Gehen wir chronologisch vor und lesen den Brief an Uniqa-Kunden so, wie ein Kunde ihn liest. Unter dem Datum 27. Februar 2017 wurden Briefe an Kunden verschickt, die bei der österreichischen Uniqa eine Lebensversicherung haben. Wie viel Briefe? „Nicht mehrere Tausend“, sagt Feelix-Geschäftsführer Tilo Hammer dem Versicherungsboten. Also Hunderte? Gehen wir als Arbeitsthese von einer dreistelligen Zahl aus. Und einer dreistellig gleichlautenden Frage zum Datenschutz der betroffenen Kunden.

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Logo auf dem Brief von Protected Financial Services

Zunächst zu der nicht ganz einfachen Frage, von wem die Briefe an die Uniqa-Kunden verschickt wurden: Das ist nicht ganz klar, jedenfalls nicht aus Kundensicht. Auf dem Schreiben prangt oben rechts das Logo der Protected Financial Services (PFS). Unten am Ende das Briefs findet der Kunde die Kontaktdaten der PFS. Außerdem die Gewerbenummer, also das österreichische Gegenstück des deutschen Handelsregisters.

„Absender“ Feelix

Als „Absender“ wiederum oberhalb des Anschriftenfeldes mit der Kundenadresse steht: „Feelix GmbH, Berlin...“. Stellen wir uns nun vor, wir stünden vor Gericht und der Gesetzliche Richter von Kläger und Beklagtem müsste am wiederholt in der Verbraucher-Rechtsprechung definierten „normalverständigen Verbraucher“ entscheiden, wer der juristisch haftbare „Absender“ der Post an die Uniqa-Versicherten ist. Wer das ist? Das obliegt tatsächlich einem Richter – sofern es einen Kläger gäbe.

Kommt die Post von Feelix oder Protected Financial Services?

In dem Brief werden die Uniqa-Kunden vom Absender angesprochen als „der Makler Ihres Vertrauens“. Mit welcher Begründung bitte? Falls Feelix formell der Absender des Briefs ist: Mangels Vollmacht des Kunden an Feelix ist ebendieses noch kein Makler des Vertrauens des Kunden. Weil der Kunde Feelix noch gar nicht kannte, bevor er das Schreiben erhielt. Falls die österreichische Protected Financial Services (PFS) als Absender der Post dieser Makler des Vertrauens sein sollte, dann stellen sich Fragen zum Datenschutz.

Kundendaten der Uniqa-Police bei Feelix vorhanden

Nämlich nach welchem von deutschen Datenschutzgesetz gedeckten Verfahren die Daten der Kunden der PFS auf ein Schreiben gelangen konnten, das als „Absender“ die Feelix GmbH nennt. Um es vorwegzunehmen: Registrieren sich derart angeschriebene Kunden mit ihrer offen im Brief genannten Uniqa-Vertragsnummer, die identisch zugleich als „individueller Code“ für einen Vertrags-Check angegeben wird, offenbaren sich diesen Uniqa-Kunden bei myFeelix.de automatisch und ohne weiteres Zutun deren weitere persönlichen und Policendaten: Geburtsdatum, Beginn und Ablauf des Vertrags.

Gefahr, auf Grund zu laufen ...

Weiter in der Chronologie, so wie der Leser den Brief von Feelix oder PFS liest. Schreibfehler inklusive heißt es dort: „Auf Grund der aktuell schlechten Fondsentwicklungen und der Niedrigzinsphase...“ lohne für den Versicherten „ein Check“ seiner Police. Ohne Schreibfehler: Auf Grund könnten Uniqa-Kunden laufen, falls ihnen für hoch (garantie-) verzinste Policen nun eine neue Police angeboten würde, die bekanntlich weniger Zins auf eingezahlte Geld bietet, je nach Alt-/Neutarif-Konstellation.

Brief unautorisiert im Namen der Protected Financial?

