Jeder zweite Versicherungsvermittler ist älter als 50 Jahre, viele werden sich in den kommenden Jahren zur Ruhe setzen. Nur wenige junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung in der Branche. Was sind die Gründe dafür – und was kann gegen den Nachwuchsmangel getan werden? Zu diesen Fragen äußerte sich Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), in einem Interview mit Cash Online.

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Auch fehlende Wertschätzung von Seiten der Unternehmen?

Als Hauptursachen für den Nachwuchs-Notstand nennt Heinz die demografische Entwicklung und das aus seiner Sicht zu Unrecht bestehende schlechte Image des Berufsstandes. Aber auch das „wenig partnerschaftliche Verhalten der Unternehmen“ und „der Tätigkeit nicht angemessene Vergütungen“ seien Ursache dafür, dass der Vermittlerbranche schon so manches graue Haar wächst. Bereits in einem früheren Interview mit dem Handelsblatt hatte Heinz geklagt, der hohe Verkaufsdruck der Versicherungen auf Vermittler, etwa im Rahmen der Geschäftspläne, schrecke Nachwuchskräfte ab.

Heinz betont, dass der BVK schon ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt habe, um die Bedeutung des Vermittlers in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber Politik und Unternehmen bewusst zu machen. Im Interview bezeichnet er die Vermittlertätigkeit als „gesellschafts- und sozialpolitisch wichtigen und persönlich befriedigenden Beruf“. Junge Menschen müssten wieder dazu gebracht werden, diesen mit Überzeugung ausüben zu wollen.

Als Beispiele für Maßnahmen nannte der Verbandschef das Projekt „Ehrbarer Kaufmann“, das Vermittlern eine „zukünftsweisende Identifikationsplattform für ihre Berufsausübung“ verschaffe. Damit habe man ein neues Berufsbild für Versicherungsvermittler etabliert, das die Prinzipien „kaufmännische Unabhängigkeit als Unternehmer, Fairness, Qualifizierung und Ehrbahrkeit“ betone. Die Gründung des Vereins Ehrbare Versicherungskaufleute e.V. (VEVK) diene der Fortführung dieses Prozesses. Auch die Brancheninitiative „Gut beraten“ und Compliance-Regeln könnten zu einem Imagewandel beitragen.

Das Problem: Verstöße gegen derartige Selbstverpflichtungen sind vor Gericht wertlos und können nicht juristisch geahndet werden. Allenfalls lassen sich vereinsrechtliche Konsequenzen daraus ableiten.

Vertrieb hat wichtige Aufgabe

Als wichtige Aufgabe des Vermittlerstandes betrachtet Heinz den Beitrag zur „Absicherung des Alters und der Lebensrisiken“ der Bundesbürger. Und auch an die Versicherungen hat er eine Forderung – diese müssten „die Bedeutung der Vermittler als Geschäftspartner erkennen und angemessen honorieren.“ Schon in einem Interview von 2013 hatte es der Versicherungsfachmann als „fatalen Denkfehler“ bezeichnet, am Vertrieb sparen zu wollen. „Vertrieb kostet kein Geld, Vertrieb bringt Geld!“, lautete damals sein Statement.

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Dass die Branche nach wie vor unter einem schlechten Image leidet, belegt eine Studie des Deutschen Beamtenbundes. Demnach sprechen lediglich 12 Prozent der Bundesbürger Versicherungsvermittlern ein hohes Ansehen zu – nur der Leumund von Politikern ist noch schlechter. Aktuell sind nur rund 3 Prozent der Vermittler jünger als 30 Jahre.

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