Der Mittelstand ist das Herz der deutschen Wirtschaft — diese oft gepflegte Floskel lässt sich auch an Zahlen belegen. Sieben von zehn Beschäftigten der insgesamt 44,5 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland waren zum Jahresende 2017 bei einem mittelständigen Unternehmen in Lohn und Brot (70,4 Prozent), so berichtet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im „Mittelstandspanel 2018“. Zum Jahresende 2017 waren demnach 31,3 Millionen Personen in den KMU hier zu Lande erwerbstätig.

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Laut Definition zählen alle Firmen zum Mittelstand, deren Jahresumsatz 500 Millionen Euro nicht übersteigt. Die Kreditanstalt hat weitere beachtliche Zahlen. Der Mittelstand stellt 99,95 Prozent aller Unternehmen in Deutschland, berichtet die Förderbank. Gemäß der Definition gab es zum Ausklang 2017 circa 3,76 Millionen mittelständische Betriebe. Die Mehrzahl ist klein: 87 Prozent dieser Firmen bzw. 1,37 Millionen weisen einen Umsatz von weniger als einer Million Euro aus. Weniger als 0,3 Prozent erzielen mehr als 50 Millionen Euro Umsatz vor Kosten und Steuern.

Nachfolger dringend gesucht

Doch die Mittelständler zeigen zugleich, dass Deutschland auch ein demographisches Problem hat. Mit anderen Worten: In den Vorstandsetagen der Firmen sitzen viele, die sich in den kommenden zwei Jahren in den Ruhestand verabschieden wollen. Allein bis Ende 2020 suchen 227.000 deutsche Mittelständler einen Nachfolger für ihr Unternehmen, so ergab eine Sonderauswertung im Rahmen des KfW-Mittelstandspanels. Bei der Auswertung im vorigen Jahr seien es allerdings sogar 236.000 Unternehmen gewesen, die binnen Zweijahresfrist neue Führungskräfte suchten.

Erfreulicherweise wachse parallel das Bewusstsein der Unternehmenslenker, sich dem bevorstehenden Generationenwechsel frühzeitig zu stellen, so berichtet die KfW in einem Pressetext. Noch nie haben sich mehr von ihnen mit den möglichen Optionen bei einem altersbedingten Rückzug aus der Firma beschäftigt: 59 Prozent der Betroffenen gegenüber 55 Prozent im Vorjahr. Auch die Zahl der bereits gesicherten Übergaben steige: Fast zwei Drittel der Mittelständler, die bis 2020 eine Übergabe anstreben, haben die Nachfolge entweder bereits unter Dach und Fach gebracht oder führen konkrete Verhandlungen mit dem Nachfolger.

Dank der frühzeitigen Planung sei für etwa 141.000 kleine und mittlere Unternehmen bereits absehbar, wer die Firma nach dem Rückzug des aktuellen Inhabers weiterführen werde, berichtet Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe (Vorjahr: 137.000). „Dass das Nachfolgemanagement auf der Agenda der aktuellen Inhabergeneration ein ordentliches Stück nach vorne gerückt ist, freut mich“, so Zeuner. Derzeit seien etwa vier von zehn Chefs mittelständischer Betriebe älter als 55 Jahre. Für sie stelle sich in absehbarer Zeit die Frage nach dem Renteneintritt und damit nach dem Fortbestand des Unternehmens.

36.000 Betriebe haben keine Vorsorge getroffen

Positiv ist auch der Trend, dass immer weniger Chefs die Nachwuchs-Suche vernachlässigen. Rund 16 Prozent der Unternehmen, die binnen zwei Jahren einen Nachfolger suchen, seien bisher nicht in den Prozess eingestiegen oder haben lediglich Informationen gesammelt. Dennoch: Auch das betrifft eine große Zahl an Firmen, laut KfW circa 36.000 mittelständische Betriebe. Wer hier künftig die Geschäfte weiterführen soll, ist vakant. "Eine geordnete Übergabe erfordert in der Regel mehrere Jahre Planung, erst recht, wenn der Nachfolger nicht aus der Familie stammt", gibt die Förderbank im Pressetext zu bedenken. Und weiter: "Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmenslenker nicht an ihren bisherigen Ruhestands- und Übergabeplänen werden festhalten können, ist groß."

Tatsächlich zeichnet sich bei der Nachfolgeplanung eine kleine Trendwende ab. In den vergangenen Jahren sind laut Studie familieninterne Nachfolge-Lösungen präferiert worden. Nun aber liegen diese Familien-Modelle mit 45 Prozent gleichauf mit mit dem Verkauf des Unternehmens an einen externen Käufer (z.B. Existenzgründer, Finanzinvestor, anderes Unternehmen). Hierbei spiele nicht nur eine Rolle, dass die Kinder oft andere berufliche Vorstellungen haben: in vielen Fällen seien schlicht keine Kinder vorhanden.

„Zentraler Enpassfaktor für das Finden externer Nachfolger ist die dünn besetzte nachrückende Unternehmergeneration. Die Gründerzahlen sinken seit Jahren aufgrund der guten Lage am Arbeitsmarkt. 2017 machten sich nur noch 557.000 Menschen selbständig. Insbesondere die übernahmewilligen Gründer werden seltener, ihre Zahl lag zuletzt bei 57.500 im Jahr“, sagt KfW-Chefvolkswirt Zeuner. Das seien deutlich zu wenig: Unternehmerische Kompetenzen und die Attraktivität des Unternehmertums müssten stärker in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik berücksichtigt werden.

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Hintergrundinformationen: Das KfW-Mittelstandspanel ist eine repräsentative Umfrage über alle Wirtschaftszweige hinweg, für die jährlich bis zu 15.000 Entscheider aus mittelständischen Firmen befragt werden. Die Hauptbefragung lief vom 12.02. bis zum 22.06.2018.