Das Kölner Ratinghaus Assekurata lässt in seinem aktuellen Marktausblick zur Schaden- und Unfallversicherung noch einmal das abgelaufene Geschäftsjahr Revue passieren – und blickt zugleich nach vorne, wie sich die Sparte zukünftig entwickeln könnte. Das Stimmungsbild ist positiv. Trotz gestiegener Belastungen durch Elementarschäden konnten die Versicherer in der Summe erneut einen versicherungstechnischen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro erzielen, berichtet das Ratinghaus. Dabei profitiere die Branche erneut von Erfolgen der Hausrat-, Unfall- und Haftpflichtversicherung.

Anzeige

Auch verfüge die Schaden- und Unfallsparte über hohe Sicherheitsmittel, berichtet das Analysehaus weiter. Dass die Versicherer finanziell stabil sind, zeigt sich anhand der Solvabilitätsquoten, die in hier sehr hoch ausfallen. Erstmals mussten die Quoten nach dem neuen Aufsichtsregime Solvency II in diesem Jahr veröffentlicht werden. Die Finanzaufsicht verlangt, dass die Versicherer dauerhaft ein Niveau von über 100 Prozent halten, was – vereinfacht ausgedrückt – dafür spricht, dass der Versicherer in finanziellen Krisen über genügend Eigenmittel verfügt, so dass seine Stabilität garantiert ist. Hier erreichen die Versicherer einen Marktdurchschnitt von rund 265 Prozent.

Schaden- und Unfallversicherer wichtig für die Stabilität der anderen Sparten

Dennis Wittkamp, Senior-Analyst bei Assekurata und Autor der Untersuchung, verweist darauf, dass viele Versicherer ihre Schaden- und Unfallsparte nutzten, um die kriselnde Kranken- und Lebensversicherung zu stabilisieren. Denn diese leiden weit mehr unter dem Niedrigzins und sind finanziell schlechter ausgestattet.

„Bereits in Vorbereitung auf Solvency II hatten einige Schaden-/Unfallversicherer konzerneigene Lebens- und Krankenversicherer durch Kapitalzuführungen gestärkt. Bei einem weiter anhaltenden Niedrigzinsumfeld sind weitere Kapitalzuführungen nicht ausgeschlossen“, sagt Wittkamp. „In der Folge wird für die Unternehmen die Stabilisierung der Ertragslage sowohl im Hinblick auf die Schaden- als auch auf die Kostenentwicklung weiter höchste Priorität haben“.

Problemkinder Kraftfahrt- und Wohngebäudeversicherung

Weil auch das laufende Geschäftsjahr 2017 bisher von teuren Naturkatastrophen verschont blieb, erwartet Wittkamp erneut einen „nennenswerten versicherungstechnischen Gewinn“ der Unternehmen. Wenn auch mit zwei Problemkindern: Der Kfz- und Wohngebäudeversicherung, die Sanierungsfälle sind und waren. Trotz der Beitragsanpassungen der letzten Jahre würden in diesen Sparten nach wie vor viele Versicherer rote Zahlen schreiben. Bei Kfz belasten steigende Schadenskosten die Bilanzen, bei Wohngebäude die vielen Leitungswasser-Schäden.

Positive Entwicklungen beobachtet Assekurata freilich auch hier, wenn auch auf fragilem Niveau. In den Kaskosparten sei es dem Umstand zu verdanken, dass in der zweiten Jahreshälfte Elementarschaden-Ereignisse ausblieben, dass die Combined Ratio nur leicht stieg. Und in der Wohngebäudeversicherung erzielte die Branche erstmals seit 15 verlustreichen Jahren wieder ein positives Ergebnis.

Zukunftsfelder Telematik und Cyberversicherung

Bei der Frage nach zukünftigen Geschäftsfeldern nennt Wittkamp zwei Entwicklungen: Die Attraktivität von Telematik in der Kfz-Versicherung könnte weiter zunehmen, also Tarife, die das Fahrverhalten des Versicherten mit einer App erfassen und vorsichtige Fahrweise mit Preisnachlässen belohnen. Und die Cyberversicherung biete Wachstumspotentiale.

Hintergrund für den Optimismus bei Telematik: Spätestens ab Ende März sollen alle neuen Automodelle mit einem E-Call-Ortungssystem ausgestattet sein, das mache die Installation einer extra Black Box oder anderer Techniken unnötig. „Dank E-Call wäre künftig die notwendige Technologie zum Erfassen und Senden der Daten bereits in den Fahrzeugen installiert, so dass sich Angebot und Nachfrage mittelfristig weiter erhöhen dürften“, ist Dennis Wittkamp überzeugt.

Anzeige

Auch die Cyberversicherung bietet Potentiale, denn sie steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Umgerechnet ganze 100 Millionen US-Dollar geben die deutschen Firmen laut einer KPMG-Umfrage pro Jahr hierfür aus, in den USA sind es bereits drei Milliarden US-Dollar: Hier herrscht noch zusätzlicher Bedarf. Jüngste Hacker-Angriffe wie "WannaCry", bei denen auch große Unternehmen wie die Deutsche Bahn geschädigt wurden und die Medien ausführlich berichteten, könnten die Sensibilität für das Thema weiter erhöhen. Die Assekurata-Studie kann auf der Webseite des Ratinghauses kostenpflichtig bestellt werden.

Anzeige