Wie stabil stehen die deutschen Lebensversicherer da? Darüber sollen die sogenannten Berichte zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR) Aufschluss geben. Die Versicherer müssen sie jedes Jahr bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorlegen, so sieht es das neue Aufsichtsregime Solvency II vor. Die Berichte sollen auch den Kunden darüber informieren, wie stabil der Lebensversicherer dasteht, trotz Niedrigzins und anderer Herausforderungen für die Branche.

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Im Schnitt bessere Kapitalausstattung

Am 07. Mai war nun die Deadline für das laufende Jahr, bis zu diesem Datum mussten die Versicherer ihre Finanzausstattung berichten. Es ist das zweite Mal, dass die Branche Einblick in ihre Zahlen gewähren muss. Dabei müssen die Versicherer auch ihre Bedeckungsquote ausweisen, die Aufschluss über die Stabilität geben soll.

Grob vereinfacht zeigt die Bedeckungsquote, ob der Versicherer einen ausreichend großen Kapitalpuffer besitzt, um alle Ansprüche der Kunden auch dann bedienen zu können, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern - etwa bei einer neuen Finanzkrise. Ein Wert unter 100 Prozent wird hierbei als kritisch bewertet.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) berichtet nun, dass sich die Kapitalausstattung der Lebensversicherer zulegen konnte. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 betrug die Bedeckungsquote 382 Prozent gegenüber 316 Prozent im Vorjahr. Damit habe sich das Verhältnis von verfügbaren zu den aufsichtsrechtlich geforderten Eigenmitteln deutlich verbessert, kommentiert der Versicherungsdachverband.

Positiv wertet auch der Zweitmarktanbieter Policen Direkt die aktuellen Zahlen. Nicht zuletzt aufgrund steigender Marktzinsen hätte sich die Situation der Lebensversicherer stabilisiert, kommentiert Chefaktuar Henning Kühl. Offenbar kämen die Versicherer auch besser mit den Regulierungsvorschriften zurecht.

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Kühls erstes Fazit: „Wir gehen weiter davon aus, dass alle Lebensversicherer ihre Leistungsversprechen erfüllen und kaufen derzeit Policen aller Anbieter. Das gilt auch für Verträge im Run-off.“ Der Wert der Daten sei nicht zu unterschätzen, denn im Gegensatz zu freiwilligen Ratings müssten alle Gesellschaften ihren Transparenzpflichten nachkommen.

Elf Versicherer erfüllen Bedingungen ohne Übergangshilfen nicht

Trotzdem gibt es auch weniger erfreuliche Nachrichten. So dürfen die Lebensversicherer aktuell noch von Übergangsregeln Gebrauch machen, fast alle greifen darauf zurück. Das erlaubt es, die eigene Kapitalausstattung aufzubessern. Folglich wird eine Brutto- und eine Netto-Quote ausgewiesen. Während die Brutto-Quote für die BaFin relevant ist, zeigt die Netto-Quote den Kapitalpuffer an ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung an.

Ohne diese Übergangsregeln würden aktuell elf Lebensversicherer die von der BaFin geforderte Solvenzquote nicht erreichen, berichtet Policen Direkt. Sie müssen unter Umständen einen Maßnahmenplan vorlegen, um ihre finanzielle Sicherheit zu verbessern. Auch hier gibt es allerdings einen positiven Trend: Beim letzten Test waren noch 29 Gesellschaften betroffen. Die Anbieter mit der niedrigsten Netto-SCR-Quote sind demnach (Angaben ohne Gewähr):

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  • neue leben Lebensversicherung AG (84 Prozent)
  • Familienfürsorge Lebensversicherung (80 Prozent)
  • HDI Lebensversicherung AG (72 Prozent)
  • Athene Lebensversicherung AG (62 Prozent)
  • Bayerische Beamten Lebensversicherung (61 Prozent)
  • PB Lebensversicherung AG (55 Prozent)
  • Frankfurter Lebensversicherung AG (48 Prozent)
  • Öffentliche Lebensversicherung Oldenburg (31 Prozent)
  • RheinLand Lebensversicherung AG (26 Prozent)
  • Süddeutsche Lebensversicherung (22 Prozent)
  • Frankfurter Münchener Lebensversicherung AG (21 Prozent)

Kritik an Transparenz der Prüfberichte

Wiederholt wird auch die Transparenz der Solvenzberichte in Frage gestellt. Nicht zuletzt vom Dachverband der Versicherer selbst. Der GDV kritisiert, dass die Berichte auch für die Kunden lesbar sein sollen. Doch das Interesse der Öffentlichkeit hält sich bisher in Grenzen: Manche Versicherer verzeichnen dreistellige Download-Zahlen der Prüfberichte auf ihren Webseiten, bei anderen werden sie gar nur zweistellig heruntergeladen.

Die Vielzahl an geforderten Detailinformationen mache die Berichte für Nicht-Experten nahezu unverständlich, schlussfolgert der GDV. Den Unternehmen solle es zukünftig erlaubt sein, ihre Berichte auf wesentliche Infos zu beschränken, fordert der Lobbyverband. Mehr Details und Einschätzungen zu den Prüfberichten gibt es demnächst beim Versicherungsboten.

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