Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), hat in einem Interview den Provisionsvertrieb von Finanzprodukten verteidigt. „Man riskiert sozialpolitische Verwerfungen, wenn man provisionsbasierte Beratung verbietet“, sagte Hufeld „Spiegel Online“. Der Jurist verwies auf Erfahrungen aus Großbritannien, die laut Hufeld „erschreckende Ergebnisse“ gezeigt hätten. So gebe es deutliche Anzeichen, „dass breite Bevölkerungsschichten seitdem von der Altersvorsorgeberatung faktisch abgeschnitten sind“. Auf der britischen Insel dürfen Vermittler für bestimmte Altersvorsorge-Produkte sei fünf Jahren keine Provision mehr nehmen.

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Zugleich positioniert sich Hufeld deutlich gegen jene, die fast ausschließlich auf Honorare setzen. Zwar müsse jeder Berater immer „den besten Kundennutzen im Blick haben“, positioniert sich der Jurist. „Ich muss allerdings immer ein wenig schmunzeln, wenn manche Lobbyisten die Beratung auf Honorarbasis als Lösung aller Probleme hinstellen“. Auch hier verwies er auf Erfahrungen aus Großbritannien: „Jemand, der wenig Geld hat, gibt einfach keine 150 oder 200 Pfund aus für einen Finanzberater - da können Sie predigen, so viel Sie wollen“.

“Wer den Provisionsvertrieb als Hort des Bösen betrachtet und Honorarberater als die besseren Menschen, dem kann ich nur sagen: Träum weiter“, verteidigt Hufeld indirekt die Qualität des Provisionsvertriebs.

Hufeld nimmt Verbraucher in die Verantwortung

Das Interview des Spiegel hat einen konkreten Anlass: Die Journalisten haben Hufeld damit konfrontiert, ob sich die BaFin Versäumnisse bei der Aufsicht des grauen Kapitalmarktes vorwerfen lassen muss. So wird Hufeld unter anderem darauf angesprochen, dass die BaFin schon weit zeitiger von Problemen beim Container-Anbieter P&R und der Immobilienfirma S&K wusste, als sie letztendlich eingriff und die Öffentlichkeit informierte. Hat die Finanzaufsicht hier nicht streng genug aufgepasst?

Hufeld weißt den Vorwurf zurück - und verweist auch auf die Verantwortung anderer. „Wir passen auf, soweit uns der Gesetzgeber dazu ermächtigt hat. Seit 2015 müssen Anbieter von Direktinvestments für ihre Produkte Prospekte erstellen. Für Direktinvestments wie bei P&R gibt es diese Pflicht sogar erst seit Anfang 2017. Sie ist unser einziger Anknüpfungspunkt“, so Hufeld. Die Prospekte könne die BaFin auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz prüfen.

Mit anderen Worten: Aus Sicht von Hufeld müssen jene, die sich eine strengere BaFin-Aufsicht wünschen, zunächst die Politik und den Gesetzgeber ansprechen. „Gesetze etablieren Mindeststandards. Wir müssen uns als staatliche Aufsicht an Gesetze halten“, so Hufeld. So seien auch Verbote von Finanzprodukten nur die „Ultima Ratio“, und zwar „für Produkte, die schon in ihrem Aufbau strukturell den Kunden benachteiligen“. Das könne man bei solchen Direktinvestments so nicht sagen - die seien nicht per se schlecht. Wenn Verbote nicht wasserdicht begründet würden, „gehen wir gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Pauken und Trompeten unter.“

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Grundsätzlich habe Deutschland "ein differenziertes Instrumentarium" der Finanzaufsicht, "das wir auch anwenden", positioniert sich Hufeld. Und fordert auch von den Verbrauchern mehr Verantwortung: "Aber kein staatlicher Schutz kann die Notwendigkeit für den einzelnen Verbraucher ersetzen, in Finanzfragen aufmerksam und verantwortungsvoll zu handeln".

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