Weiter lesen die Kunden in dem Schreiben: „Sie erhalten ... Hilfe unseres neuen Partners Feelix“. Da nur Könige in der zweiten Person Plural, dem Pluralis Majestatis, über sich sprechen, ist diese Formulierung ein Indiz dafür, dass hier die PFS zum Kunden spricht – oder hier ein Brief (sodann wohl unautorisiert) im Namen der PFS geschrieben wurde. Auf die klärende Frage des Versicherungsboten: „Die PFS wusste über das Schreiben Bescheid? Korrekt?“, antwortete Feelix-Geschäftsführer Tilo Hammer dem Versicherungsboten mit „ja“.

Den Widerrufsjoker gezogen?

Weiterer Lockstoff für den normal „verständlichen Verbraucher“, der seine Post liest, ist diese Aussage in dem Brief: „Wir konnten in den letzten Wochen für eine Vielzahl unserer Kunden bis zu 22 Prozent aus ihrem bestehenden Lebensversicherungsvertrag erzielen“. Und da Zahlen mehr sagen als Worte: „Bei einem beispielhaften Rückkaufswert von 8.000 Euro bedeutet dies eine Zusatzzahlung von 1.600 Euro“ (exakt wären 22 Prozent 1.760 Euro).

Wird hier der so genannte Widerrufsjoker gezogen? Hierzu hat der Versicherungsbote regelmäßig berichtet. Bei Klick auf diesen Link finden Sie die wichtigsten Artikel zu dem Thema.

Uniqa gegen Makler

Pikant und peinlich wird es für die Uniqa, wenn ein Makler vom Bock zum Gärtner wird. Entsprechend berichtete der Versicherungsbote im Juni 2016 von einer Aktion, bei der sich die Uniqa gegen einen Versicherungsmakler zur Wehr setzte und diesen abmahnte, weil dieser Kunden auf eine so genannte Sammelaktion des österreichischen Verbraucherschutzes VKI hingewiesen habe, mit der Lebensversicherungs-Kunden ihre Verträge rückabwickeln können sollten, umgangssprachlich in Deutschland „Widerrufsjoker“ genannt.

Versicherer verteidigen ihre Bestände - normalerweise

Hintergrund in der Sache war ähnlich wie in Deutschland eine von Obergerichten festgestellte mangelhafte Widerrufsbelehrung des Versicherers an den Kunden. Anders als in Deutschland hatte der österreichische Verbraucherschutz (ähnlich dem deutschen VZBV Bundesverband) in der Alpenrepublik für das Widerrufsverfahren einen Prozessfinanzierer eingeschaltet. Für dieses Verfahren hatte der österreichische Makler geworben und Widerstand der Uniqa erfahren. Mit Recht, kann man aus wirtschaftlicher Sicht des Versicherers argumentieren.

Uniqa dürfte keine Widerrufsaktionen unterstützen

Ein Makler steht in beiden Ländern auf Seite des Kunden, darf aber dennoch nicht systematisch, etwa durch aktive Widerrufs-Kampagnen, gegen den Versicherer agieren. Nun gehen wir einmal davon aus, dass die Uniqa schon aus Schutzinteresse für ihren Bestand gegen den abgemahnten Makler im Recht sei. Und kehren wir zurück zur Causa Feelix/PFS: Dann dürfte die Uniqa es nicht dulden, dass der Makler PFS, so ist das Unternehmen in Österreich registriert, eine Briefaktion unterstützte, bei der Kunden zum Widerruf ihrer Policen angehalten werden.

Das 22-Prozent-Argument

Zur Erinnerung: Es geht um das 22-Prozent-Argument („mehr Rückzahlung“) in dem Anschreiben an die Uniqa-Kunden, dass zumutbar korrekt vom (wir wiederholen das) „verständigen Verbraucher“ als Argument für einen Widerruf gedeutet werden kann. Dem müsste jeder besitzende Versicherer für seinen Bestand entgegenwirken. Chronologisch das Kundenschreiben gelesen sind wir nun am Ende. Zum Überblick: Involviert sind in die Briefaktion drei Unternehmen.

