Peter Brandmann: Auch das hängt natürlich von der Form der Gründung ab. Will ich als Makler meine Selbstständigkeit aufbauen und einen Kundenbestand eines verkaufswilligen Mitbewerbers übernehmen, brauche ich in der Regel finanzielle Mittel, um dies realisieren zu können. In anderen Fällen halten sich die Investitionskosten in Grenzen. Büroeinrichtung, technische Ausstattung und vielleicht noch ein Kfz (was dann in der Regel geleast wird) sind Investitionen, die anfallen.

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Gerade bei gebunden Vermittlern helfen zum Teil wieder die Gesellschaften. Ist dies nicht der Fall, bleibt in der Regel der Gang zur Bank — und dieser will sehr gut vorbereitet sein. Denn eine Existenzgründung und dann noch in der Branche der Versicherungsvermittlung löst bei den Kreditinstituten nicht gerade Begeisterungsstürme aus.

Vertrauen ist ein wichtiges Kapital; doch der Ruf der Branche insgesamt schlecht, wie Umfragen immer wieder bestätigen. Was können denn gerade junge Vermittler tun, um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden zu gewinnen?

Ich denke, dass die gesamte Branche mehr für die Verbesserung des Rufes unternehmen muss. Die Regulierungen der letzten Jahre haben dazu beigetragen, dass der Berufsstand der Versicherungsvermittler mehr Qualität erfahren hat. Als Vermittler sollten speziell die Existenzgründer sich bei Ihren Kunden eine Vertrauensbasis aufbauen. Gerade aus Empfehlungen heraus lassen sich wieder notwendige Neukunden gewinnen. Eine seriöse und vor allem bedarfsgerechte Beratung ist hierbei das A und O.

…können Sie — unabhängig von Ihrer Expertise — Netzwerke und Anlaufstellen empfehlen, wo sich junge Vermittler vernetzen und austauschen können? Wer leistet Starthilfe?

Hier unterstützen durchaus verschiedene Vermittlerverbände, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) oder auch die Industrie- und Handelskammern. Den Besuch eines Existenzgründerseminars halte ich durchaus für empfehlenswert. Eine interessante Möglichkeit ist auch die Nutzung der Existenzgründerplattform „startothek“. Hier kann der Gründer einen Fahrplan mit relevanten Informationen erhalten und ist somit, was die Voraussetzungen betrifft, bestens gerüstet. Hier gibt es auch einen Fachartikel zum Thema Gründung in der Versicherungsbranche.



Macht es aus Ihrer Sicht Sinn, Altbestände aufzukaufen — auch wenn man selbst vielleicht bisher wenig Erfahrung hat?

Diese Frage ist nicht einfach und auch nicht in wenigen Sätzen zu beantworten. Gerade der Bestandskauf ist mittlerweile ein schwieriges Unterfangen, bei dem es viele Parameter zu berücksichtigen gilt. Das geht natürlich vom Kaufpreis über die technische Aufbereitung bis hin zu den rechtlich sauberen Voraussetzungen. In jedem Falle sollte sich hier professionelle Hilfe geholt werden.

Unterstützen die Versicherer aus Ihrer Sicht die Existenzgründung von Vertriebskräften ausreichend? Was könnte besser funktionieren?

Es gibt sicherlich immer Optimierungsbedarf. Es muss aber auch die Frage gestellt werden, inwieweit dies eine Aufgabe des Versicherers ist. Gehen wir auf die Ausschließlichkeit ein, dann unterstützen die Versicherer durchaus mehr oder weniger die Schritte in die Selbstständigkeit. Hier ist die Notwendigkeit erkannt und Versicherungsgesellschaften bedienen sich interner oder externer Coaches. Beim Maklernachwuchs liegt der Fall etwas anders. Praktisch können hier die Versicherer nicht unterstützen, da der Makler ja als unabhängiger Vermittler, als Sachwalter des Kunden agiert. Somit ist der „Maklergründer“ mehr auf sich selbst angewiesen, kann sich aber hier Unterstützung durch Maklerverbände oder spezialisierte externe Berater holen.

Bei externen Beratern würde ich immer darauf achten, dass dieser aus der Branche kommt und diese auch intensiv kennt. Wir zum Beispiel beraten ausschließlich Versicherungsvermittler (Agentur/Vertreter und Makler). Die Branche ist sehr komplex und mit vielen Fallstricken gerade bei der Gründung versehen.

Beratungsfirmen wie Adcubum prophezeien einen baldigen Vermittlerschwund, weil digitale Technik die Berater ersetzen könnte: Alexa berät statt Herr Kaiser. Wie bewerten Sie die Chancen für Berufseinsteiger, langfristig einen guten Job zu haben? Macht es aus Ihrer Sicht überhaupt noch Sinn, in der Branche tätig zu werden?

Ich halte die Branche nach wie vor interessant und auch für die Zukunft lebensfähig, mit einer vernünftigen Ertrags-/Gewinnspanne. Sicherlich werden einfache Versicherungsprodukte immer stärker in den Direktabschluss gehen. Dies ist betriebswirtschaftlich auch sinnvoll, denn hier ist die Rentabilität für den Vermittler (Kosten-Ertragsbetrachtung) nicht mehr gegeben. Erklärungsbedürftige und komplexe Lösungen brauchen nach wie vor einen fachlich kompetenten Vermittler, der eine Lösung – zugeschnitten auf die jeweilige Problematik - findet.

Nicht ganz außer Acht lassen dürfen wir bei dieser Betrachtung den Gesetzgeber. Wie entwickelt sich die Zukunft? LVRG II oder Provisionsdeckel sind ja in aller Munde und können Auswirkungen auf die Ertragssituation der Vermittler haben.

Der Vermittlerschwund laut Vermittlerregister hat in den letzten Jahren ja bereits auf allen Ebenen eingesetzt – hier entsteht durchaus eine gesunde Marktbereinigung. Sicherlich geht der Trend in den nächsten Jahren hin zu größeren Vermittlerbetrieben. Zusammenschlüsse, um Synergieeffekte zu erzielen sind hierfür ein adäquates Mittel. Also weg vom Einzelvermittler – hin die Gemeinschaftsagenturen oder größeren Maklerbetrieben.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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