Wieder einmal - diesmal nach dem Willen von SPD Ministerin Andrea Nahles - soll die betriebliche Altersversorgung (bAV) „verschlimmbessert“ werden. Der GDV macht angesichts des zusammengebrochenen Neugeschäfts und rückläufiger Bestandszahlen ebenfalls lustige Vorschläge zur bAV und zu Riester gleich mit.

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Eine bAV ist oft wenig sinnvoll!

Dabei hat mittlerweile selbst die Verbraucherzentrale endlich erkannt, dass eine bAV nur dann Sinn macht, wenn der Arbeitgeber wenigstens 20% der Beiträge übernimmt. Eine bAV ausschließlich im Sinne der Gehaltsumwandlung lohnt sich bei in der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern dagegen so gut wie nie. Ein interessantes Video zum Thema bAV durch Gehaltsumwandlung findet sich auch in der Videothek des Bayrischen Rundfunks.

Der aktuelle Stand: Riester, Rürup und bAV sind gescheitert!

In Deutschland gibt es derzeit rund 20 Millionen Vollbeschäftigte. Davon verdienen ca. 4 Mio. Beschäftigte weniger als 1.926 Euro brutto im Monat und liegen damit nur knapp über der Armutsgrenze. Dies geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage der Linken hervor. Besonders hoch ist die Zahl der Niedrigverdiener in den neuen Ländern mit mehr als 38 Prozent.

Die unausweichliche Folge ist, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei mindestens 4 Mio. Bürgern jegliche private Altersvorsorge (also auch Riester, Rürup bAV etc.) zu Rentenbeginn mit der dann eintretenden Grundsicherung verrechnet werden wird. Hinzu kommen sehr wahrscheinlich noch 7,2 Mio. geringfügig entlohnte Beschäftigte, große Teile von „Ich-AG“ Betreibern sowie nur geringfügig verdienenden Künstlern und Selbständigen, deren Anzahl ebenfalls nicht unerheblich sein dürfte. Die Zahl der zukünftigen Alters-Grundsicherungsempfänger dürfte sich geschätzt also mindestens bei ca. 15 Mio. Bürgern bewegen.

Staatlich verordnete Enteignung

Minderverdienende Arbeitnehmer werden doppelt bestraft. Erst verdienen sie wenig, dann wird das Wenige, was die Betroffenen vielleicht doch ansparen konnten, unter Wegnahme der Eigenmittel mit der Grundsicherung im Alter verrechnet. Oder es werden, wie im Falle der bAV, erhebliche Abzüge durch Krankenversicherungsbeiträge und Steuern auf die Auszahlung vorgenommen und Rentenkürzungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der Mindereinzahlung müssen hingenommen werden.

Dieses „Wegnahme-System“ soll nun nach dem Willen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Ministerin Andrea Nahles und nach Willen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV) weiter ausgebaut werden. Kein Wunder, dass Einige das BMAS schon umgetauft haben in „Bundesministerium für Altersarmut und Sozialabbau“.

Ein tolles System, dass sich BMAS und GDV da gerade für sich zurechtzimmern – nur eben nicht für die Betroffenen. Die merken es - genau wie viele fehlgeleitete Vermittler - aufgrund fehlender Aufklärung und Verschleierung erst dann, wenn die staatliche Verrechnungswelle über die eigentlich erhoffte Zusatzrente inklusive der geleisteten Eigenbeiträge her fällt.

Zahlen werden nicht mehr veröffentlicht

Ein Beispiel zur Verschleierungstaktik: Das statistische Bundesamt (DESTATIS) veröffentlichte bis 2010 detaillierte Zahlen zur Gesamtförderung der Riester-Rente. Unter anderem fanden sich in der jährlichen Veröffentlichung Angaben zum Familienstand, Alter und Einkommen der Riester-Sparer und -Sparerinnen sowie deren relative Förderung. Mit der Ausgabe 2010 wurde die Veröffentlichung berichtsweise eingestellt.

