat verdient, zahlen Arbeitgeber und -nehmer zusammen rund 194 Euro pro Jahr in die Rentenkasse ein. Das erhöht den Rentenanspruch ab 2020 um immerhin 5 Euro pro Monat.
  • Ab dem 1. Juli 2017 sank darüber hinaus das Mindestalter für Sonderzahlungen in die gesetzliche Rentenkasse, um sich eine abschlagsfreie oder höhere gesetzliche Rente zu sichern, vom 55. auf das 50. Lebensjahr. Immer mehr Menschen machen von diesen freiwilligen Zuzahlungen Gebrauch (der Versicherungsbote berichtete).
  • Wer die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat, aber schon eine gesetzliche Rente ausgezahlt bekommt, muss zudem die Hinzuverdienstgrenze beachten, um seinen Rentenanspruch nicht zu gefährden: für Altersvollrentner liegt sie derzeit bei 6.300 Euro im Jahr. Wird die Hinzuverdienstgrenze überschritten, so wird dies auf die Rente angerechnet: Sie kann dann gekürzt werden oder für den betreffenden Zeitraum ganz wegfallen.

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