Nachdem die neue Finanzmarktrichtlinie Mifid II zu Jahresbeginn in Deutschland wirksam wurde, haben sich einige Banken komplett aus der Anlageberatung zurückgezogen. Das sagte Hans-Walter Peters, Präsident des Bankenverbandes, anlässlich der Vorstandssitzung des Verbandes in Berlin, so berichtet das Branchenportal fondsprofessionell.de.

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Gerade für kleine Institute stünden die Kosten in keinem günstigen Verhältnis mehr zu den Erträgen, warnte Peters. Um welche Institute es sich konkret handelt und wie viele betroffen sind, wollte der Bankenlobbyist nicht nennen. Die Informationen seien vertraulich und müssten von den Banken selbst öffentlich kommuniziert werden.

Neue Transparenzpflichten - und Kosten

Mifid II ist zum 3. Januar 2018 in Deutschland wirksam geworden und verpflichtet die Finanzinstitute zu mehr Transparenz, wenn sie zu Aktien, Fonds, Anleihen oder Zertifikaten beraten. Auch müssen sie neue Dokumentationspflichten erfüllen. Unter anderem sind die Banken verpflichtet ihren Kunden eine Geeignetheitserklärung auszuhändigen. Diese soll erklären, warum ein bestimmtes Anlageprodukt empfohlen wurde und wie es zum Risikoprofil des Kunden, seinen Kenntnissen und bisherigen Erfahrungen passt.

Zudem müssen Kosten und Provisionen mittels einer standardisierten Kosteninformation offengelegt werden. Das beinhaltet zum Beispiel Angaben zur Vermittlungsprovision, die eine Bank vom Fondsanbieter erhält. Auch Bestandsprovisionen während der Haltedauer einer Geldanlage und Gebühren werden ausgewiesen. Eine Modellrechnung soll zusätzlich vor Augen führen, wie sich Gebühren und andere Zuwendungen voraussichtlich auf den Anlagebetrag auswirken werden, zum Beispiel über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg. Nicht etwa mit einer abstrakten Kennziffer, sondern in konkreten Beträgen auf Euro und Cent.

Aus Sicht von Peters ist der Gesetzgeber mit Mifid II derzeit auf dem Holzweg. "Ein Regulierungs-Check – wie ihn auch der Koalitionsvertrag vorsieht – ist absolut notwendig und überfällig", zitiert ihn Fonds professionell. Die neuen Regeln hätten zu viele bürokratischen Übertreibungen und Widersprüche hervorgebracht.

Kostentreiber Telefonberatung

Bereits vor Inkrafttreten der Finanzmarktrichtlinie hatte die Branche gewarnt, dass künftig kleinere Geldhäuser auf Bankberatung verzichten könnten, wenn Mifid II voll durchschlägt. Und sich auch große Banken künftig auf finanzkräftige Privatkunden beschränken werden, weil es sich kaum noch lohne Personen mit kleinem Geldbeutel zu betreuen. Hier seien die Kosten einfach zu groß. Speziell die telefonische Beratung wurde hierbei als Kostentreiber ausgemacht: Jedes Beratungsgespräch muss neuerdings mitgeschnitten werden.

Doch die neuen Regeln kommen nicht von ungefähr. Laut Regulierungsbehörden soll MiFID II das durch die globale Finanzkrise von 2008 getrübte Vertrauen auf den Finanzmärkten wiederherstellen. Vielen Privatanlegern wurden damals unpassende, teure und riskante Anlagen vermittelt, so dass sie ihr gesamtes Vermögen verloren. So haben unter anderem auch Banken und Sparkassen geschlossene Fonds als Altersvorsorge verkauft, weil die Anbieter besonders hohe Provisionen zahlten. Unter anderem wurden windige S&K-Fonds oder Containerfonds mittlerweile insolventer Anbieter von Banken und Sparkassen vertrieben.

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Der Rückzug der Institute bedeutet freilich für andere Vermittler auch Chancen. Speziell Finanzanlagenberater nach § 34 f Gewerbeordnung könnten in die Bresche springen, wenn sich die Geldinstitute aus der Anlagenberatung verabschieden. Tatsächlich ist die Zahl der freien Vermittler in den letzten vier Jahren angestiegen (der Versicherungsbote berichtete).

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