Vor wenigen Tagen konnte die HUK Coburg sehr gute Zahlen für das Jahr 2017 verkünden. Die gebuchten Bruttobeiträge der Franken stiegen um 6,2 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro und damit weit stärker als der Branchenschnitt, der um 1,7 Prozent wachsen konnte. Auch in der Kernsparte Kfz-Versicherung erzielte der Versicherer neue Rekorde und konnte mit mehr als 11,6 Millionen versicherten PKW den Hauptkonkurrenten Allianz auf Distanz halten. Doch zugleich muss sich der Versicherer nun schweren Vorwürfen stellen, was seine Personalpolitik betrifft.

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Laut einem Pressetext der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hohe Krankenstände aufweisen, von der HUK systematisch unter Druck gesetzt. Ihnen werde nahegelegt, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. In Fällen, in denen hierzu seitens der Beschäftigten keine Bereitschaft bestehe, wurde eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen, so berichtet Verdi.

Kündigungen per Rundschreiben öffentlich gemacht

Die Gewerkschaft nennt auch konkrete Zahlen. In der Hamburger Konzernniederlassung, wo die HUK 200 Mitarbeiter beschäftigt, seien sieben Angestellte gefeuert wurden - gegen den Willen des Betriebsrates. Doch damit nicht genug. Die Kündigungen seien auch per Rundschreiben in der Niederlassung öffentlich gemacht worden, um ein Bedrohungsszenario gegenüber den anderen Mitarbeitern aufzubauen. Weitere 20 Beschäftigte seien wegen Fehlzeiten zu Personalgesprächen gebeten worden.

"Gerade erkrankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen die Unterstützung ihres Arbeitgebers und nicht die Bedrohung ihrer Existenzgrundlage", betont Verdi-Bundesvorstandmitglied Christoph Meister. "Wir kritisieren den Druck, der auf alle Arbeitnehmer der HUK Coburg ausgeübt wird, wenn sie befürchten müssen, dass ihr Arbeitgeber bei Fehlzeiten durch Erkrankungen leichtfertig und vorschnell das Arbeitsverhältnis kündigt.“

Arbeitsgerichte erklärten Kündigung für unwirksam

Besonders ärgert Meister, dass langjährige Mitarbeiter gekündigt worden seien. Er vermutet, dass die HUK damit tarifvertragliche Schutzregeln aushebeln will. So müssten auch andere Beschäftigte mit ihrer Kündigung rechnen, wenn sie zu lange krank werden und nicht Fehlzeiten reduzieren. Im Zweifel schleppen sich Mitarbeiter trotz Krankschreibung zur Arbeit, weil sie fürchten, andernfalls den Job zu verlieren.

"Die HUK Coburg stellt sich mit diesem Vorgehen gegen ihre Beschäftigten und Betriebsräte und schürt Angst und Verunsicherung", kritisiert Meister. "Wir haben den Vorstand mehrfach vergeblich aufgefordert, zu einer kooperativen und ursachenadäquaten Personalarbeit zurückzukehren."

Verdi verweist darauf, dass in sämtlichen bisherigen Arbeitsgerichtsverfahren erst- sowie zweitinstanzlich die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen festgestellt worden sei. Wie die erste Instanz habe auch das Landesarbeitsgericht Hamburg am 5. April 2018 seine Entscheidung hauptsächlich damit begründet, dass der Arbeitgeber die nach erhöhten Fehlzeiten vereinbarten Aktivitäten des betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zu Ende geführt, sondern die Kündigung vorschnell ausgesprochen habe.

HUK-Coburg: "Einzelfälle, über die wir keine Auskünfte geben"

Die HUK weist die Vorwürfe von sich. "Bei den von Verdi zitierten Kündigungen in Hamburg handelt es sich um individuelle Einzelfälle, über die wir auch im Interesse der betroffenen Mitarbeiter keine Auskünfte geben wollen. Die Rückschlüsse auf die Personalpolitik eines Unternehmens mit über 10.000 Mitarbeitern, die Verdi ausgehend von diesen wenigen, speziellen Einzelfällen zieht, entsprechen nicht der Realität", positioniert sich ein Unternehmenssprecher gegenüber dem Versicherungsboten.

Die HUK-Coburg habe eine Fluktuationsquote, die seit Jahren unter dem Branchenschnitt liege, betont der Pressesprecher weiter. "Bei Befragungen darüber, wie die Mitarbeiter zu den Themen Identifikation mit dem Unternehmen, Leistungsbereitschaft und Unternehmensverbundenheit im Vergleich zu anderen Unternehmen stehen, waren in den letzten Jahren die Werte besser als die der Branche, bei der letzten Befragung sogar um 13 Prozentpunkte", so der Sprecher. Zudem gebe es viele "weiche Faktoren", die die HUK zu einem guten Arbeitgeber machen.

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"In einem Unternehmen unserer Größe kann es leider vorkommen, dass vereinzelt auch Kündigungen ausgesprochen werden müssen, zu den individuellen Fällen werden wir uns auch weiterhin nicht äußern. Unser Ziel als HUK-Coburg ist, unsere Mitarbeiter langfristig zufrieden bei uns zu halten", sagt der Konzernsprecher.

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