Im Dezember 2017 beschäftigte Sturm und Hochwasser insbesondere die Menschen in Rheinland-Pfalz, im Januar fegte der Orkan „Friederike“ über das ganze Land, Ende Februar froren die Menschen bei extremer Kälte bundesweit und mit Einsetzen der Schneeschmelze drohen Überschwemmungen. Ferner kann keiner eine neue Vb-(Regen)wetterlage im Frühjahr ausschließen: so nennt man Tiefs, die mit hohen Niederschlagsmengen einher gehen können.

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Fast immer sind mit in diesem Zusammenhang Schäden zu beklagen. Nach den letzten beiden heftigen Stürmen gab es erste Hinweise, dass Versicherungsverträge wegen der Meldung mehrerer Sturmschäden vom Versicherer gekündigt wurden und die betroffenen Verbraucher deshalb Schwierigkeiten hatten, einen neuen Wohngebäudeversicherer zu finden.

Extremwetterereignisse nehmen auch hierzulande zu. Versicherungsschutz gegen Elementarschäden, insbesondere Gebäude betreffend, wird deshalb immer wichtiger für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Einzelnen und der Gesellschaft. Doch die Versicherungsdichte ist trotz der seit 2009 durchgeführten verschiedenen Informationskampagnen der Länder und Versicherer - an denen sich auch Verbraucherzentralen beteiligt haben – überhaupt nicht befriedigend. Gegen Schäden durch Überschwemmung, Erdrutsche, Erdsenkungen, Schneedruck, Lawinen etc. sind viel zu wenige Hauseigentümer versichert – obwohl es jeden treffen kann.

Menschen in Risikogebieten erhalten nur schwer Schutz

Der Anteil der Gebäude, die in den Bundesländern gegen Elementarschäden versichert sind, liegt durchschnittlich bei etwa 40 Prozent. Dieser Durchschnittswert wird stark von der sehr hohen Versicherungsdichte in Baden-Württemberg (94 Prozent) beeinflusst, dem Bundesland, in dem es bis 1994 eine Versicherungspflicht gab. In Niedersachsen beträgt diese Quote nur 18 Prozent, in Rheinland-Pfalz nur 29 Prozent und in Sachsen 46 Prozent.

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Eine aktuelle, zweite Untersuchung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zur Versicherbarkeit von Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung hat bestätigt, dass es für Verbraucher, die in Risikogebieten leben, sehr schwierig ist, diesen wichtigen Versicherungsschutz zu erhalten. Nur drei von 52 angeschriebenen Versicherern bieten demnach in Risikogebieten von sich aus eine Versicherungspolice gegen Schäden durch Hochwasser und Starkregen ohne Selbstbeteiligung an. Das ist das ernüchternde Ergebnis dieser Umfrage. Frühere Recherchen der Verbraucherzentrale Sachsen haben auch schon wiederholt auf die Problematik des nicht erhältlichen Versicherungsschutzes aufmerksam gemacht. Es ist also höchste Zeit zum Handeln.

Innenministerkonferenz erkennt Starkregen als allgemeines Lebensrisiko an

Ein Beschluss der 86. Umweltministerkonferenz zu TOP 40 „Hochwasser durch Starkregenereignisse (Sturzfluten) im Mai/Juni 2016“ ist eine Anerkennung der bundesweiten, das heißt als länderübergreifend zu regelnden, Verantwortung für den Umgang mit Extremwetterereignissen.

Die Tatsache, dass Starkregen und damit verbundene Sturzfluten mit dem Klimawandel zu einem allgemeinen Lebensrisiko in Deutschland werden, also jede und jeden treffen können, wird nicht mehr bestritten. Deshalb gibt es kein Argument mehr gegen die Einbeziehung aller Land- und Immobilienbesitzer in eine Versicherungspflicht (oder Pflichtversicherung) für Elementarschäden.

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Starkregen bedroht auch Hausbesitzer, die nicht an Gewässern leben

Von Extremwettern wie Starkregen sind auch Bürger "auf dem Berg" und nicht nur der Flussanrainer betroffen. Zugleich wissen wir aus den Beobachtungen der Großereignisse der letzten Jahrzehnte, dass diese Schäden im Einzelfall existenziell sein können, zum Beispiel bei Mehrfachbetroffenheit wie in Sachsen. Regionen des Bundeslandes wurden in kurzer Zeit von mehreren Hochwassern heimgesucht, für Anwohner kann das den finanziellen Ruin bedeuten.

Deshalb darf es keine Lücken im Versicherungsschutz, sprich "Unversicherbarkeit", mehr geben. Damit eine solche allgemeine Naturgefahrenversicherung aber volkswirtschaftlich bezahlbar bleibt und ein Missbrauch vermieden wird, sind zumutbare Eigenanstrengungen der Betroffenen durch die Prämiengestaltung zu fördern (was unvermeidlich auch eine gewisse Quersubvention für Altimmobilien in extrem gefährdeten Lagen beinhaltet).

Ergebnisse der Bürgerumfrage der Verbraucherzentrale Sachsen im Frühjahr 2017(c) Verbraucherzentrale Sachsen

Zu einer klug strukturierten Elementarschaden-Versicherung gehören Prämiennachlässe bei Vorsorgeanstrengungen ebenso wie Prämienzuschläge für die Unterlassung von Vorsorge, also risikodifferenzierte Tarife. Ein allgemeines Lebensrisiko verbindet sich auch heute schon in der privaten Krankenversicherung ganz selbstverständlich mit Risikozu- und -abschlägen für den Einzelnen und widerspräche nicht dem Gedanken der allgemeinen Absicherung gegen Extremwetterereignisse.

Der befürchtete große Widerstand in der Bevölkerung ist als Gegenargument für die Einführung einer Versicherungspflicht mehr als fraglich. Eine im Auftrag der Verbraucherzentrale Sachsen im Frühjahr 2017 durchgeführte repräsentative Bürgerumfrage hat bundesweit eine große Zustimmung der Menschen für eine Versicherungspflicht offenbart: Bundesweit würden mehr als 67 Prozent der Bürger eine obligatorische Absicherung gegen Elementarschäden begrüßen. Nur etwa jeder Fünfte spricht sich offen dagegen aus (siehe Grafik).

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Andrea Heyer, Verbraucherzentrale Sachsen

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