  1. Die Feelix GmbH mit Sitz in Berlin
  2. Die Protected Financial Services (PFS) mit Sitz in Salzburg
  3. Die Uniqa Lebensversicherung, Wien

1. Das sagt die Feelix GmbH:

Gegenüber dem Versicherungsboten steht in einer Pressemitteilung, die PFS sei im vergangenen Jahr auf Feelix zugekommen, „ihre Kunden zukünftig von der Feelix GmbH betreuen zu lassen“. Ferner sei die PFS „von Anfang an als zuständiger Makler ... aufgetreten“ und es sollten alle „Service-Angelegenheiten“ der Kunden durchgeführt werden. „Unentgeltlich“, betont Feelix.

„Zur Information aller Kunden“ sei sodann „vertragskonform“ das besagte Schreiben an die Kunden geschickt worden. „Nicht mehrere Tausend“ (wenige Tausend?), hat Feelix-Geschäftsführer dem Versicherungsboten gegenüber ergänzt. Und dann wird Feelix deutlicher: „Nach heutigem Stand war die Protected Financial Services bereits zu Beginn der Kooperation nicht der zuständige Makler“. Beachte das Wort „nicht“. Das kann gut möglich sein. Denn infolge der Kundenbriefe meldeten diverse Versicherungsmakler Proteste gegen die Briefaktion von Feelix/PFS (? wir lassen das offen) an.

Inzwischen hat Feelix auf seiner Webseite zur „Kooperation“ mit PFS ein Zeile auf der Startseite eingeblendet: „+++ Aus gegebenen Anlass +++ Information zur Kooperation mit der Protected Financial Services +++ Aus gegebenen Anlass +++“, die entsprechende Fragen und Antworten führt.

Etwa zu der Frage: „Ich habe einen Makler - kann ich diesen behalten?“ und der Antwort: „Eine Information, dass Kunden der Protected Financial Services für den Vertrag der Uniqa einen zuständigen Versicherungsmakler in Deutschland haben, liegt uns nicht vor. Bei Fragen hierzu kannst Du Dich einfach an uns wenden.“

Wenn also der Kunde zur Maklerfrage das Ahnungslos zieht (und nicht mehr weiß als Feelix selbst), dann bestätigt ihm das Feelix zumindest. Und bietet dem Kunden sodann die Nachfrage zu einem Sachverhalt an, den Feelix bereits erklärtermaßen nicht kennt. Logisch? Nachrichtlich: www.myfeelix.de hat pro Monat um die 10.000 Klicks, sagt Similarweb, das die Klickzahlen von Webseiten näherungsweise misst (ohne Gewähr).

Zugriffszahlen von feelix.de

Versicherungsmakler Achim Finke aus Gevelsberg in der Nähe von Wuppertal moniert zu der Sache als nach eigenen Angaben selbst betroffener Makler mit Uniqa-Bestand: „Hier will man anscheinend die Policen der Kunden umdecken. Anders sind die Aussagen in den Schreiben an die Kunden mit ,22 Prozent mehr Rückvergütung’ nicht zu deuten. Die Uniqa als Versicherer reagiert nicht – warum nicht?“ Finke ist nicht der einzige Makler, dessen Kunden auch aus Sicht der Makler als eigentlich zuständige Betreuer unfreiwillig bei Feelix und deren Zugriff darauf landeten. Der Versicherungsbote hat mehrere Makler samt Kunden dokumentiert, die im Rahmen der geschilderten Briefaktion angeschrieben wurden.

