Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie für den Einsatz von KI in Marketing und Vertrieb der Versicherer?

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Es lohnt sich von der Nutzenseite her zu denken. Dabei ist Versicherer nicht gleich Versicherer. Beim Einsatz von KI sind die Optionen sehr vielfältig. Als Versicherer kann man der Überzeugung sein, dass man nur mit hochpreisigen Produkten Geld verdienen kann, die dem potenziellen Kunden unbedingt von einem Versicherungsexperten persönlich erläutert werden müssen. Mit dieser Überzeugung wird ein Versicherer kaum künstliche Intelligenz im Front-Office anwenden wollen, jedenfalls nicht an der Kundenschnittstelle. Götz Volkenandt ist promovierter Luft- und Raumfahrttechniker, Berater, Buchautor und Lehrender an der Berlin School of Economics and Law.

Ist ein Unternehmen aber der Überzeugung, dass z.B. Erreichbarkeit eine ganz wesentliche Voraussetzung für gute Geschäfte ist, dann könnte die Erreichbarkeit wochentags von 8:00 bis 20:00 möglicherweise nicht ausreichen. Dann ließen sich beispielsweise „intelligente Chatbots“ oder „intelligente Telefoncomputer“ verwenden, um ein bestimmtes Maß an Auskunftsfähigkeit auch in diesen Randzeiten anzubieten, in denen gerade auch die junge und erfolgreiche Kundenschicht Zeit hat, jedoch rasch auf der Website der Konkurrenz unterwegs ist, wenn die gesuchte Information nicht schnell zu finden und niemand zu erreichen ist.

So hängt der sinnvolle Einsatz von künstlicher Intelligenz sehr stark von der Strategie des Unternehmens ab, denn die soll mit diesem Einsatz unterstützt werden. Doch grundsätzlich sind der Fanatsie hier kaum Grenzen gesetzt.

Wann lohnt sich der Einsatz von KI im Besonderen?

Es gibt eine einfache Regel zum Einsatz von KI: In allen häufig wiederkehrenden Prozessen, in denen eine Beurteilung von Informationen vorgenommen und möglicherweise eine Entscheidung getroffen wird, lässt sich KI erfolgreich einsetzen, wenn es eine ausreichend große Datenhistorie gibt, die zum Training verwendet werden kann.

So kann mit Mitteln der KI beispielsweise die Verwendung von Formulierungen in der Kundenansprache optimiert werden, denn jedes Gespräch könnte einer Beurteilung unterzogen werden. Ein Trend ist sicher, dass natürlichsprachige Kommunikation sich auf absehbare Zeit mit KI abbilden lässt. D.h. die Benutzerschnittstelle zum Computer wird ähnlich Siri, Echo etc. in Zukunft auch zwischen Kunden oder Mitarbeitern und Unternehmensdiensten auf Basis von KI möglich sein.

Wo wird der Mensch noch gebraucht, und wie können Unternehmen den Ängsten ihrer Mitarbeiter begegnen?

Die Welt verändert sich jeden Tag, das bedeutet auch Veränderung für Mitarbeiter. Die größte Angst besteht in der fehlenden Sicherheit: Welche Aufgaben werde ich in der Zukunft haben? Welche Anforderungen werden zukünftig an mich gestellt? Werde ich überhaupt eine angemessene Rolle im Unternehmen ausfüllen dürfen? Werde ich noch gebraucht?

Die Unternehmen, d.h. alle Führungskräfte des Unternehmens haben die Verpflichtung, sich über diese Fragen ihrer Mitarbeiter Gedanken zu machen. Deshalb ist es auch die Aufgabe aller Führungskräfte, sich mit der Zukunft des Unternehmens auseinanderzusetzen. Wichtig ist also zunächst, sich als Führungskraft selbst Klarheit zu verschaffen, um den eigenen Mitarbeitern mehr Klarheit geben zu können. Mehr Klarheit über die Strategie des Unternehmens und des selbst verantworteten Bereichs, mehr Klarheit über die dafür notwendigen Kompetenzen und Kapazitäten.

Dirk Niederhaus ist kreativer Provokateur, People Enthusiast und Gefährte bei Unternehmensentwicklung und Strategieumsetzung.Wir wollen aber noch eine zweite Antwort geben: Nur Unternehmen, die einen deutlichen Erfolgswillen haben, die nicht „zu satt sind“, werden nach weiterem Wachstum und größeren Profiten streben. Ohne den unbedingten Erfolgswillen haben Unternehmen keine große Perspektive und bieten damit auch der Belegschaft keine Perspektive.

Konkret bezogen auf den Einsatz von KI wissen wir, dass weiterhin gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter gebraucht werden; wer soll sonst die KI trainieren? In Zeiten, in denen sich Kundenwünsche und Vorstellungen ständig ändern, ist auch eine „statische KI“ kein dauerhafter Wettbewerbsvorteil.

Was würden Sie den Versicherern in Sachen KI empfehlen? Bzw. wo sehen Sie aktuell die lohnenswertesten Einsatzfelder?

Wir haben einen nicht repräsentativen Feldversuch unternommen und Versicherungsgesellschaften und -vertreter angerufen sowie Websites nach bestimmten Auskünften durchsucht.

Die wichtigste Erkenntnis daraus ist, dass viele Unternehmen schlecht erreichbar sind und die Fragen eines potenziellen Kunden auf der Website nicht beantwortet werden. Deshalb lautet unsere einfache Empfehlung: Beziehen Sie in alle Innovationen und Verbesserungen KI als Lösungselement ein! Haben Sie dabei nicht zuviel Respekt vor KI, KI kann genau das, was Menschen, die etwas häufig wiederholen, auch können.

Und: Arbeiten Sie an Ihrer Erreichbarkeit und Auskunftsfähigkeit. Ein einfacher und nicht allzu schwieriger Anfang könnte ein „intelligenter Chatbot“ sein, z.B. für die Zeit von abends 20:00 bis morgens um 8:00; nicht nur, um erreichbar zu sein, sondern auch und gerade, um Daten über die Kundenkommunikation zu sammeln und auszuwerten.

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Das ausführliche Interview finden Sie auf der AMC-Website.

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