Achim Kassow, Chef der Ergo Deutschland, hat in einem Interview die Lebensversicherung als Altersvorsorge verteidigt. Die soziale Sicherheit im Alter bleibe für die Bürger eine Herausforderung, sagte Kassow der Hannoverschen Allgemeinen. Hier habe die Lebensversicherung Vorteile: „Keine andere Sparform bietet Ihnen eine so langfristige Planungssicherheit, bis hin zur lebenslangen Rentenzahlung“, sagte Kassow.

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Langfristige Planungssicherheit, aber…Verzicht auf Garantien?

Achim Kassow, Vorstandsvorsitzender der Ergo Deutschland AG. Quelle: Pressefoto ErgoIm Interview widersprach sich der gebürtige Hannoveraner aber teils selbst, ohne dass der Interviewer tiefer nachhakte.

So wurde Kassow darauf angesprochen, dass neue Leben-Policen aktuell kaum Rendite abwerfen. Das komme auf das gewählte Anlagekonzept an, argumentierte Kassow. Während klassische Verträge mit Garantiezins derzeit nur „vergleichsweise geringe Erträge“ liefern würden, seien modernere Produkte individuell gestaltbar. Abhängig von der Risikoneigung würden sie so höhere Renditechancen bieten.

Für diese neuen Tarife nannte Kassow zwei Beispiele. Zum einen Lebensversicherungen, bei denen das eingesetzte Kapital garantiert sei, aber keine bestimmte Verzinsung. „Das gibt uns etwas mehr Spielraum bei der Anlage des Kapitals“, kommentierte der Manager.

Das zweite Beispiel: Der Kunde könne in der Ansparphase komplett auf die Garantien verzichten. „Dann erhöhen sich Ihre Renditechancen weiter, weil die Absicherungskosten entfallen“, sagte Kassow. Was er nicht erwähnt: im letzten Fall wäre dem Kunden nicht einmal der Erhalt der eingezahlten Beiträge garantiert. Damit würde er auch die -zuvor gelobte- Planungssicherheit einer Lebensversicherung verlieren.

“Es ging niemals darum, die Lebensversicherung aufzugeben“

In dem Interview wurde Kassow damit konfrontiert, dass die Ergo zwischenzeitlich überlegte, rund sechs Millionen alte Lebensversicherungen mit Garantiezins an eine externe Run-off-Gesellschaft abzustoßen. Wie es um den Plan stehe, den ganzen Lebensversicherungsbereich aufzugeben und samt Kunden an einen Abwicklungsspezialisten zu verkaufen, fragte der Interviewer der Hannoverschen. Nicht ganz korrekt, denn tatsächlich plante die Ergo zu keinem Zeitpunkt, sich von ihrem Altersvorsorge-Geschäft zu trennen.

„Es ging niemals darum, das Lebensversicherungsgeschäft komplett aufzugeben“, antwortete folglich Kassow. „Wir haben nur geprüft, ob spezialisierte Anbieter die klassischen Lebensversicherungs-Bestände besser verwalten können. Die Antwort war Nein“. Jetzt baue die Ergo mit IBM eine gemeinsame digitale Run-off-Plattform, um selbst kostengünstiger zu werden, erklärte Kassow. Diese wolle man auch für andere Anbieter öffnen.

Bekenntnis zu persönlicher Beratung

Die sinkende Nachfrage in der wichtigen Leben-Sparte sieht der Vorstand nicht als Problem - sofern es der Ergo gelinge, sich auf den digitalen Wandel der Versicherungsbranche einzustellen. Die Digitalisierung ändere die Spielregeln total - sie erlaube, Risiken neu zu bewerten, neue Produkte zu entwickeln und „das Kundenerlebnis neu zu gestalten“, argumentierte Kassow. Der Manager nannte ein ungewöhnliches Beispiel: In den USA statte die Ergo gerade tausende alte Kirchen mit Sensoren aus, die bei drohenden Wasser- und Frostschäden Alarm schlagen. Denn in den Gotteshäusern würden Wasserschäden besonders oft auftreten.

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Positiv dürften es Vermittler aus Fleisch und Blut bewerten, dass sich Kassow indirekt zur persönlichen Beratung bekennt. So verneinte er die Frage, ob nun jene Versicherer gewinnen werden, die ihre Beratung einfach ins Internet verlagern. Dieses Bild passe nicht. "Wir haben mit das größte Vertreternetz in Deutschland und daneben mit Ergo Direkt einen großen Direktversicherer", erklärte der Manager. Diesen Unterschied würden die Kunden aber im Alltag gar nicht mehr machen, sondern beides nutzen wollen - so sei persönlicher Kontakt etwa bei komplizierteren Versicherungsverträgen wichtig.

Hannoversche Allgemeine

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