2. Das sagt die Protected Financial Services GmbH (PFS): Dem Versicherungsboten schrieb der österreichische Rechtsanwalt der PFS:

„Nachdem in den letzten Monaten mehrere hundert Verträge gekündigt wurden, hat meine Mandantschaft einen Kooperationsvertrag mit der Feelix GmbH abgeschlossen, um Widerrufsfälle bei Versicherungen bearbeiten zu lassen. Die nunmehr erfolgte Aussendung erfolgte ohne Wissen und ohne Zustimmung meiner Mandantschaft und ich habe bereits ein Abmahnverfahren gegen die Feelix GmbH eingeleitet.“ Soweit der Anwalt der PFS. Zu den Widerrufsfällen fragte der Versicherungsbote unter anderem bei dem Anwalt nach: „Wie könnte Feelix als Versicherungsmakler Widerrufsfälle ,bearbeiten’, die doch eine rein rechtliche Angelegenheit zwischen Uniqa als Versicherer und Kunden sind?“ Es kam bisher keine Antwort. Ebensowenig zu Fragen zum Datenschutz beim Transfer der Uniqa-Kundendaten zu Feelix.

Einem Makler schrieb PFS gesondert und noch ohne (spätere) Mitwirkung deren Anwalts: „Das Schreiben, dass die Kunden erhalten haben, war vorher weder mit uns abgestimmt, noch wussten wir davon, dass diese versendet wurden.“

3. Das sagt die Uniqa-Versicherung:

Ein Pressesprecher verbeschied den Versicherungsboten, die PFS sei (Großschreibung von Uniqa übernommen) „KEIN TOCHTERUNTERNEHMEN“ der Uniqa. PFS sei (Großschreibung von Uniqa übernommen) „ein unabhängiger VERSICHERUNGSMAKLER der ... unter anderem auch Uniqa Produkte vermittelt“ und verfüge als solcher „ausschließlich über die Daten jener Uniqa-Versicherungsnehmer, die sie vermitteln und betreuen“. Die Uniqa sei an dem Schreiben von Feelix nicht beteiligt und auch nicht darüber informiert. Ferner habe der Versicherer „keine direkten Geschäftsbeziehungen zu Feelix und hat auch keine Kundendaten an Feelix weitergegeben.“

Zur Wiederholung: Die steht im Widerspruch zu der klärenden Frage des Versicherungsboten an Feelix, die lautete: „Die PFS wusste über das Schreiben Bescheid? Korrekt?“ Darauf antwortete Feelix-Geschäftsführer Tilo Hammer dem Versicherungsboten mit „ja“.

Zum Hintergrund:

Uniqa verkaufte früher über Finance Life (inzwischen auf die Uniqa aufgeschmolzen) in Deutschland ihre Policen. Das Deutschland-Geschäft wurde eingestellt und die Protected Service Group als Versicherungsmakler betreut bisher die Kunden. In dem Brief von Protected und/oder Feelix, kündigt man dem Kunden nicht nur „wichtige Änderungen“ an, sondern auch „bis zu 22 % höhere Auszahlungen“. Die denkbaren Folgen dieser Aktion: Abwerbung.

Im günstigeren Falle für Uniqa kündigen die Kunden, im ungünstigeren Falle verlangen die Kunden die Rückabwicklung der Police ("Widerufsjoker" nach deutschen Urteilen zum Verbraucherschutz). Im Effekt schädigte die aktuelle Briefaktion unmittelbar die Bestände der Uniqa, wenn der Versicherer das duldete. Oder die Uniqa freut sich insgeheim. Das kann auch sein, falls die Altpolicen höhere Garantiezinsen haben und jede Kündigung die Uniqa von Garantien entlastete.

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Was die Uniqa aber beachten sollte: Das für deutsche Kunden geltende Versicherungs-Vertragsgesetz sieht seit 2008 bereits eine aktiv wahrzunehmende Beratungspflicht des Versicherers vor, sofern Anlass dazu besteht. Den hat das Schreiben an die Uniqa-Kunden ja nun zum Ausdruck gebracht. Die Aktionen von Feelix und Protected Financial können der Uniqa nicht egal sein. Zum Thema Datenschutz beantwortete keines der drei Unternehmen die Fragen des Versicherungsboten inhaltlich.

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