Die Ergo blies den Verkauf von rund sechs Millionen Lebensversicherungen ab, weil sie einen Imageschaden fürchtete. Wegen des Aufschreis in der Öffentlichkeit sei ein „Kollateralschaden“ zu befürchten gewesen, zitiert das „Handelsblatt“ Jörg Schneider, Finanzvorstand des Mutterkonzerns Munich Re. Die Ergo habe zwar gute Angebote von professionellen Bestands-Abwicklern erhalten. Doch diese seien aufgrund des heftigen Gegenwinds „doch nicht so unwiderstehlich gewesen“, so Schneider.

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Damit bestätigt der Manager, was in Branchenkreisen bereits spekuliert worden war. Nicht das Fehlen guter Angebote ließ den Versicherer davor zurückschrecken, seine Leben-Bestände zu verkaufen - sondern die Furcht, dass die Kunden dies als Vertrauensbruch empfinden und der Ruf der Ergo erneut leidet. Entsprechend hatte sich auch der Versicherungsbote geäußert. Das „Handelsblatt“ berichtet nun, dass die Ergo Angebote im Milliardenbereich für die Altbestände erhalten habe.

Die Ergo kann zudem auf ein überraschend starkes Geschäftsjahr zurückblicken: Der Nettogewinn stieg nach Konzernangaben 2017 auf 273 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte der Versicherer noch einen Überschuss von 41 Millionen Euro erzielt. Zudem konnte die Ergo die gebuchten Bruttobeiträge auf 17,546 Milliarden Euro steigern (2016: 17,388 Milliarden).

Altverträge belasten im Niedrigzins die Bilanzen

Jörg Schneider, Mitglied des Vorstands bei der Munich Re. Quelle: Pressefoto Munich ReKonkret hatte die Ergo geprüft, ob sie bis zu sechs Millionen „klassische“ Lebensversicherungen mit Garantiezins an einen externen Investoren abtreten kann. Neben deutschen und englischen Abwicklungsgesellschaften sollen laut "Süddeutscher Zeitung" auch chinesische Investoren Interesse an den Beständen gehabt haben.

Der Hintergrund: Alt-Bestände in der Lebensversicherung müssen aufgrund ihrer hohen Garantien im aktuellen Niedrigzins mit mehr Eigenkapital unterlegt werden und belasten die Bilanzen. Auch haben die Versicherer zunehmend Probleme, die Garantien am Kapitalmarkt zu erwirtschaften. Deshalb prüfen die Versicherer, ob sie Altverträge an sogenannte Run-off-Gesellschaften abgetreten können, die sich auf die Abwicklung von Leben-Beständen spezialisiert haben.

Die Hälfte der Kunden empfindet Verkauf als Vertrauensbruch

Dass Versicherer einen Imageschaden fürchten müssen, wenn sie Bestände an eine externe Gesellschaft verkaufen, bestätigt auch eine repräsentative INSA-Umfrage im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) unter 2.013 Personen. Nur 13 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, dass das Vertrauen in den Versicherer durch den Verkauf nicht geschwächt werde. Mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent) gab hingegen zu Protokoll, der Verkauf erschüttere das Vertrauen in den Versicherer und Anbieter.

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Aktuell prüft mit der Generali ein weiterer großer Anbieter auf dem deutschen Markt, Lebensversicherungen an eine Run-off-Gesellschaft abzutreten. Hierbei geht es um rund vier Millionen Policen der Generali Leben.

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