Warum wohl? Weil man dieser Publikation (teilweise unter Bemühung eines einfachen Taschenrechners) erschreckende Zahlen entnehmen konnte. So liest man in der letzten Publikation aus 2010, dass in 2010 rund 1,28 Milliarden Euro in Form von Grundzulagen gezahlt wurden. Gleichzeitig erfährt man aus der Publikation, dass rund 11,1 Mio. Riester-Sparer eine Förderung erhielten. Aktuell sind es übrigens nur noch 10,9 Mio. Riester-Sparer insgesamt, ganz gleich ob mit oder ohne Förderung. Wer nun also seinen Taschenrechner bemühen möchte, der rechnet 1,28 Milliarden durch 11,1 Mio. und das sich ergebende Ergebnis durch 12. Auf diese Weise erhält man eine durchschnittliche monatliche Förderung von rund 9 Euro, was einen Rückschluss auf die erbärmliche durchschnittliche Beitragshöhe der Riester-Verträge zulässt.

Dieses Wissen ist so natürlich nicht wirklich gewünscht, denn daraus lässt sich wiederum der Rückschluss ziehen, dass bei genau diesen kleinpreisigen Riester-Verträgen die Kostenstruktur überdurchschnittlich hoch ist – auch zu Lasten der Netto-Rendite auf selbst eingezahlte Beiträge. Gewinner sind also die Lebensversicherer durch Kosteneinnahmen und der Staat durch Verrechnung. Der fleißige und hoffende Normalverdiener selbst ist so oder so sein Geld los.

Weitere interessante Zahlen, die man seit 2010 bei DESTATIS nicht mehr sieht

Im letzten Riester-Bericht aus 2010 kann man noch weitere erschreckende Zahlen erkennen. So verdienen laut dem dort vorliegenden Zahlenmaterial 25,1% aller Riester-Sparer jährlich höchstens 25.000 Euro Brutto, was bedeutet, dass mindestens jeder 4. Riester-Sparer wohl mit Verrechnung seiner Riester-Rente mit der Grundsicherung rechnen darf (inkl. seiner selbst gesparten Beiträge).

Diese Personengruppe hat allein in 2010 rund 747 Mio. Euro an Eigenbeiträgen ohne Förderung in seine Riester-Verträge eingebracht. Geld, welches letztlich der Staat durch die Verrechnung mit der Grundsicherung indirekt vereinnahmen wird. Bei einer angenommenen Durchschnittslaufzeit von 25 Jahren und gleichbleibenden jährlichen Eigenbeiträgen also satte 18,7 Milliarden – natürlich abzüglich der Kosten für die Lebensversicherer. Und die Förderung ist natürlich auch wieder weg.

Nur wer wird dann in diesen Fällen eigentlich wirklich gefördert, wenn der Staat sich sein Geld insgesamt zurück holt und die Eigenbeiträge der betroffenen Riester-Sparer dazu? Richtig, es sind die Lebensversicherer, denn die ziehen ihre Kosten so oder so ab – egal ob später mit der Grundsicherung verrechnet wird oder nicht. Und natürlich auch die staatlichen Sozialkassen, die ja im Verrechnungsfalle der Grundsicherung selbst eine Förderung erhalten – den Eigenbeitrag der betroffenen Riester-Sparer.

Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus!

Sozial gerecht wäre es, wenn alle Bürgerinnen und Bürger in die gesetzlichen Systeme einzahlen müssen. Mithin darf es keine Befreiungsmöglichkeit aus der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung geben. Dies gilt für Selbständige und höher verdienende Arbeitnehmer ebenso wie für Beamte und Politiker. Gerade als Mitglied der angeblich so Arbeitnehmer nahen SPD sollte Ministerin Andrea Nahles das eigentlich sehr genau wissen. Nur ein solches System würde genügend Geld in die Rentenkassen bringen, um eine ausreichende Mindestrente für jeden Bürger sicher zu stellen. Sinnfreie, intransparente und missverständliche Produkte wie Riester, Rürup, bAV & Co könnten abgeschafft werden und jeder Bürger spart völlig frei von Produktzwängen und ohne drohende Verrechnung!

Um Verrechnung von Sparbeiträgen mit der Grundsicherung, Wegnahme von Eigenmitteln, Abzüge durch Krankenversicherungsbeiträge und Steuern sowie Rentenkürzungen müssen sich freilich weder Ministerin Nahles noch die Vorstände des GDV oder der Lebensversicherer Sorgen machen. Aus meiner Sicht sollte dies aber so sein, denn nur so wäre die entsprechende Motivation gegeben tatsächlich sinnvolle Lösungen zu finden …

… meint herzlichst Ihr

Freddy Morgengrauen

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