Die Prämien in der privaten Krankenvollversicherung sind auch 2016 in die Höhe geklettert. Das Ratinghaus Assekurata berichtet anhand eigener Auswertungen, dass die durchschnittliche Beitragsanpassung über den Gesamtbestand hinweg bei 4,8 Prozent lag. Hierbei gilt es zu bedenken, dass Beamte weniger stark von Beitragssprüngen betroffen sind. Beihilfe-Tarife verteuerten sich im Schnitt um drei Prozent, während Tarife ohne Beihilfen sogar um 5,4 Prozent zugelegt haben. Die Assekurata-Erhebung deckt 60 Prozent des Marktes nach Beiträgen ab.

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111.300 Menschen im Notlagentarif

Doch führen die Teuerungen dazu, dass mehr Versicherte ihre Prämien nicht zahlen können? Das wollte der Versicherungsbote wissen und fragte beim PKV-Verband an, wie viele Versicherte sich aktuell im Notlagentarif der privaten Krankenversicherung befinden. Dieser Tarif wurde 2013 eingeführt und soll Menschen helfen, die ihre Beiträge aktuell nicht mehr bedienen und mit Zahlungen im Verzug sind. Die Versicherten haben hier nur Anrecht auf eine Notfallversorgung, zahlen aber auch einen verminderten Beitrag von rund 100 bis 125 Euro im Monat.

Zum Jahresende 2016 befanden sich rund 111.300 Versicherte im Notlagentarif und hatten folglich Beitragsschulden angesammelt, wie eine Sprecherin des PKV-Verbandes gegenüber dem Versicherungsboten mitteilte (nach endgültigen Zahlen). Die Außenstände der Privatversicherer bezifferten sich auf 381,4 Millionen Euro. Seit der Einführung des Notlagentarifes ist damit die Zahl der Betroffenen angestiegen: Zum Jahresende 2013 wurden noch 93.600 Personen im Notlagentarif gezählt und damit 15,9 Prozent weniger Versicherte.

Der Versicherungsbote fragte auch, ob besonders viele Senioren derzeit im Notlagentarif feststecken. In Alttarifen steigen die Prämien besonders schnell an, wenn sie vergreisen, also keine jungen und gesunden Gutverdiener mehr nachkommen. Denn ältere Menschen erzeugen statistisch auch deutlich höhere Gesundheitskosten. Doch zu der Altersstruktur der Menschen konnte der PKV-Verband keine Angaben machen.

Notlagentarif – Grundschutz für Menschen mit Beitragsrückständen

Der Notlagentarif wurde mit dem "Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung" zum 1.8.2013 eingeführt. Versicherte können ihn in Anspruch nehmen, wenn sie mit Beitragszahlungen mindestens zwei Monate in Verzug sind. Nach sechs Monaten und zwei Mahnungen werden sie sogar automatisch in diesen Nottarif umgestuft. Er umfasst nur einen Grundschutz bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft.

Der Notlagentarif soll es Versicherten mit Beitragsschulden zudem erlauben, später wieder in ihren ursprünglichen Tarif zurückzukehren, wenn es ihnen finanziell besser geht. Hierfür müssen alle rückständigen Prämienanteile einschließlich Säumniszuschläge und Beitreibungskosten beglichen werden. Altersrückstellungen werden in diesem Tarif nicht gebildet.

Auch in Sozialtarifen leichte Zunahme der Betroffenen

Die private Krankenversicherung bietet weitere Notlösungen für Versicherte, die Probleme haben ihre Beiträge zu bedienen: den Standard- und Basistarif. Auch sie erlauben es den Versicherten, die Prämienzahlungen zu reduzieren. Aber auch Leistungsansprüche gehen in der Regel verloren: Die Tarife bieten ein Niveau vergleichbar den Krankenkassen.

Nach vorläufigen Angaben ist auch die Zahl der Versicherten in diesen Sozialtarifen angestiegen, wie aus der PKV-Datenbank hervorgeht. Demnach waren zum Jahresende 2016 rund 47.300 Menschen im Standardtarif versichert: 1.500 Personen mehr als zum Stichtag im Vorjahr. Im Basistarif stieg die Zahl der Versicherten auf 30.300 Personen, was ein Plus von knapp über drei Prozent bedeutet (Vorjahr: 29.400).

Die Sozialtarife bieten ein Leistungsniveau ähnlich den gesetzlichen Krankenkassen. Während der Standardtarif aber vor allem älteren Versicherten offen steht, die vor 2009 eine Police abgeschlossen haben, sorgte speziell der Basistarif wiederholt für Kritik. Zwar ist hier der maximale Beitrag auf den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenkassen gedeckelt: derzeit 635 Euro. Aber die PKV-Versicherer würden diese Grenze oft komplett ausreizen, so dass sie keine wirkliche Alternative für Versicherte in Beitragsnot seien, klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Tarifwechsel nach § 204 VVG - Möglichkeit, Beiträge zu senken

Eine weitere Option, wenn privat Krankenversicherte unter hoher Beitragslast ächzen und ihnen der Weg zurück zu einer Krankenkasse versperrt ist: Laut § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) haben die Versicherten das gesetzlich verbriefte Recht, innerhalb der Gesellschaft in alle gleichartigen Tarife zu wechseln – unter Mitnahme der Altersrückstellungen. Eine neue Gesundheitsprüfung oder einen Risikoaufschlag kann der Versicherer nur dann verlangen, wenn der Kunde auf Mehrleistungen besteht.

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Tatsächlich haben manche Versicherer günstigere Tarife in ihrem Portfolio, mit denen sie um junge und gesunde Gutverdiener werben wollen. Dass die älteren Kunden auch in diese Tarife wechseln, ist ihnen gar nicht so richtig recht. Schließlich erzeugen ältere Versicherungsnehmer im Schnitt höhere Gesundheitskosten – die Prämien bei diesen „Lockangeboten“ müssten also insgesamt steigen. Dann verlieren sie für Jüngere an Attraktivität. Aber die Senioren haben ein Recht auf den Wechsel. Darüber hinaus kann es ratsam sein, höhere Selbstbeteiligungen mit dem Versicherer zu vereinbaren, um die Beitragslast zu senken.

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