Damit die Kassen am Häuslebauermarkt mit gelockerten Zügeln agieren können, will der Bund das Bausparkassengesetz ändern. Die zwei wichtigsten Punkte der geplanten neuen Regeln sind zum einen höhere Beleihungsgrenzen bei den von den Schuldnern finanzierten Immobilien. Zum anderen können die Bausparkassen demnächst mehr „zulässige Geschäfte“ im Sinne des Gesetzes über wohnwirtschaftliche Zweckbindungen hinaus durchführen. Was hier juristisch und im Effekt geschieht, das ist nüchtern betrachtet und entgegen dem seit Jahren währenden Trend in der Finanzaufsicht, man denke an härtere finanzielle und formelle Bandagen bei Banken und Versicherern, eine Deregulierung.

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Die Lobby kommt als erstes zu Wort

Zunächst zur Beleihung und damit zu Fragen der Sicherheit der hergegebenen Baugelder. Statt bisher 75 Prozent dürfen die Unternehmen ihren Kunden demnächst laut aktuellem Gesetzentwurf (18/6418) „den Gesamtbetrag der Bauspardarlehen“ finanzieren. Also bis zu 100 Prozent des Gebäudewertes? Das könnte man meinen, aber weitergedacht, könnte die Formulierung im Ergebnis auch etwas Anderes bedeuten. Dass künftig auch 110-Prozent-Finanzierungen möglich wären, weil künftig, käme das Gesetz so wie zurzeit entworfen, nur „der Gesamtbetrag“ als Beleihungsgrenze der Bausparkassen gälte.

Die Lobbyarbeit der Bausparkassen scheint zu funktionieren. Eine Information zu dem neuen Bauspargesetz eröffnen die Autoren des Deutschen Bundestags mit Bausparkassen-PR, die „geplanten Maßnahmen zur Stärkung der Bausparkassen werden von den betroffenen Unternehmen positiv beurteilt.“ Im Weiteren liefert der Deutsche Bundestag in seiner Information, die immerhin Transparenz gegenüber dem lesenden, kritischen Bürger herstellen soll, sodann eine Ente und schreibt, die Beleihungsgrenzen bei Finanzierungen sollten „nicht auf 80 Prozent des Wertes begrenzt bleiben“. Wie oben und im existierenden § 4 (2) BauSparG zu lesen, liegt der Deckel derzeit bei „75 vom Hundert“, vulgo Prozent.

Bausparkassen sind künftig auch Pfandbriefgeschäfte erlaubt

Auch weiter zitiert der Bundestag in seinem Papier, mit dem er über das zu renovierende Bauspargesetz berichtet, den Verband der Privaten Bausparkassen, der in der Anhörung des Parlaments gesagt habe, „das Geschäftsfeld der Bausparkassen sei risikoarm“. In dem Bundestagspapier steht weiter, die Regierung wolle mit dem geänderten Bauspargesetz „über die (regulativen, Anm. der Red.) Vorgaben für Bausparkassen auf das niedrige Kapitalmarktzinsniveau ausrichten. Das bisher gültige Gesetz sei „an mögliche Auswirkungen eines lang anhaltenden Niedrigzinsumfelds nicht hinreichend angepasst", heißt es in dem Entwurf.

Die zweite wichtige Änderung betrifft die laut Gesetz „zulässigen Geschäfte“ der Unternehmen. In Zukunft sollen Bausparkassen auch Pfandbriefgeschäft zu betreiben dürfen und dadurch kostengünstige Refinanzierungsmöglichkeiten erhalten, etwa für die Darlehensvergabe oder zur Finanzierung von Neutarifen. Außerdem können die Kassen, so der Gesetzentwurf, künftig mehr „sonstige Baudarlehen neben den eigentlichen Bausparkassendarlehen“ gewähren können. Diese erweiterten Möglichkeiten am Kapitalmarkt würden „positiv auf die Ertragslage der Bausparkassen“ auswirken, erwartet die Regierung. Auch die Finanzaufsicht Bafin „zeigte sich zufrieden mit dem Entwurf, der keine unverhältnismäßigen Risiken für Bausparer und für Bausparkassen beinhalte. Die von den Kassen gewünschte Anhebung der Beleihungsgrenzen sei nicht zwingend notwendig, aber vertretbar“, berichtet der Deutsche Bundestag.

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Kein Sonderkündigungsrecht für hochverzinste Altverträge

Und da das Parlament als Gesetzgeber mit seinem Papier von durchgeführten Anhörungen zum Gesetzentwurf berichtet, kommen auch Kritiker der Novelle zu Wort. Wörtlich: „Rechtsanwalt Achim Tiffe äußerte Zweifel am Geschäftsmodell der Bausparkassen. Notwendig seien Bausparkassen nicht. Die Immobilienfinanzierung würde auch ohne sie - wahrscheinlich sogar besser - funktionieren. Ihre Berechtigung hätten Bausparkassen bei kleineren Finanzierungen wie einer Heizungsanlagenerneuerung. Bei großen Finanzierungen seien sie nachteilig und unflexibel.“ Dieser Kritik seien die Privaten Bausparkassen mit dem Hinweis auf den Markt entgegengetreten; der Markt solle „ über die Produkte entscheiden“. solle, widersprochen. Rechtsanwalt Helge Petersen erklärte laut Deutschem Bundestag, der Gesetzentwurf befasse sich gar nicht mit der Realität am Markt. 85 Prozent der Bausparkredite der Kassen seien keine klassischen Bausparkredite, sondern andere Finanzierungen für ihre Kunden. Petersen kritisierte auch die hohen Abschlussgebühren für Bausparverträge, die die niedrigen Zinsen dieser Sparform auf Jahre hinweg aufzehren würden. Die Verbraucherzentrale Bundesverband ist erfreut, dass die Bausparkassen kein Sonderkündigungsrecht für Verträge mit hohen Zinsen bekommen sollen. Es sei auch positiv, dass bestehende Verträge beim Scheitern einer Bausparkasse künftig auf ein anderes Unternehmen übertragen werden sollen.

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